Re: Saitenspannung und Druck (war: (Gitarre) neue gitarre...aber welche?)
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Beitrag von winni vom Juni 21. 2001 um 12:47:19:
Als Antwort zu: Re: Saitenspannung und Druck (war: (Gitarre) neue gitarre...aber welche?) geschrieben von Christoph am Juni 21. 2001 um 10:02:29:
: Hallo Friedlieb und Guido : : Vielleicht wird die Energie hier wesentlich schneller in (Reibungs)Wärme umgewandelt, da die einzelnen Wicklungen aneinander reiben. : Ich bin zwar nicht Physiker, aber hierzu ein kleiner Gedanke: wenn eine Saite aus massivem Metall schwingt, biegt sie sich ja durch, wodurch im Material selber gewisse Reibungswärme entsteht, nicht? Nehmen wir nun eine Saite gleicher Stärke welche aber umwickelt ist (d.h. der massive Kern ist dünner), könnte ich mir vorstellen, dass bei gleicher Schwingungs- Auslenkung die Reibungswärme geringer ist, da die Windungen im Vergleich zu massivem Material relativ locker aneinander reiben können. Was halten die Physiker davon? :-))
tja, ich sollte mich eigentlich lieber auf die Vorbereitungen für meine Promotionsprüfung konzentrieren, als hier im Forum zu schreiben, aber dennoch: Die Energie, die in der Seite steckt, hängt von der Schwingungsamplitude, der Saitenmasse und der Saitenspannung , sowie der Saitenlänge ab. Damit direkt verknüpft damit ist die Schwingungsfrequenz. Ich werde jetzt mal versuchen ein paar wesentliche Zusammenhänge verständlich zu erklären. Um zu versuchen das zu berechnen fehlt mir im Moment schlicht die Zeit.
Einfach nachzuvollziehen (imho) ist immer die Überlegung, was ändert sich am System, wenn ich einen Parameter ändere und alle anderen gleichlasse. Zur Vereinfachung lassen wir erstmal eine ganze Menge Randbedingungen weg (Obertöne, Dämpfung, Seitensteifigkeit, Schwingungsfähigkeit von Hals und Korpus... dies ist ein SEHR physikalisches vorgehen!) Fangen wir also mit dem ersten Parameter an, der Auslenkung (Schwingungsamplitude): Wenn eine Saite schwingt, wandelt sie ständig potenzielle Energie in Bewegungsenergie um. Bei maximaler Auslenkung ist alle Energie als Bewegungsenergie und bei gerader, durch den "Nullpunkt" schwingender Saite ist alle Energie als Bewegungsenergie enthalten. Wenn ich jetzt die Amplitude erhöhe, kann ich am einfachsten die Punkte vergleichen, wo alle Energie als potenzielle Energie (ach so, das ist eine "statisch gespeicherte Energie", wenn man zum Beispiel einen Stein hochhebt, wird die Arbeit, die es kostet ihn hochzuheben darin als potenzielle Energie gespeichert) enthalten ist. Bei zunehmender Auslenkung muß ich nämlich gegen den zug der Saite Arbeit verrichten, die dann als Energie darin enthalten ist.
Da dieser Parameter aber im diskutierten Fall gleich bleibt, nützt uns diese Erkenntnis erstmal noch gar nichts :-)
Dann mal zum nächsten Parameter, dem Saitengewicht: Hier schauen wir uns mal an, was passiert, wenn wir ihn verändern. Dazu betrachten wir die Saite am besten erstmal im Punkt maximaler Bewegungsenergie: Die Bewegungsenergie wird berechnet, als Masse * Geschwindigkeit². Da sich Auslenkung und Saitenspannung nicht ändern, muß also auch die Energie gkleichbleiben, folglich ändert sich die Geschwindigkeit und damit die Schwingungsfrequenz (unter der ja gegebenen Annahme, daß die Auslenkung gleich bleibt). Aha, hier haben wir schonmal was interessantes: wollen wir bei größerer Saitenmasse (dickerer Saite) diesselbe Frequenz ereichen, müssen wir die Saite stärker spannen, was dann in einer größeren in der Saite gespeicherten Energiemenge resultiert (bei gleicher Dämpfung sollten also dickere Saiten ein längeres Sustain ermöglichen). Andererseits können wir ohne sonstige Parameter zu ändern mit schwereren Saiten tiefere Töne erzeugen.
Die Saitenspannung haben wir ja inzwischen schön mit den anderen Parametern (qualitativ, quantitativ ist wesentlich komplizierter und dann muß man richtig anfangen zu rechnen und über die Saitenlänge und über die Auslenkung integrieren und weitere näherungen einführen und und und... ) verknüpft, wollte ich sagen. Brauchen wir wohl nicht mehr so gründlich abzuhandeln: mehr Saitenspannung bei gleicher Auslenkung -> mehr Energie und höhere Frequenz bei gleichbleibendem Saitengewicht. Kennt jeder vom Stimmen :-)
Bleibt die vertrackte Saitenlänge... Welche Zusammenhänge zu den anderen Parametern kann man denn da sofort erkennen? Nun erstmal, mehr Saitenlänge macht auch mehr Gesamtsaitengewicht und damit mehr kinetische Energie bei derselben Saitengeschwindigkeit im Nulldurchgang. Zusätzlich ändert sich mit der Saitenlänge der Verlauf der ausgelenkten Saite: würde man sie einfach "skalieren", müßte man auch eine größere Auslenkung annehmen, die wollten wir aber gleich lassen. Wegen der geänderten Winkelverhältnisse ist jetzt bei gleicher Saitenspannung und gleicher Auslenkung die in der Saite gespeicherte Energie nicht nur genauso, wie bei der gleichausgelenkten kürzeren Saite, sondern sogar geringer. Mit der Überlegung von gerade folgt, daß auch die Geschwindigkeit im "Nullduchgang" geringer sein muß. Da (wegen der Winkelverhältnisse) die "Rückstellkraft sich verringert hat, die Masse dabei aber zugenommen hat, erniedrigt sich bei längerer Saite auch deutlich die Schwingungsfrequenz.
Was lehrt uns das alles jetzt über die Spannungen, die aus dem Pickup kommen? Erstmal noch gar nichts.
: Ich nehme an, daß die Energie, die der Pickup erzeugt, in erster Linie von der Stärke der Auslenkung der Saite abhängt. : Und von Stärke und Materialbeschaffenheit der Saite, oder nicht? So würde z.B. eine Bronce- Saite nie den gleichen Output am PU erzeugen, wie eine ebenso starke Stahlsaite, nehme ich mal an. : Ja, alles korrekt, aber warum? Die im Pickup induzierte Spannung hängt erstmal nur von der Anzahl der Wicklungen und der zeitlichen Ableitung des in der Spule befindlichen Magnetfeldes ab (will sagen, davon wie stark und wie schnell sich das Magnetfeld in der Spule ändert. Die Änderung des Magnetfeldes hängt nun von der Beschaffenheit der Saite (insbesondere der magnetischen permeabilität, so ne art Leitfähigkeit für Magnetfelder und der Geometie, also form und größe der Saite) der Anordnug der Saite im Mgnetfeld des Pickups (in wirklichkeit positionieren wir natürlkich den Pickup relativ zu den Saiten und nicht umgekehrt) dem Permanentmagnetfeld des Pickups und natürlich der Frequenz der Schwingung.
Der Zusammenhang mit den ersten Parametern ist höllisch kompliziert, was uns aber im Moment gar nicht stört :-). Denn ursprünglich ging es ja darum, daß bei runtergestimmter Gitarre weniger Output da ist. Nun, wenn die Gitarre runtergestimmt ist und der Betrag der Änderung des Magnetfeldes gleich bleibt (gleiche Saitenauslenkung) ändert sich die zeitliche Ableitung des Magnetfeldes in der Spule linear mit der Frequenz. Das heißt, halbe Frequenz -> halbe Spannung. Und damit ist des "Rätsels" Lösung gefunden, ganz ohne die komplizierten Betrachtungen über Saitenlänge, -spannung, dicke etc.
Gruß Winni
: Bei Vergrößerung der Mensur ist der schwingende Teil länger und somit bei gleicher Tonhöhe auch die Auslenkung der Saite stärker. : Ist sie das?
Nein! Wenn ich eine Saite stark anschlage, ist die Tonhöhe nicht (zumindest nicht nennenswert und schon gar nicht aus diesem Grunde) anders, als bei ausklingender Saite, die sich kaum noch bewegt. Ergo stehen Auslenkung und frequenz in keinem direkten Zusammenhang (wenn man die nichtlinearität der Rückstellkraft auf die sich Friedlieb im dem thread zum Thema Stimmgeräte bezog außer acht läßt und ebenso die effekte der schwachen Dämpfung der Saite)
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