Re: (Band) No divas, no problems ...Beitrag von Harvey vom September 16. 2000 um 16:19:56: Als Antwort zu: Re: (Band) No divas, no problems ... geschrieben von Friedlieb am September 16. 2000 um 14:31:19: : ...man eh glänzt oder weil einem der gute Gesamtsound der Band wichtiger ist), dann kann man sich auch mal zurücknehmen und ein ganzes Stück lang nur Akkorde spielen. Oder so. In meiner letzten Band haben sowohl der Keyboarder als auch ich es zwar recht schnell geschafft, im Dienste des Songs zu spielen, aber lange gebraucht, um die damit einhergehende Leichenbittermiene während des dieses Minimaleinsatzes loszuwerden. Ich finde, beim sogenannten Begleit- oder Akkordspiel muß man sich überhaupt nicht "zurücknehmen". Man steht, vom Publikum aus gesehen, in dem Moment als Ego nicht unbedingt im Zentrum der Aufmerksamkeit, aber darum geht es ja bei "richtigen" Musikern auch nicht, finde ich. Oder sagen wir besser "Bandmusikern", die beim Spielen eher das Ganze hören und erleben als meinetwegen nur einen brillianten Einzelvirtuosen. Ich finde z.B. diese Rituale in der Jazzmusik, wo über einen Standard der Reihe nach Solisten solieren und dann Szenenapplaus bekommen, während im Hintergrund eine Rhythmusgruppe groovt, sehr ermüdend - diese penetrante Herausstellung Einzelner. Das hört sich oft interessant an, aber im Herzen so richtig mitgerissen werde ich davon meist nicht, vor allem nicht, wenn da auf der Bühne das große Ego-Affentheater abgezogen wird. Mich macht es viel mehr an, wenn die Band als Ganzes kocht, jeder dabei an seinem Platz, völlig wurscht was er spielt - wenn´s nur bei einem klemmt, geht es nicht richtig los. Bei schwierig zu spielenden Passagen oder vor allem Gitarrensoli bin ich sehr auf mich selbst konzentriert und höre die Band sozusagen im Hintergrund - beim Begleitspiel richtet sich dann die Aufmerksamkeit wieder auf die gesamte Band über - also mir macht es dann z.B. totalen Spaß, mit der Rhythmusfraktion das Ganze richtig ans Laufen zu bringen (dazu gehören auch Körpersprache, Augenkontakte usw), was dann dem Sänger, dem Keyboardsolisten und auch der ganzen Band wieder zugute kommt. Das sind für mich gar keine "Strafzeiten" oder Routine-Passagen. Es ist z.B. sehr spannend, mit Schlagzeuger und Bassisten zusammen genau darauf zu achten, ob man laid back, "genau drauf" oder leicht treibend "nach vorn" spielt, sich also aufeinander einzuschwingen, damit das Ganze pulsiert wie ein lebendiger Organismus (ist schon irgendwie so ähnlich wie beim Sexus). : Wir sollten uns als Gitarristen, gerade als Rockmusiker, darüber klar werden, daß wir alle einer Musik anhängen, die uns vielleicht vor 20 Jahren geprägt hat, inzwischen aber längst nicht mehr aktuell ist. Man mache sich das bewußt, akzeptiere die Tatsache und alles wird leichter. Die Gitarre hat in den Top 10 von heute bei weitem nicht mehr den Stellenwert wie früher. Das ändert aber nicht unbedingt was an der Musik, die ich gern höre. Man selbst hat ja meist eine selektive Wahrnehmung, ist wahrscheinlich auch eher mit Menschen zusammen, die einem in der Art des Empfindens ähnlich sind, so daß ich es eigentlich schwierig finde , so etwas zu beurteilen, ob also Rock-Musik im Aussterben begriffen ist. Wie will man das messen? An Verkaufszahlen von CDs, Zuschauerzahlen bei Konzerten? Medienpräsenz? Im Radio höre ich eigentlich sehr viel Mainstream-Rock - kann an meinem Sender oder meinen Hörgewohnheiten liegen, was ich bewußt oder unbewußt auswähle und wahr-nehme. Vor kurzem ist mir ein kleiner Interview-Ausschnit mit Peter Rüchel (Rockpalast) aufgefallen, der auch meinte, Rockmusik sei mittlerweile eine "Minderheiten-Programm", es werde dafür auch kaum noch Sendezeit zur Verfügung gestellt. Ich muß sagen, ich kriege das, wenn es denn so ist, kaum mit, ist mir auch ziemlich wurscht. Ich bin eben häufig mit Musikern zusammen, die diese Art Musik machen und mögen, und Publikum gibt´s dafür nach wie vor, quer durch die Generationen, merke ich z.B. bei jedem Auftritt mit meiner Coverband. Nur die Gagen, die sind in den letzten 30 Jahren immer mieser geworden - es gibt ja schon Clubs, wo man als Band Geld mitbringen muß.
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