Ein Traum wurde wahr....
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Beitrag von Jochen vom März 27. 2008 um 14:15:53:
Tachchen,
hier noch eine ältere Geschichte, von der ich Euch längst erzählt haben wollte, es kam nur immer wieder was dazwischen:
Mitte November letzten Jahres kam das Gerücht auf, daß Tom Wittrock in Düsseldorf spielen würde. Tom Wittrock ist einer DER Experten, wenn es um alte, genauer: Vintage Les Pauls geht. Lesern des Les Paul Forums wird er eh sicherlich bekannt sein, sein Wissen gibt er gerne weiter, ich fand immer, daß er so etwas wie ein "Botschafter" der "Burst" ist.
Jonas fragte bei seiner Quelle noch einmal nach, ich mailte Tom an - wir hatten vorher schonmal kurz Kontakt miteinander gehabt - und die Bestätigung kam, er würde tatsächlich in Düsseldorf im Engel spielen.
Toll, bisher hatte es bei mir nie geklappt ihn zu treffen, wenn er mal in der Nähe war, diesmal sprach nichts dagegen, da mussten wir hin. :-)
Tom hat noch familiäre Bindungen hier und einige Freunde, darunter auch Musiker und ganz besonders eine kleine Band: Rita and the Rock'n'Rollers - mit denen würde er dann im Engel spielen.
Tom ist eigentlich bekannt dafür, daß er auch immer mit einer Vintage Paula spielt, diesmal hatte er aber keine dabei, brauchte er aber auch nicht, denn sein Freund Bernard (von Rita and the Rock'n'Rollers) ist was Vintage-Equipment angeht mehr als gut ausgerüstet, Tom mailte mir: "there should be two Bursts in action. ;-)"
Geil. :-)
Jonas, Oliver (im Forum "rollo", war kurz auf dem Jet) trafen uns also recht früh in der Düsseldorfer Altstadt und gingen schnurstraks zum Engel. Dort trafen wir dann Tom und die Band, die noch bei den letzten Vorbereitungen für den Gig waren.
Kurze Begrüßung, "nice to meet you", bisschen Smalltalk und schon zeigt uns Tom die echte 59er Les Paul Sunburst, die Bernard ihm für den Abend geliehen hat.
Wow!
Und nochmal: Wow!
Und viel Respekt von unserer Seite. Ich traue mich eigentlich nicht, die Gitarre überhaupt zu berühren. Natürlich kommen da auch Gedanken über den Wert der Gitarre auf. Aber Tom spricht eigentlich nicht gerne über den finanziellen Wert, sondern lieber über den Wert als Instrument. (Bernard ist übrigens auch so, dazu aber später mehr.) Ich bewundere Toms Einstellung wirklich und ich bin ihm sehr dankbar dafür, daß er sein Wissen weitergibt und - wie ich oben schon schrieb - quasi als Botschafter für die Vintage Les Pauls unterwegs ist. Wann hat man denn schon die Möglichkeit so eine Gitarre aus der Nähe zu sehen und zu hören, geschweige denn anzufassen? Tom und Bernard sind anders als viele Leute (jedenfalls anders als die, die ich bisher kannte) aus diesem Bereich, sie wollen Ihr Wissen vermitteln, die Gitarren zu den Musikern bringen, geben bereitwillig Antwort auf die Fragen, die auf sie einprasseln und sie lassen einen teilhaben an der Faszination, die von einer 50-Jahre Les Paul ausgeht.
Ein Blick auf die kleine Bühne und jeder Vintageliebhaber bekommt schwache Knie: dort stehen eine 59er Les Paul Sunburst, eine 58er Les Paul Sunburst, eine P90 Gold Top Les Paul (frühe 50er), ein alter Marshall Turm, ein Vintage Fender Precision Bass mit einem Orange Halfstack und ein Ludwig Drumset aus den frühen 60ern und noch mehr, alles feinstes Vintage Equipment, das kann doch nur ein Traum sein, mehr Vintage geht kaum noch.
Ich kann mich daran nicht satt sehen und freue mich schon riesig auf den gleich beginnenden Gig.
Tom verabschiedet sich, die Band verschwindet kurz nach Backstage - nicht ohne vorher die Gitarren noch hübsch für unsere Kameras zu drapieren.
"Ihr habt ein Auge drauf, ja?"
Klar, ich kann eh meinen Blick nicht mehr von der Bühne lassen. Eins? Hätte ich drei Augen, würden auch sie alle an den Instrumenten kleben. :-)
Kurze Zeit später beginnt der Gig. Tom spielt häufiger mit Rita and the Rock'n'Rollers zusammen, die Band ist auch immer mal wieder in den Staaten und dann spielen sie drüben und wenn Tom mal wieder hier ist, dann spielen sie hier zusammen, wann immer es geht. Tom hatte mir schon gemailt, daß er an diesem Abend bei ca. der Hälfte der Songs mitspielen würde, normalerweise ist er bisher immer nur für ein paar Songs mit dabei gewesen, aber nun hätten sie schon so oft zusammen gespielt, das sei das gemeinsame Repertoire schon was größer geworden.
Wir stehen direkt vor der Band, zwischen Ihnen und uns ist nur ein kleiner Holztresen, auf dem man sein Altglas abstellen kann, würde ich mich nur einen Hauch nach vorne beugen, könnte ich die Gitarren verstimmen. :-)
Es geht los und - ich kann es nicht anders sagen, ich bin im Ton-Himmel! Bernards 58er Paula klingt mit dem alten Marshall einfach wunderbar, das ist die Verkörperung von Vintage Tone. Und Tom, der seinen Boogie MK2C zuhause gelassen hat, spielt über einen geliehenen Fender Blues Deluxe (oder Hot Rod Deluxe) und klingt auch fantastisch. Ich hatte diesen Amp ja auch mal, aber mit meinen Paulas klang es immer anders.
Es ist einfach wirklich was dran am besonderen Ton dieser Gitarren, man muss das einfach mal selber erlebt haben. Dieses oft und gerne zitierte Kehlige im Ton, der Holzanteil, die präsenten aber nie unangenehmen Höhen, das alles wird einem sofort klar, wenn man das so unmittelbar, wie wir an diesem Abend, hören und vor allem: erleben kann. Dieses Unmittelbare macht sehr viel aus und ist auch nicht in Worte, Bilder oder Ton zu fassen.
Das Engel ist ein kleiner Club, wir haben die Amps direkt gehört, wir waren nur wenige Meter von ihnen entfernt, so wie im Proberaum. Keine Mikros vor den Amps und kein verfälschtes Signal von der PA, sondern:
Gitarre -> Kabel -> Amp -> Ohr
Sie haben dann einige Sets gespielt und wir hatten einen Riesenspaß. Die Stimmung war grandios es war ein fantastischer Abend. Zur Musik habe ich noch nichts gesagt, Blues, Bluesrock, Rock'n'Roll, Hau-die-Ziege, auf die 12 - ganz toll und so was funktioniert live in einem kleinen verräucherten und verschwitzen Club immer noch am besten.
Großartig.
Nach der letzten Zugabe winkt Bernard uns zu und ruft uns zu sich, Jonas und Oliver gehen sofort los, er zeigt ihnen seine 58er Paula, ich bleibe noch stehen, wohl immer noch zu viel Respekt, er sieht mich an und meint "nun komm schon". Also gut, überredet, er drückt mir die 59er Sunburst in die Hand, zeigt mir dies und das, "schau mal hier", "nun fass sie ruhig richtig an und spiel sie mal", dann gibt er mir noch seine 58er, zeigt mir ein paar Unterschiede. Es ist mittlerweile spät geworden und wenn ich nicht aufbreche, wird der Rückweg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln schwierig, also verabreden wir uns für in drei Wochen, dann würden sie im Dr. Jazz spielen.
Also, Verabschiedung von der Band, von Tom, Jonas und Oliver und ab nach Hause, ich muss schon rennen. Meine Gedanken kreisen nur noch um diese Gitarren, den Ton. Im Zug während der Heimreise sehe ich mir noch mal die Bilder an und die Videos, die ich mit der Digitalkamera gemacht habe.
Am folgenden Tag beginnt die Geschichte mit meiner rechten Schulter, das muss wohl der Trennungsschmerz gewesen sein, anscheinend wollte mein Körper mir klar machen, daß ich diese Gitarren besser nicht mehr aus der Hand gegeben hätte. ;-)
...
Drei Wochen später...
Jonas und ich sind wieder in der Düsseldorfer Altstadt, Rita and the Rock'n'Rollers spielen heute abend im Dr. Jazz. Wir sind sehr früh vor Ort, die Band baut noch auf. Bernard begrüßt uns und sagt zu mir: "ich hab Dir da was mitgebracht", verschwindet kurz und kommt zurück mit einem Koffer, öffnet ihn und drückt mir eine 59er Les Paul in die Hand, mit den Worten: "wir hatten ja letztens nicht viel Zeit dafür". Er müsse jetzt erstmal weiter aufbauen, jetzt könnte ich mir die Gitarre mal in Ruhe ansehen.
Ich bin total baff! Eine echte 59er Paula hier in meinen Händen, auf meinem Schoß und es ist ruhig, der Laden ist eigentlich noch geschlossen, ich habe Zeit und kann sie einfach mal nur spielen. Wahnsinn!
Sie fühlt sich vertraut an, wie ein alter Weggefährte oder Freund und klingt auch schon akustisch gespielt wirklich anders als neue Gitarren. Von meinen eigenen Gitarren ist meine 320er vom Gefühl her nah dran, aber vom Ton ist fast schon meine geliebte alte Melody Maker näher, denn auch die hat dieses "alte" im Ton, den man einfach nicht beschreiben kann, das muss man wirklich mal selber erleben. Natürlich nur, wenn dieser Ton dem eigenen Ideal entspricht.
Danke Bernard, vielen, vielen Dank für diese einzigartige Gelegenheit und fantastischen Moment!
Nach einer Weile gebe ich die Gitarre wieder Bernard zurück, es war toll, so ein Stück Musikgeschichte mal so intensiv "erfahren" zu können. Es ist auch interessant, die Details zu betrachten, das Binding aller drei Paulas ist z.B. unterschiedlich breit, jede Gitarre unterscheidet sich wirklich von den anderen und wenn auch nur durch Kleinigkeiten, es sind wirklich mehr Einzelinstrumente als die oft zitierte Stangenware.
Bernard kommt kurz danach mit einer alten Gretsch zu uns, auch ein faszinierendes Instrument mit einem ganz eigenen Ton, den wir später noch beim Konzert erleben dürfen.
Wir halfen dann noch ein bisschen beim Soundcheck und dann ging es auch schon los, auch an diesem Abend haben wir ein tolles Konzert erlebt und wir hatten mächtig Spaß.
Ich habe natürlich ein paar Bilder gemacht, die findet Ihr, wenn Ihr auf das kleine Bildchen hier klickt:

Es öffnet sich dann eine Bildergalerie in einem neuen Fenster.
Ein paar Videos gibt es auch, die sind aber mit der Videofunktion der Digicam gefilmt, also erwartet kein High-Definition. ;-)
Die Videos findet Ihr, wenn Ihr hier:

auf den kleinen Tom klickt. In einem neuen Fenster öffnet sich dann eine Playlist bei YouTube mit 8 Videos.
Ich werde die Tage vielleicht noch die Fotos vom Dr. Jazz Gig hochschieben, die Videos von diesem Abend liefere ich wohl heute noch.
Viele Grüße
Jochen
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