Re: (Gitarre) Sliden....aber wie?
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Beitrag von bO²gie vom September 21. 2001 um 14:18:13:
Als Antwort zu: Re: (Gitarre) Sliden....aber wie? geschrieben von ullli am September 21. 2001 um 12:51:10:
: Der Linkfuchs im Urlaub empfiehlt: : : bOOgies Slidewelt!
Aloha ullli - superlink ...ähhh supernett das, mit dem Linktipp, nur gibt meine Site ja auch (noch?) nicht soviel zum Thema Slide her.
Dafür ist mir ein alter Artikel in die Hände gefallen, den ich mal im GuitarDome untergebracht hatte. Vielleicht hilfts ja weiter:
Altglas Recycling oder Erste Schritte in die wunderbare Welt der Gleitkraft...
1) Der Bottleneck:
Eine alte Blueslegende besagt, daß der Bottleneck ursprünglich aus Gründen der Selbstverteidigung in düsteren Blueskneipen genutzt wurde. Flaschenhals abgeschlagen, drohend auf den Finger gesteckt und in Ruhe das Set zuendegespielt ...
Aber nicht nur Flaschenhälse wurden und werden zum sliden benutzt. Bekannt ist auch die Varriante der Metalslides, als da wären Messing und verchromte Bottlenecks. Ebenso werden Porzelan-, Plexiglas- und sogar Holzslides benutzt. Dazu kommen noch kleine Pillenfläschchen, Knochen und Taschenmesser (wo wir wieder bei der Selbstverteidigung sind ;-)) All die unterschiedlichen Materialien haben natürlich unterschiedliche Klangcharakteristiken. Und wie sonst auch in anderen technischen Bereichen der Gitarre herrschen fast religiös-ereifernde Kämpfe um das "wahre" Material aus dem ein Bottleneck sein darf/muß.
Dem Einsteiger sei folgende Grundausstattung empfohlen:
1 Glasslide, mittlere Wandstärke.
1 Chromslide, dünne Wandstärke
1 Messingslide, dicke Wandstärke
Eine große Auswahl an Bottlenecks bietet Jim Dunlop. Einsteiger sollten drauf achten, daß die ersten Bottlenecks ca. Griffbrettbreite als Gesamtlänge haben. Es gibt auch kürzere Slides, jedoch spielt es sich mit denen im Regelfall komplizierter (da fast ausschießlich für Singlenote Spiel geeignet).
2) Auf welchen Finger?
So wie es beim Material des Bottlenecks kein wirklich "falsches" oder "richtiges" Material gibt, so gibt es auch keinen "richtigen" Finger, auf denen man den Bottleneck steckt. Probieren geht über studieren. Die meisten Slider haben den Bottleneck entweder auf dem Ringfinger oder dem kleinen Finger (es gab aber auch einen Gitarristen die einen sechsten Finger zur Verfügung hatte).
3) Durchmesser des Bottlenecks:
Viele Einsteiger machen sich das Leben unnötig schwer, indem sie ihren ersten Bottleneck entweder zu groß oder zu klein wählen. Ist der Durchmesser zu klein, hat der Finger keine Chance die natürliche "Griffkrümmung" der Hand nachzuvollziehen. Das Handgelenk muß extrem angewinkelt werden um den Bottleneck paralel zu den Saiten zu plazieren. Ist der Durchmesser widerum zu groß, fliegt das Teil einem bei der geringsten Bewegung vom Finger. Ein einfacher Check, was der persönliche Idealdurchmesser ist, kann folgendermaßen aussehen: Gitarre in normaler Spielhaltung, Bottleneck auf den Finger ziehen, mit den verbleibenden Fingern einen Akkord greifen. Der kleine (oder Ringfinger ... je nach persönlichem Gusto) Finger sollte sich nun im Bottleneck noch leicht krümmen können. Durch diese Krümmung steckt der Bottleneck nun stabil auf dem Finger, außerdem kommt's so nicht zu Verspannungen und Krämpfen in der Hand.
4) Gitarre? Saiten?
Generell läßt sich auf allem sliden, was Saiten hat und annähernd wie eine Gitarre ausschaut (selbst slidende Bassisten sind schon gesichtet worden). Gitarren mit Nylonsaiten eignen sich allerdings weniger. Eine einfach Faustregel sagt: Proportional zum Saitendurchmesser erhöht sich der Slidespaß. Wer auf seiner E-Gitarre normalerweise 009'er Sätze spielt, sollte die ersten Gehversuche mit dem Slide mit einem 010'er Satz Saiten probieren. Besser ist sogar ein 011'er Satz. Wer eh 010'er Sätze spielt, kann sich auch gleich an 012'er oder 013'er probieren. Einige japanische Rennreisbretter mit Freud-Los Tremolo haben so dünne Hälse, das sich das wechseln von 009'er zu 011'er Sätzen fatal auswirkt. Ein Standard Strat- oder Les Paul Hals (oder ähnliche) macht das aber problemlos mit. Eventuell muß der Halsstab etwas nachgezogen werden, da sich die Saitenspannung bei dickeren Saiten erhöht.
Akustik Gitarristen spielen ja meist von Haus aus dickere Saitensätze. Als Minimum sei ein 013'er Medium Satz empfohlen.
Zum Experimentieren eignen sich besonders gut Billigklampfen. Viele haben sicher noch ihre erste Einsteigergitarre rumstehen, mit der sich allerlei "Unfug" anstellen läßt. Wer ausserdem seine Rennaxt nicht zum sliden mißbrauchen möchte (oder kann, weil die Saitenlage unter den Bünden verläuft), kann sich seine Billiggeige mit wenigen Handgriffen zur Slidegitarre umbauen: Dicke Drähte drauf, Saitenlage etwas höher legen (man muß zwar keine Kuhherde unter den Saiten durchjagen können, aber helfen tut's schon ;-)) und schon kann's losgehen ...
5) Open Tuning oder Standardstimmung?
Es muß nicht zwangsläufig immer Open Tunig sein, wenn man sliden möchte. Ich persönlich finde jedoch, das es den Spaßfaktor beim sliden erheblich erhöht. Für gelegentliche Singlenote Ausflüge mit dem Slide reicht natürlich das Standardtuning.
Open Tunings sind im Regelfall Stimmungen, die auf den Leersaiten einen Akkord beinhalten.
Zum Bespiel:
Standard Tuning (von hoch zu tief): e h g D A E
Open E Tuning: e h #g E H E
Alle Leersaiten des Open E zusammen angeschlagen ergeben einen E Akkord. Außerdem können wir Slidegitarristen so endlich mit jedem Bassisten mithalten. Schließlich haben wir jetzt nur noch 3 unterschiedlich gestimmte Saiten zu "verwalten" (auch wenn so manch Bassist jetzt grinst ... es sind zwar nur 3 unterschiedliche Töne (e h #g), aber das #g qualifiziert uns schon fast zu Jazzern :-))
Wer sich mit dem Thema Open Tuning näher beschäftigen möchte, der schaue einfach mal auf die Webseiten von Kay-Uwe Graw (http://www.egd.igd.fhg.de/~kugraw). Hier findet man viele Tabulaturen und Hilfreiches zum Thema Opentuning. Weitere Links findet ihr auch auf meiner Slidetone's Slidezone Linkseite (http://www.slidetone.de/slidezone).
6) First Steps/Slides
Passenden Bottleneck gefunden und die Gitarre neu bedrahtet? Dann kann's ja losgehen.
Das Open E Tuning habe ich ja weiter oben schon mal erwähnt. Es eignet sich ideal für "denkfaule" Gitarristen (und zu denen gehör' ich nun mal). Neben dem Open G und dem Open D Tuning ist Open E sicher eins der populärsten Open Tunings.
Das Umstimmen ist denkbar einfach: Die tiefe E Saite, als auch die hohe h und e Saite bleiben wie sie sind. Als erstes stimmt man die D Saite um einen Ton höher, auf's E. Tiefe E Saite anschlagen, D-Saite anschlagen und dann die D-Saite vorsichtig hochstimmen. Dann Flageolett 5. Bund A Saite zu Flageolett 7. Bund ex D-Saite (jetzt E). Die A-Saite wird so zu H hochgestimmt. Jetzt noch die g-Saite einen halben Ton höher (ex D-jetzt E Saite im 4. Bund greifen und die g-Saite danach stimmen). Fertig ;-))
Wer, wie ich, ein Freund des "Spielen nach Kästchen"-Prinzips ist, wird sich ohne größere Probleme mit dem Open E anfreunden. Alle Saiten leer angeschlagen gleich E Akkord, ein Finger quer über den 5. Bund ("5. Kästchen") ein A Akkord und 7. Kästchen ein H Akkord ... fertig ist der "Kästchen-Blues". Nimmt man jetzt noch einen Finger zur Hilfe um abwechselnd die tiefe H (ex A) Saite mal leer, mal im 2 Bund abzugreifen (bzw im 5. Kästchen 1 Finger Akkord das 7 Kästchen auf der H Saite... usw....) hat man schon einen "Kästchen Boogie". Und wenn man jetzt "willenlos" zwischendurch mal den Bottleneck auf's 5., 7. oder 12 Kästchen setzt, klingt's schon voll nach Baumwollfeld ;-))
Zwei Dinge seien vielleicht noch zu beachten: Sliden heißt gleiten... der Bottleneck wird nicht fest auf die Saite gepresst, sondern nur leicht aufgelegt. Im Gegensatz zum normalen Greifen (wo man mit dem Finger knapp vor dem gewünschten Bund runterdrückt) befindet sich der gesuchte Ton direkt über dem Bund. Der Bund wird quasi durch den Bottleneck ersetzt.
Anfangs rappelts und dengelt es oft gewaltig, wenn man mit dem Bottleneck übers Griffbrett schrubbt. Meist liegt's daran, das der Bottleneck zu fest auf's Griffbrett gedrückt wird, oder zu sanft ... dann rasseln die Saiten unter'm Bottleneck rum. Oft hilft es schon, wenn man hinter dem Bottleneck mit der Greifhand leicht die Saiten dämpft (zB. Zeigefinger immer auf den Saiten sanft auflegen, wenn man slidet..). Manchmal ist das Rasseln und Dengeln aber auch ganz charmant. Einfach Try'n'Error Prinzip anwenden und schauen was einem am besten liegt.
7) CD Tips:
Wer glaubt, das Bottlnecker nur das Bluesfeld beackern, dem sei zB. Chris Whitley mal zum reinhören empfohlen: "Living with the Law" (mit Band) oder seine Solo Scheibe "Dirt Floor". Sicher wird auch auf seiner kommenden Solo Live Scheibe ("At Marty's" VÖ Februar 2000) viel leckeres Geslide zu hören sein. Mehr Infos bei www.ulftone.de Wer auf einer Blues-CD unterschiedlichste Slider hören möchte, dem sei "Come on in this house" von Junior Wells empfohlen. Für seine letzten Aufnahmen versammelte Junior Wells Corey Harris, Alvin "Youngblood" Hart, Sonny Landreth, Bob Margolin, John Mooney und den damals erst 16jährigen Derek Trucks um sich. Die CD ist 1996 bei TELARC erschien. Wer es rauh, akustisch und im Stil des großartigen Son House mag, dem sei ganz besonders die John Mooney Live CD "Dealin with the Devil" ans Herz gelegt. Dieses von Radio Bremen mitgeschnittene Konzert ist ein absoluter Slidehammer.
Dat war's für's erste ...
slide on ... bO²gie
PS: Man kann tatsächlich nie genug Teles haben. Es sei denn man hat schon zwei oder drei.
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