Verkopfter Jazzer versucht Antwort


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Beitrag von Kurt Schrettenbrunner vom September 28. 2001 um 21:16:57:

Als Antwort zu: (Sonstiges) Gezz hab ich ma 'ne Frage zu den Modes :-)) geschrieben von Oly am September 26. 2001 um 11:19:24:

Hallo Oly,

zu Deiner schlafraubenden Frage:

: Was issen das dann, wenn ich z.B. über oben genanntes Akkordschema ||: Dm | G | C | C :|| einfach mit dem Ton F beginne? Sagen wir mal ich spiel dann in Viertel über die ersten beiden Takte die Töne |F A F D | H H G G| - isses dann F-Lydisch? Oder immer noch dorisch, weil es ja den Zusammenhang mit dem 2. Stufenakkord steht? oder isses was ganz anderes?

lautet meine kongeniale Antwort: sowohl als auch!!

Ich kann mich Woody nur anschließen. Die Akkordfolge | Dm | G | C | ist eine typische II-V-I Kadenz, mit den üblichen 4-stimmigen Akkorden im Jazz | Dm7 | G7 | Cmaj7 | wäre das noch klarer.
Wenn Du die Modes oder Kirchentonarten als nur als SKALA betrachtest, also als Tonmaterial, dann wären die "erlaubten" Töne über diese Akkordfolge die der ionischen C-Dur-Tonleiter und das sind dieselben Töne wie
D-dorisch, F-lydisch, A-äolisch, G-mixolyidisch usw. D.h. Du spielst mit deinen vorgeschlagenen Tönen sowohl D-dorisch als auch F-lydisch.

Wenn Du Deine (f a d h g) Töne aber schulbuchmäßig harmonisch analysierst, dann beziehst Du Dich in jedem Takt sauber auf den zugrundeliegenden Akkord und spielst im ersten Takt D-dorisch, im zweiten G-mixo und im dritten C-ionisch (wenn Dein Solo nicht zu Ende ist ;-). Das glaube ich, war im Kern die Antwort auf Deine Frage.

Alle D-Dorisch leitereigenen Töne sind zwar in jedem Takt dieser Kadenz erlaubt, nicht jeder Ton klingt aber nicht unbedingt zu jedem Akkord gut.
Das was Du vorgeschlagen hast, ist schon besser, weil es nicht nur leitereigene, sondern sogar in jedem Takt akkordeigene Töne sind, sog. Arpeggios. Arpeggio-Töne passen immer, sind aber auch mengenmäßig weniger (im Rock 3, bei Powerchords nur 2, im Jazz 4 und mehr Töne pro Akkord) und das kann schnell öde werden. Mischung ist angesagt! Außerdem mußt Du bei einem Solo mit reinen Arpeggio-Tönen zu jedem Akkordwechsel auch das Tonmaterial wechseln, das kann stressig werden.

Wenn Du die Kirchentonarten als MODES bezeichnest, dann meint man eigentlich eher die Klangfarbe, die durch die charakteristischen Töne der Tonart bestimmt werden: Bei Dorisch ist das z.B. die große Sexte (D-dorisch: h), wodurch sie sich vom zweiten wichtigen Moll-Mode Äolisch (kleine Sexte, D-äolisch: b) unterscheidet. Das ist übrigens der einzige Unterschied zwischen Dorisch und Äolisch!
Beisewäi: von Mode zu Mode wechseln läßt sich durch Änderung jeweils nur eines einzigen Tons des Modes um einen Halbton. Reihenfolge: "lydisch-ionisch-mixolydisch-dorisch-äolisch-phrygisch-lokrisch". Es gibt also immer "Nachbar"-Modes, die fast dieselben Töne haben (aber trotzdem einen ganz anderen Chrarakter haben!).

Wenn Du nun über Dm die Töne f a f d spielst, also auf den Grundton d bezogen die 3, die 5, die 3 und die 1, spielst Du innerhalb der Skalen:
- D-Dorisch (d e f g a h c)
- D-Äolisch (d e f g a b c)
- D-phrygisch (d es f g a b c)
- Dm-Arpeggio (d f a)
nicht aber D-lokrisch (d es f g as b c), du spielst eine 5 (a) und keine b5 (as).

Wenn Du den MODE (im Sinne von Charakter/Klangfarbe) D-Dorisch im ersten Takt spielen möchtest, dann wäre die große Sexte (h) angesagt, diesen Ton spielst Du aber erst im zweiten Takt (über G, als Dur-Terz) an.
Aufgrund der Tatsache, daß das h überhaupt kommt, würde ich Dein Solo insgesamt schon als D-Dorisch bzw. C-ionisch bezeichnen.

Du könntest im ersten Takt (Dm) genausogut D-äolisch spielen (ein b bringen) und im zweiten Takt auf G-mixo (h) wechseln (kann spannend klingen, probiers!).

Verwirrt? Macht nix, ich blick auch erst jetzt nach Jahren so halbwegs die Theorie, aber umsetzen auf der Zupfe, beim Live-Solo auf der Bühne oder auch nur im Probenraum, ist (bei mir) eine ganz andere Sache, seufz.

Am besten: 1) alle Theorie lernen 2) auf dem Instrument alles üben bis Du's aus dem FF kannst und dann 3) alles wieder vergessen zwecks die Kreativität.
Die meisten Leute überspringen Step 1 und 2 - und es geht auch.

Keep groovin'
Kurt




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