Re: (PA) Bühnensound (fast) lauter als PA
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Beitrag von Harvey vom März 13. 2001 um 09:13:05:
Als Antwort zu: Re: (PA) Bühnensound (fast) lauter als PA geschrieben von ullli am März 13. 2001 um 04:39:52:
Nu mal langsam - soooo einfach ist das Ganze auch nicht - Würstchen oder besoffen ...
Erstmal: Ich spiele live kein POD oder so was, sondern Röhrlinge.
Grundsätzlich betrachte ich meine Gitarrenamps als Stage-Monitore für mich selbst - oder als instrumentale Erweiterung der Gitarre, weil ich mit den Speakern beispielsweise genau so "spiele" wie mit den 6 Saiten (Feeedback etc.).
Deshalb spiele ich selbst - auch bei Knaller-Rock im Trio - nicht gern zu laut, weil ich dann meist schon physisch verkrampfe, also mit mehr Kraftaufwand spiele, als eigentlich nötig wäre (ist wohl eine physische Stressreaktion). Aus demselben Grund finde ich es in Studios oft viel angenehmer, im Kontrollraum abzujagen - bei Heim-Stereo-Lautstärkepegel also - kommt viel lockerer.
Deshalb: Am liebsten Stack oder Combo seitlich. Dann höre ich mich auch ohne Monitore auf der gesamten Bühnenbreite - die anderen allerdings auch, das kann hinhauen (auch wg. Mikro-Einstrahlung) oder nicht, da muß man schon mal mit den Winkeln experimentieren.
Wenn die Speaker in Richtung Publikum zielen (mehr oder weniger), wird trotzdem auch in kleinen Clubs "abgemaikt". Da geht es nicht um pure Lautstärke, sondern darum, die Gitarre nötigenfalls im Gesamtraum einigermaßen gleich laut klingen zu lassen, sie wird also je nach Bedarf zum PA-Sound dazugemischt. So ein ins Publikum gerichteter Amp klingt doch je nach Position des Zuhörers völlig unterschiedlich. Gitarrenboxen strahlen sehr "geradeaus" - in einem engen Winkel. Eine 4x12-Box z.B. hört sich aus 20 Metern Entfernung noch tierisch laut an, allerdings nur in einem schmalen Kernbereich, also genau in der Achse der Speaker, wo dann bei größerer Entfernung immer mehr Höhen und weniger Bässe ankommen. Zwei Meter weiter nach rechts - und das Ganze hört sich schon wieder ganz anders an (leiser nämlich).
Die richtige Entfernung des Spielers zu den Speakern incl. Winkel zum Ohr ist mir extrem wichtig. Meist stellen die Leute ihre Combos auf den Boden - oder die 4x12er (trotz Schräge) zu nah - einen Meter oberhalb der Speaker aber bekommt man viel weniger kratzende Höhen mit, folglich wird der Sound so eingestellt, daß er für einen selbst okay ist, während es für diejenigen, die "in Ohrhöhe" vor den Speakern stehen oder sitzen, wahnsinnig schrill klingt (zu laut obendrein).
Also: Combo kippen oder so etwa auf Gürtelhöhe - 4x12er weiter weg stellen und auf ein Podest (Flightcase o.ä.). Die Thomann-Ständer sind allerdings nur was für Micky-Maus-Amps - was machst du mit einem Halfstack plus FX-Case obendrauf ? Und so ein Stack lässt sich auch in kleinen Clubs spielen, wenn man damit umgehen kann. Meist entsteht im Raum eben eine Mischung aus Bühnen- und PA-Sound.
Ich schätze, viele Gitarristen lassen ihre Speaker auch in Richtung Publikum strahlen, weil sie instinktiv dem Mixer misstrauen und wollen, daß der pingelig zusammengebastelte Sound (von true Bypass bis sonst wohin) auch so beim Publikum ankommt - was aber falsch gedacht bzw. eine Illusion ist, s.o. - in der Nähe auf der Bühne klingt das ganz anders als 10 Meter weiter weg) .
Und ich habe tatsächlich wenige Sound-Leute erlebt, die (ohne die Band zu kennen) so fit sind, daß sie einen Gitarrensound annähernd so übers PA geben, wie er aus der Gitarrenbox kommt(auch, wenn der Bühnensound stimmt).
Was die Bühnenlautstärke meiner Erfahrung nach versaut, sind die Monitore - wenn da außer dem Gesang auch noch Keyboards und Gitarre drüber laufen, wird´s schwierig, dann kommt es eben schon mal vor, daß ich die Gitarre lauter aus den Monitoren als aus der G-Box höre, mit einem mumpfigen Sound sowieso - und dann muß ich mich beherrschen, die Finger vom Master-Volume zu lassen. Dann entsteht nämlich die verhasste Situation, daß ich die Gitarre nur noch voll aufgedreht höre, d.h. all die Nuancen dazwischen (Anschlagsdynaik, Übergangs-Sounds zwischen Clean und verzerrt etc.) gehen flöten.
Zum Plexi-Glas: Der Drummer in meinem Rock-Trio spielt gern laut - und hat sich so eine Konstruktion gebastelt (Stangen und Wände aus einem ALDI-Markt, da, wo die Wagen immer stehen), allerdings ist das Ganze ca. 1,80 m hoch, und ich habe das Gefühl wie auf der Isolierstation bzw. "mit Kondom", also nix gut fürs Band-Feeling. Und für ihn selbst müsste das tierisch laut sein, der Reflektionen wegen - müssen wir mal drüber reden. Oben ein Stück abflexen ...
Den besten Sound meines Lebens hatte ich mal auf einer riesigen Festival-Bühne outdoors, auf jeder Position - mit zwei großen Sidefills, über die die gesamte Band lief - und natürlich einem Menschen am Monitor-Mixer. In Clubs ist das schwieriger, klar ..
Cheerio, Harvey
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