(Meinung) Line6 Variax Acoustic 700
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Beitrag von erniecaster vom Mai 01. 2008 um 14:34:19:
Liebe Gemeinde!
Unlängst (ich liebe dieses Wort!) hatte ich in einem Musikgeschäft die Gelegenheit, eine Line6 Variax Acoustic 700 zu probieren und zwar angeschlossen an den geliebten und vertrauten AER AG-8. Der AER ist ein grundsätzlich neutraler Monitor, der unbeeindruckt und nüchtern widergibt, was man ihm als Signal so anvertraut. Das Ding ist kein Schönfärber - wenn es mit dem AER gut klingt, wird es über eine gute P.A. noch voller, satter, besser und runder klingen. Zum Test benutzte ich sowohl den Klinkeneingang als auch den XLR-Eingang. Bei Benutzung des XLR-Eingangs geht es noch mehr Richtung Mini-P.A.
Zur Optik dieser Gitarre konnte ich schon anhand der Bilder meine Meinung bilden. Auf den Fotos finde ich sie schon nicht so sehr schön. Jetzt aus der Nähe betrachtet, stellt sich heraus, dass die Fotos sehr realistisch sind.
Was passiert, wenn man jemandem eine Les Paul in die Hand drückt, der noch nie in seinem ganzen Leben eine E-Gitarre in den Fingern hatte? Er sagt sowas wie "boah, ist die schwer!". Genau das tat ich auch, denn die Variax war etwa so schwer wie eine schwere Paula. Kein Wunder, die Variax ist eine Solidbody mit einem lieblos reingefrästen Loch, das an ein Schallloch erinnern soll. Da kommt aber nicht viel raus. Ohne jegliche Verstärkung ist diese Gitarre dann auch genau so laut wie eine Solidbody. Und sie reagiert genau so - deutlich anders als eine akustische Gitarre, was ich im Spielgefühl merkwürdig finde.
Billige akustische Gitarren aus den 70ern haben häufig Hälse wie die Variax. Man nehme ein fettes Kantholz, verrunde ein wenig die Kanten, kleistere kräftig billigen Lack drauf und fertig. Ich habe schon lange keinen Hals mehr in der Hand gehabt, den ich als dermaßen unangenehm empfand.
Da es akustisch ja eh nichts Nennenswertes zu hören gibt, jetzt also her mit dem Kabel, aufdrehen und hören. Es gibt 16 verschiedene Modelle von Gitarrenklassikern bis zu Exoten abseits der akustischen Gitarre. Interessiert mich nicht so wirklich - ich suche erstmal einen einzigen guten Akustik-Sound irgendwo zwischen Dreadnought, OM und Parlor, halt einen Brot-und-Butter-Akustikgitarren-Sound. Auf dem Drehregler stehen diverse Modellbezeichnungen, die so etwas eigentlich können müssten. Also fange ich damit an.
Der AG-8 wirft mir Klänge entgegen, die mich an finstere Vergangenheit erinnern. Es klingt nach schlimmem, altem Piezo, wie man ihn heute kaum noch findet. So klingt es immer. Manchmal klingt es nach Piezo mit viel EQ-Einsatz. Dazu kommt das Einschwingverhalten einer Solidbody, das mit dem einer Akustikgitarre nicht so richtig viel zu tun hat. Derartig negativ überrascht beschließe ich, jetzt so lange an jedem verfügbaren Regler dieser Gitarre zu drehen und zu schieben, bis ich einen Sound finde, den ich brauchbar finde oder auch einfach nur mag. Ich scheitere.
Mein Fazit: Ich finde die Line6 Variax Acoustic 700 hässlich, schlecht spielbar, lieblos verarbeitet und klanglich unbrauchbar.
Ja, ich gebe zu, mit gewissen Vorurteilen an die Gitarre herangegangen zu sein, allerdings mit dem Wunsch, widerlegt zu werden. Wenn die Variax jetzt haptisch und akustisch einigermaßen durchschnittlich gewesen wäre, hätte ich kein Wort geschrieben. Ich bin aber trotz aller Antipathie schon vor dem ersten Anfassen so negativ überrascht worden, dass ich an diesem Verriß nicht vorbei kam.
Das ist aber nur meine Meinung - für den einen oder anderen ist das vielleicht ein tolles Instrument. Das würde ich dann gern mal direkt erleben, vielleicht habe ich die Gitarre ja ganz falsch bedient oder es war was kaputt in der Elektronik...
Gruß
erniecaster
P.S. Eine billige Elektroakustik namens Ibanez AEG-10, die keine 300 Euro kostet, ganz nett aussieht, perfekt verarbeitet und sehr gut bespielbar ist, fühlte sich über den AG-8 dagegen angenehm an und brachte den gesuchten Brot-und-Butter-Sound in brauchbarer Qualität nach wenigen Sekunden Suchen am eingebauten EQ. Geht also.
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