(Aussensaiter) Das KulturGUT stellt sich mal aussensaitigst ausführlicher vor....


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Beitrag von rolli vom Juli 26. 2012 um 15:53:16:

Es gab nach meinem etwas werblich geratenen Posting zum Christina Lux Workshop ja etwas Aufregung und - ich glaube Tom war es, der meinte, es wäre schön zu erfahren, was wir da mit dem KulturGUT überhaupt treiben. Also dann.....

Irgendwie hatten meine Frau Elke und ich - wer mich jetzt nicht gleich kennt...mein Username ist rolli und ich bin seit einigen Jahren bei den Aussensaiter, bedingt durch nachfolgendes, etwas weniger häufig -  immer den Traum ein großes altes Haus zu besitzen, so mit großzügigen Nebengebäuden, in denen in schönem Ambiente Musik gemacht werden kann oder auch einfach um einen schönen Wein mit netten Menschen zu geniessen. Und eigentlich sollte dieses Haus irgendwo im Allgäu stehen. Nach vielen Jahren des erfolglosen Suchens konzentrierten wir uns - vorallem aus familiären Gründen - dann aber auf Rheinhessen als die Gegend, in der wir fündig wurden.

Im beschaulichen Weindorf Bechtolsheim (ca. 1700 Einwohner), am Fusse des Petersberg, zwischen Mainz und Alzey gelegen, fanden wir einen Hof aus dem späten 18 Jahrhundert. Das Wohnhaus gehörte einem Apotheker, der die Nebengebäude (einen Stall und eine KFZ Werkstatt) als Wochenenddomizil nutze und dort an Traktoren und anderen Maschinen rumbastelte. Der gute Mann war ein wahrer Sammler, erkrankte aber schwer und konnte das Haus nicht mehr nutzen. So durften wir dann zum Jahresbeginn 2010 das Haus und die Nebengebäude kaufen und auch bald beziehen.

Die ca 70 m² große Werkstatt sollte unser Aufführungsraum werden und der 50 m² kleine Kuhstall unser Seminarraum bzw. die Weinstube. Das Wohnhaus war recht gut in Schuss, so dass wir unsere Energie und unser Geld in die Sanierung der Nebengebäude stecken konnte. So sah die Weinstube mal aus.
Und so nun:
 

Im Kuhstall musste der alte Boden inkl. Blut/Pissrinne raus und die Wände vom alten Putz befreit werden. In der KFZ Werkstatt mussten die Wände und die Decke energetisch und akustische isoliert werden, ein neuer Boden musste hinein.

Neue Türen, statt der alten Garagentore und im Stall neue Fenster. Das alles auch noch dem Denkmalschutz entsprechend. Alle Dächer (60er Jahre Ethernit Asbest) musstne neu gedeckt und isoliert werden. Sanitäre Anlagen mussten gebaut werden, ein Serviceraum und und und....Klar - Kleinigkeiten wir ca 70 Stühle, Bühnenelemente, PA Anlage, einige Tische etc pp mussten auch noch her ...Uff...ein Batzen Geld, Schweiss und einiges an Stress folgten, aber nach Monaten und geplünderten Bank-Konten, Bauanträgen und Nutzungsänderungen, durften wir am 03.10.2011 unser Kulturgut eröffnen.

An diesem sonnigen Tag feierten wir dann mit 600-800 Menschen ein rauschendes Fest. Auch einge aus dem Forum waren dort. Christina Lux, Biber Herrmann, Ladies Night - die Band meiner Frau, meiner einer und der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr sorgten für Musik und die Landfrauen für Kaffee und Kuche. Die Bäckerei übernahm das Catering und der beste Winzer des Ortes lies es nur so Krachen mit Sekt und Wein. Es war ein wundervolles Fest. Der halbe Ort war bei uns und wir hatten das gute Gefühl angekommen zu sein.
Impressionen von der Eröffnung:


An lokaler Prominzenz waren vom Landrat über mehrer Bürgermeister und Gemeinderäte bis zu Vertretern aller Vereine alles dabei, was man so als neue Kultureinrichtung kennen sollte.

Seit der Eröffnung haben wir dann ein sehr anspruchsvolles Programm vorgestellt und über 20 Veranstaltungen hinter uns. Das reicht von Konzerten und Workshops mit internationalen Akustikgitarristen wie Adam Rafferty, Franco Morone, Clive Carroll über Comedy mit DESiMO und Kindertheater der Mainzer Kammerspiele, zu Singer/Songwritern wie Christina Lux und Biber Hermman bis hin zu Mundartlesungen. Auch die Koopertion mit anderen Vereinen klappt wunderbar und so haben wir dann schon ein größeres Open Air Konzert und einige Indoor Konzerte in externen Hallen veranstaltet.

Manchmal war die Bühne auch recht voll:

Bisher waren wir bis auf eine Veranstaltung (wegen Eisregens) entweder ausverkauft oder doch sehr gut besucht. So ca 20 % der Besucher kommen aus unserem Dorf und der Rest aus dem Umkreis. Zu Workshops nehmen dann Menschen auch mal ein paar Hundert Kilometer Anreise in Kauf. Die größte Freude ist es, wenn man mit Menschen nach den Konzerten spricht, die meist derartige Musik nie vorher gehört haben und dann sehr begeistert und berührt sind. Man spürt dann, dass man da was sehr wertvolles geschaffen hat und es sich schon allein für diese Momente des Glücks der ganze Aufwand lohnt. Und wenn die Veranstaltung dann auch - zumindest für den Künstler - ein kommerzieller Erfolg war, hat man das schöne Gefühl mit dazubeizutragen, Kunst und Künstler am Leben zu erhalten und zu unterstützen.

Prima - sowohl für den Künstler als auch meist für uns - ist der mitgelieferte Familienanschluss. Wenn es menschlich gut passt und der Künstler keine zickige Diva ist, dann wohnt dieser bei uns im Haus. Ein Gästezimmer mit eigenem Bad sind dafür vorhanden. Für mich bedeutet dies auch viel Zeit mit einigen meiner musikalischen Helden verbringen zu können. Tolle Sache!


Wundervoll ist auch die Anteilnahme und Hilfe der Menschen, wenn z.B. ein pensonierter Metzger samt riesigenr Platte mit Filet Wellington vor der Tür steht, weil der Mann in der Lokalzeitung gelesen hat, dass da ein Workshop stattfindet und die Leute doch bestimmt was Gutes zum Essen brauchen. Oder liebe Freunde, die zu jeder Veranstaltung an der Kasse oder hinterm Tresen aushelfen. Ein wohlwollende immer präsente Presse hilf uns auch. Nicht zu vergessen unsere toleranten Nachbarn.

Die Menschen nehmen unser Angebot bisher sehr gut an. Viele kennen die Künstler, die wir da auf die Bühne lassen gar nicht, aber mittlerweile ist jeder der zu uns kommt sicher, dass es ein toller unterhaltsamer Abend werden wird, der - das mag pathetisch klingen - Herzen berührt und lange nachklingt. Letzteres nicht wegen der Lautstärke :)

Dieses Jahr sind wir dann auch mal etwas mutiger und haben mit Ali Neander, Kosho und Tilmann Höhn mal einen Acts die für Reibung sorgen werden. Aber auch Wiederholungstäter sind dabei, Christina Lux und Franco Morone kommen wieder zu uns. Ende Septmember erfülle ich mir mit Tony McManus einen persönlichen Traum. Und im Mai 2013 kommt dann gar Michael Fix aus Australien. Ich freue mich wund ;)

Interessant ist für uns auch mal auf der anderen Seite zu sitzen, nicht als Musiker, der einen Gig sucht, sondern Veranstalter zu sein. Momentan bekommen wir ca 5-10 Bewerbungen pro Woche, teils von sehr hochkarätigen Musikern aus dem In- und Ausland. Da wir unabhängig sind und keinerlei finanzielle Förderung erhalten, treten bei uns nur Künstler auf, die wir selber sehr mögen, die uns wirklich berühren und von denen wir denken, dass sie künstlerlisch und menschlich zu uns passen. Wir selber spielen relativ selten in unserem KulturGUT. Einfach kaum Zeit und als Opening Act für all unsere Künstler, das fände ich zu billig und langweilg. Na ja und da wir es eher ruhig angehen lassen und die Bühne mit 5 mal 2,5 Metern recht klein ist, scheiden viele Acts eh aus. Ausser wir nutzen den Hof mit seinen gut 45 auf 20 Metern für ein kleines Hofkonzert.

Mittlerweile haben Elke und ich eine Reihe von Schülern in Gitarre und Gesang, die dann unter besten räumlichen Bedingungen lernen können. Das kann im Garten sein, im Hof, auf der Bühne oder im Studio.

Unsere Räumlichkeiten werden ab un zu auch mal für Hochzeiten, Geburtstage und von Vereinen und Politikern genutzt.

Weil die Weinstube so hübsch und gemütlich geworden ist, haben wir diese fast jeden Freitag auf und geniessen mit unseren Gästen großartige Weine und kleine lukullische Häppchen. Ab September konzentriere ich mich dann Vollzeit auf Musik, Kneipe und Kulturgut. Dann werde ich den Laden wohl 2 mal die Wochen geöffnet haben und noch einiges mehr an Veranstaltungen machen. Vielleicht bleibt dann auch der ein oder andere Euro hänge und ich kann mir in Zukunft Tanzmusik sparen. Das wäre was.... nie mehr "I will survive" spielen....

Die Bilder wurden von Andreas Falke, Stephan Dürholt und mir gemacht.  Groetjes!

Wer fragen hat, gerne auch per PN oder Email (info@daskulturgut.de).
Wer unbedingt meint bei uns spielen zu wollen, der mag dieses lesen....
...und wer mal zu einem Konzert oder Workshop kommen möchte, sollte besser vorher reservieren.

LG
Rolli

PS: Wär Fähler pfinded maag sei behalden




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