(Session) Familie
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Beitrag von Michael (Jacuzzi) vom Mai 05. 2008 um 14:00:22:
Liebe Aussensaiter,
es wurde ja schon geschrieben; Diese Berliner Session sei "anders" gewesen, aber das mit dem "anders" ist so eine Sache: Heutzutage fahren wir alle mit bestimmten Erwartungen auf Sessions, die sich aus Duisburg, Siegen etc. speisen, und jedes mal stellt man dann fest, dass "Session" ein sehr flexibler Ausdruck ist, der ganz unterschiedliche Erlebnisse umfassen kann, die wiederum von sehr vielen Faktoren abhängen: dem Wetter, dem Raum, den Matratzen - und natürlich den Organisatoren:
Liebe Saidy, lieber Mathias, ich habs euch ja schon ein paar mal gesagt: Ihr habt mir eine wundervolle Zeit bereitet; ich hatte königliche Tage, und:
Ich habe wirklich gut geschlafen! - Das verdanke ich natürlich Jürgen im Bett über mir, dessen Schnarchtechnik einfach unwiderstehlich ist: Du hörst ihm zwei Minuten zu, dann bist du hypnotisiert, dann schläfst du ein, und dann träumst du irgendwas von Wolken und Vögeln. Überhaupt war diesmal viel vom Schnarchen die Rede - liegt natürlich an den Gemeinschaftsräumen und an der Jugendfreizeitatmosphäre. Aber auch über das Schnarchen lässt sich philosophieren: Mathias sagte irgendwann, Waufel hätte den Sound einer "leer laufenden Harley", und er sagte es mit einer gewissen Anerkennung.
Für mich war es bis jetzt die familiärste aller Sessions. So viel Nachwuchs wie dieses Mal gabs noch nie. Wir werden alt, und junge kommen nach, das ist schön. Beim Nachwuchs gibts allerdings eine deutliche Tendenz hin zum Schlachzeug (Magnus, Peter, Sebastian, Konrad), und nur vereinzelt wird noch zur Klampfe gegriffen (Flo). - Soll uns aber recht sein, wenn das Jungvolk ein bisschen trommelt, während wir Gitarre spielen. Familiär waren aber nicht nur die Lendenfrüchte, sondern auch die vielen Partner/-innen, und wir haben uns gegenseitig teilweise auch einigen Einblick in unsere jeweiligen Beziehungskisten gewährt; hieran merkt man, wie viel wir bereits miteinander teilen: Die Gespräche beginnen zwar immer noch irgendwo zwischen Pickups und Saiten, aber sie enden immer öfter bei ganz anderen Dingen. (Liegt übrigens nicht nur an den Sessions, sondern auch an der Art und Weise, wie wir hier im Forum über die Jahre hinweg miteinander kommunizieren.)
Familie: Mit Burkhard haben wird ein Familienmitglied verloren. Das war immer und überall präsent. Im Raum hing ein sehr schönes und intensives Photo von ihm, er war in unseren Gesprächen und auch in einigen der Dinge, die wir gespielt haben. Schließlich haben wir uns in aller Stille zusammengesetzt und seiner gedacht. Nur noch die Verstärker haben für eine Zeit leise vor sich hingebrummt - ich kann es immer wieder nicht glauben, zu welcher Intensität wir abseits des Lärms und Gefuddels in der Lage sind.
Ich selbst war mit Jonas der einzige, der das Jugenddorf nicht verlassen hat. Auch das eine völlig neue Erfahrung: Tagsüber ist der Sessionort praktisch leer: Alles macht sich auf den weg nach Berlin. Irgendwo zirpt noch eine Grille, ein Vogel singt, und das ist dann "Session". Ich selbst habe diese Zeit einerseits für lange Gespräche genutzt, andererseits aber vor allem dazu, ständig-stundenlang-ununterbrochen auf der Gitarre herumzududeln, und was soll ich sagen: Es ist Jahre her, dass ich mich so intensiv und ausdauernd mit Musik beschäftigen konnte. Wenn das Wort "warmgespielt" jemals auf jemanden zugetroffen hat, dann auf mich am Samstagabend, und dafür bin ich "der Session", dem Ort und den Organisatoren wirklich ungeheuer dankbar. Ab einem gewissen Alter/Verplichtungsgrad kommt es ja entscheidend darauf an, das Band zur Musik nicht zu lose werden zu lassen, und die Berliner Session war in diesem Sinne genau das, was mir der Musikarzt empfohlen hätte.
Abends sind die "Familien" (Familienteile? Teilfamilien?) dann langsam wieder eingelaufen, und während die Rückkehrer noch den Berliner Straßenstaub abschüttelten, hatte ich schon eine leichte Überdosis an Tonleitern eingenommen, die unbedingt durch ein bisschen Jammen therapiert werden musste. Auch hier war Berlin natürlich völlig "anders" und wiederum im besten Sinne "familiär": Von ganz kurzen (und notwendigen!) Ausnahmen abgesehen, waren praktisch nie mehr als zwei Gitarristen auf der Bühne. Es wurde gejammt, es wurde zugehört, es wurden - auch ohne Workshop - Tipps ausgetauscht, es gab Songs und Muelrich-"Vamps", es gab gegenseitigen Verstärker- und Gitarrentausch, es gab Gesang und ziemlich viele Soli: Es gab einfach viel gute Musik. (Ich selbst bin ja schnell mal etwas angefressen, wenn ich das Gefühl habe, dass Leute nicht aufeinander hören und nicht "miteinander" spielen: Diesmal nichts dergleichen.) Und wenn wir schon von "Familie" reden: Eine Trennung zwischen Elektrikern und Akustikern hat in Berlin nicht stattgefunden; wir haben eigentlich alles miteinander gemacht.
So - damit markieren sich natürlich auch Entwicklungen. Wir haben den Plan gefasst, die Aussensaiter nun endgültig vom Forum zur Familie zu entwickeln: Erster Schritt hierzu wird die Domain "mini.aussensaiter.de" sein, in der sich der Nachwuchs austauschen wird (da wird es wohl hauptsächlich um Sticks, Double-Bass, Felle und ähnliches gehen - kann uns aber auch egal sein, weil wir uns da sowieso nicht registrieren dürfen). Zweiter Schritt ist dann "opa.aussensaiter.de", wo erst mal Waufel und ich uns gegenseitig anbrüllen. Dort wird sich natürlich nach und nach auch der ganze Rest einfinden, und früher oder später gehts dann dort nur noch um Fragen wie Familie-Ehe-Partnerschaft.
Aber das passt dann ja.
Michael (Jacuzzi)
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