Re: (Philosophie) Zukunft der Tonstudiotechnik


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Beitrag von ullli vom Januar 06. 2002 um 23:45:27:

Als Antwort zu: (Philosophie) Zukunft der Tonstudiotechnik geschrieben von Der Felix am Januar 04. 2002 um 11:02:58:

Lieber Felix - eigentlich muss ich dem Aussensaiter im Moment entsagen, aber da ich ohnehin selten was sinnvolles tippe, und Zusagen an Dich speziell eh nie einhalte, habe ich nach dem Lesen zwischen Dir und Matthias so ein Kribbeln inne Fingern, das wirds also fuer diese Woche evtl - here goes:

Trend? Trend sind die Dinger, die sich im nachhinein gerne als etwas anderes herausstellen. Was ich Dir erzaehlen kann, ist, was zur Zeit so rumrennt:

Es ist wohl offensichtlich, dass jeder, der heute noch Band-basiertes Aufnahmegeroedel anschafft, entweder Nostalgiker ist, oder leicht zu beschwatzen. Zu einem derartig guenstigen Preis, wie ihn die Computerindustrie anbietet, laesst sich kaum noch vernuenftig herstellen im mechanischen Bereich, und netterweise hat das in diesem Fall irgendwie dazu gefuehrt, dass es mittlerweile akzeptables Festplattengeraffel gibt.

Trend? Natuerlich geht auch im Studiobereich die Flagge immer hoch, wenn es um Zahlen geht, daher lacht man Dich unter 20bit und 96kHz aus, 24bit sind cool, und wenn Du Dich mit einer etablierten Firma anfreunden kannst, ist das Zeug vielleicht auch noch expandierbar, wenn obige In-Marken wieder Altglas sind. Nur keine Missverstaendnisse, in einem Sub-Pro Studio wird man die vier Bit extra evtl. genauso wenig ausmachen wie ein sattes 2"-Band von der grossen Studer. Aber es glaenzt auf ewig das Etikett, ni'wahr?!

Zur Zeit scheint das ADAT-Format (8-Kanal optical) als ww-meistgeliebtes Interface zu gelten. Guenstig, expandierbar und ubiquitaer sollte es auch an dem Geraet Deiner Wahl nicht fehlen, denn Studios zu "hoppen" ist in, und was man irgendwo raus- und woanders wieder reinkriegt, ist da sinnvoll. Was man als Studio-Besitzer eigentlich nicht will - sind die Kunden in der Falle, soll ihnen das rausgehen so schwer wie moeglich gemacht werden, sagt mein Prof! Aber, dazu spaeter, das ist auch die Frage, auf wen das Studio zielt!
Interfaces an anderen Stellen sollten von grossen Jungs wie der IEE oder AES gesegnet sein, dann a) funktioniert es wirklich, b)bleibt es ein wenig bei uns und c) wird wahrscheinlich sogar noch verbessert ¦¬]

Grossflaechenmembran Mikros haben sich gerade von Ihrem angeblichen Totenbett erhoben, und wer sich kein Freud'sches Bruel&Kjaer leisten kann, freut sich - aber da hat die Mode auch schon haeufig die Seiten gewechselt.

Zum Glueck hat die Voll-Digitale Produktion auch dem Unwesen Einhalt geboten, alles halbe Jahr das komplette Studio umkrempeln zu muessen, weil auf der NAMM neue 19"-Effekte verkauft wurden, ohne die man keinen Produzenten in's Studio locken konnte. Es gibt das so ein bisschen natuerlich immer noch, und wer geile Plug-Ins oder die nostalgischen Roehrenkompressoren hat, kriegt Brownie-Punkte. Aber ich kriege mit, dass zunehmend die Qualitaet der Technik-Betreibenden wieder leicht in den Vordergrund geraet, gegenueber reinem Materialdenken bei den Entscheidern.

Mixen ist rein eine Frage des Geldes, und ist in Semi-Kreisen auch nur digital zu machen, ohne sich totzuzahlen.

Aber ob jetzt eine integrierte Loesung wie ProTools oder ein Modular-Ansatz wie von Mackie eher davongallopiert? Mal ehrlich, Hengst, nicht nur kann man das nicht vorhersagen, auch ist viel wahrscheinlicher, dass es beides und noch mehr geben wird, nebeneinander her, man denke an den Computermarkt...

Soweit mein Blick durch das Glas-Ei - Heute Hopp, Morgen Flop, und man steht immer in der falschen Schlange, wie kommst Du nur auf die Idee, das sei hier anders? ¦¬]

Denn mal zu Deinen persoenlichen Geschmaeckern, die ja auch cniht unwesentlich sind...

Ich kenne jetzt das ProTools-Pult, das Mackie D8B und die alten Yamaha-Decks ausreichend, um ein wenig dazuzu sagen: Live wuerde ich immer noch keines Nutzen moegen, der Griff zum EQ ist der Griff zum EQ. Selbst im Studio geht es mir noch so, und wenn es denn erst an die AUX geht - aua. Der Weg der Produktion hat sich aber eben auch von der Live-Band-Aufnahme zum pusseln verlagert, und da kommen die alle zum glaenzen, mehr oder weniger. Das Mackie ist da noch am ehesten als "herkoemmliches" Pult zu betrachten, die vier Faderbaenke a 24Kanaele sind schon ausreichend fuer die meisten Anwendungen. Das die Mathematiker, die nach 40bit schreien mit 127 Faderstufen gluecklich werden, macht mich etwas baff, aber bitte sehr, die Fader sind relativ gut zu fassen - kein Vergleich zu den 15cm-Schiebern auf unserem alten Trident, aber ueber Bezahlbarkeit habe ich ja schon was angemerkt. Ueberhaupt ist das "mal eben zum x greifen" nur der halbe Jammer - das Gefuehl, an einer kalten Ente zu drehen, haben sie alle durch die Bank!

Das ProTools ist sehr frei konfigurierbar, wenn man also sein persoenliches Arbeiten gefunden hat, kann man sich ein paar Griffe sparen. Es ist ausserdem klein genug, um auch in enge Verhaeltnisse zu passen. Die alten Yamahas sind mittlerweile billig und auch nicht von schlechten Eltern, allerdings nicht gerade Zukunftsfest, tiefere Menu-Buddeleien habe ich allerdings verdraengt, damals fand ich sie, glaube ich, ertraeglich, heute sind meine Ansprueche gestiegen. Wer eines mit extra I/O-Boards von Uli Schierbeckecker, Hamburg, erwischt, hat wenigstens keinen Mangel an Klasse Wandlern!!

Es fuehrt meiner Meinung anch keine Weg an einer Volldigitalen Aktion vorbei, Habe ich schon gesagt - schuld ist das Aufnahme-Medium. Wer seinen Originalsound gluecklich auf Platte hat, der sollte nur das feinste Wandlerzeugs, die reinsten OpAmps und das wirklich gute Outboard Gear drauf matschen oder? Und wer kann sich das leisten? Wer 24Spuren mischen will, muss gleichzeitig 24AD und 24DA Wandler crunchen haben, und das ist noch nicht die teuerste Investition. Servicekosten fuer Analog-Kram, Zeit fuer Brummschleifenjagd und kalte Loetstellen, Patchbays, auch nur ein paar Zig-Tausend Mark, immer noch nicht das dicke Ding. Das dicke Ding waere dann schon ein verdammt gutes Pult und eben der Rackspace voll mit Effekten. Koennte ich es mir kaufen, waere ich evtl. dumm genug und taete es.

Aber so ein Mackie hat einen Kompressor fuer jeden der 96Inputs, und ein Gate, und einen vernuenftigen EQ etc...

Waveform angucken und editieren tut mittlerweile jedes anstaendige HD-System. Sorry, ich hab jetzt den original Faden verloren und picke die Kruemel auf, grins...

Also, es kann Dir immer vorkommen, dass Du in 5Jahren neu ausbaust, weil der Kram ebr billiger wird, ist das evtl. gar nicht so schlimm - nur musst Du neuen Kram lernen, da ist normalerweiese der Haken - wer genug Arbeit hat, bleibt also bei seinem Krims... Aber wenn Du mal einen Listenpreis eines Neve-Desks mit dem vergleichst, was ein "Pro" Pult heute kostet, ist das Auswechseln auch nicht mehr so uebel.

Es gibt ja uebrigens auch Digi-Pulte mit mehr Knoepfen - SolidStateLogic z.B., aber das ist wirklich Oberschicht, da muss man auch den Lehrgang fuer Buchen :0)

Hoffe, ein paar Worte mit Aussagekraft untergebracht zu haben!

gut Ton!
ullli


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