Re: (Amps) Ich hasse Zollbeamte


[ verfasste Antworten ] [ Thread-Anfang ] [ Aussensaiter-Forum ]

Beitrag von Matthias vom Dezember 10. 2005 um 11:43:11:

Als Antwort zu: Re: (Amps) Ich hasse Zollbeamte geschrieben von andi-o am Dezember 10. 2005 um 08:33:04:

Hallo ihr beiden!

Warten ist wirklich blöd und ärgerlich, da kann ich euch gut verstehen. Hin und wieder ordere ich ja selbst mall was aus Amerika und bin über die Themen Einfuhrumsatzsteuer und Zoll auch immer nicht so erfreut.

Warum ich mich hier einmische? Mein Vater ist pensionierter Zollbeamter, meine Schwester aktive Zollbeamtin. Daher finde ich die unterschwelligen Beschimpfungen nicht so schön. Die Zollbeamten tun ihren Job. Genauso wie Krankenschwestern, Kellnerinnen, Schlachter, Justizvollzugsangestellte, Staatsanwälte, Bauern etc. Im Regelfall sind diese Menschen nicht böswillig sondern nur bestrebt, das zu tun, was sie sollen. Dazu gehört auf keinen Fall, Sendungen zu verzögern und ganz bestimmt nimmt keiner der Zöllner einen Amp für zwei Wochen mit in den heimischen Probenraum.

Wenn ihr euch für eine Minute vorstellt, was da alles ankommt, werdet ihr die Schwierigkeiten verstehen. Ist das Superduper-Milchpulver aus Afghanistan wirklich Milchpulver? Ist der Teppich aus dem Nahen Osten eine billige Massenware, handgeknüpft oder gar eine Antiquität? Oder sogar ein Kunstschatz? Ist die Kiste aus Rio-Palisander (Vorsicht! Darf kaum noch gehandelt werden, heißes Themal!)? Ist der weiße Kamm Elfenbein und die Verzierung Schildpatt? Ist diese Kiste mit dem Lautsprecher und den Röhren dadrin wirklich ein Musikinstrument? Es ist also schwer genug, zu erkennen, was überhaupt eingeführt werden soll und zu entscheiden, ob es eingeführt werden darf.

Ich habe ja Tonabnehmer von Bill Lawrence importiert. Woher soll jetzt ein Zollbeamter (der vielleicht noch nie eine Gitarre aus einem näheren Abstand als einem Meter gesehen hat) überhaupt wissen, was ein Tonabnehmer ist? Damit gehen die Schwierigkeiten aber erst los. Es gibt einen so genannten "Zoll-Tarif". Stellt euch das wie eine große Liste von Gütern vor. Je nach Klassifizierung variieren Steuern und Zoll. Es gibt aber in diesem Tarif keine Gitarren-Tonabnehmer. Die Tarife, die am nächsten kommen sind "malgnetische Schallplattenspule zur Tonabnahme" oder "Gitarren-Mikrofon". Beides ist mehr oder weniger falsch.

Ein Zollbeamter soll also Dinge, die er kaum kennt, in willkürliche Schubladen einsortieren und dafür dem verständlicherweise genervten Importeur Geld abnehmen. Das ist kein besonders schöner Job. Und zu Weihnachten schwillt der Warenverkehr noch einmall drastisch an.

Ich will hier den Zoll nicht vergöttern oder als unangreifbar hinstellen. Auch da gibt es genau so viele Saftnasen wie im Bereich der chemischen Industrie oder bei Grafikern oder in anderen Branchen. Nur eine allgemeine Verurteilung halte ich für nicht angebracht.

Noch einmall zusammengefasst: Eine Aufgabe des Zolls ist es, unerlaubte Güter nicht ins Land zu lassen. Waffen, Rauschgift, geschützte Tiere etc. Die zweite Aufgabe ist die Nivellierung von unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen verschiedener Länder. Zurzeit hat Deutschland noch einen vergleichsweise niedrigen Mehrwertsteuersatz, beim Import kommt noch Geld raus. Drittens werden Zölle zur Steuerung des Warenverkehrs genutzt, um einzelstaatliche Interessen zu vertreten. Das Wort "Straf-Zoll" ist so gesehen doppelt gemoppelt, Zoll ist immer eine Einnahmequelle und ein Steuerungsmittel gewesen. Das ist uns als EU-Bürgern (Freihandelszone!) nicht mehr so richtig bewusst, fragt mal einen Schweizer... Davon einmall abgesehen, fließen die Einnahmen des Zolls in den Staatshaushalt also theoretisch wieder in unsere eigene Tasche.

Alles ein schwacher Trost, ich weiß.

Gruß

Matthias


verfasste Antworten:



Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.