vergiss die Nöten, äh Noten!


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Beitrag von Prof. Dr. Dr. Clemens Bilan in spé vom November 14. 1999 um 03:52:53:

Als Antwort zu: immer noch in Nöten! geschrieben von Matthias am November 13. 1999 um 20:46:21:

Hi Matthias!

: Komm bitte runter!! Deine Erklärung beinhaltet Worte wie Ionisch, Stufe und Müksolüdisch. Wie immer: wer Fremdworte einführt, muss sie erklären können. Ich versuche Basiswissen zu vermitteln und da geht das nach hinten los.

Matthias!!! Das war doch Basiswissen!!! Ha, ha!

O.k., Du bist ein hartnäckiger Fall!

So denn! Prof. Dr. Dr. Bilan verordnet in diesem Falle Empirie! (griech., die E. = Erfahrung im unterschied zur Theorie, Erfahrungswissen. Quelle: Duden Fremdwörterbuch, Drosdowskie, Günther (Hrsg.), 5. berab. und erw. Auflage, Mannheim, Wien, Zürich: Dudenverlag, 1990.)

1.)Lass Madame das Stück zur Abwechslung, in G-Dur, also ohne Auflösungszeichen, d.h. also, mit F# spielen!

2.) Lass sie wählen, welche Version ihr besser gefällt.

3.) Gefällt ihr die Version mit dem F# besser, erklär ihr, dass es aus ist mit euch beiden, da Du mit einer derart unmusikalischen Frau ... na Dir fällt schon was ein.

Da sie ja aber Deine Frau ist, wird sie sicherlich weitaus mehr Geschmack beweisen und die traditionelle Version von Get Back wählen. Nun "erklärst" Du ihr einfach, dass McCartney/Lennon eben wollten, dass es so klingt, fertig.

4.) Sie ist ein wirklich hartnäckiger Fall und will aber unbedingt eine "plausible", theoretische Erklärung. Sag ihr, der Song basiert auf Musik (nämlich Blues), die von Leuten gemacht wurde, die aufgrund von Rassentrennung, Herkunft, gänzlich anderer Tradition, etc., keinen Zugang zur Lehre europäischer Tonkunst hatten. Damit nun aber Madame, lebend im Jahre 1999 und (wenn auch indirekt und unbewußt) um die Erungenschaften europ. Musik-Tradition wissend, diese Art von ausser-europäisch beeinflusster Musik auf dem europ. "wohltemperierten Klavier" nachempfinden kann, müsse eben ein Kunstgriff (nämlich G-Dur mit permanenter Erniedrigung des F# zum F) vollzogen werden.

BTW: McCartney/Lennon haben 2 Akkorde gedrückt, darüber gesungen und in einem Viertel der Zeit, die hier meine Erklärung brauchte, ca. 10 Welthits geschrieben. Musikwissenschaft ist eben eine brotlose Kunst ...

: Bei Get Back ist das Gemeine, dass das Stück tatsächlich aus den Akkorden G7 und C besteht und in G-Dur notiert ist.

Wer hat das denn in G-Dur notiert?!!! Wohl kaum McCarney/Lennon!


: Ob es nun wirklich G-Dur und nicht irgendeine Kirchentonleiter ist, ist die Frage und da liegt wahrscheinlich der Hase im Pfeffer... Das mit den Modes will ich gar nicht erst versuchen zu erklären.

Brauchste auch nicht, wie gesagt, der Ursprung liegt in einer Zeit, als die Topmusiker noch in den angesagtesten Baumwollfeldern und in Kirchengemeinden ausgebildet wurden. Gleiches gilt für sog. Jazz-Harmonielehre. Bird und Dizz haben doch nicht wirklich theoretische Ahnung (zumindest im Sinne einer ausgefeilten Harmonielehre) gehabt - die Jungs haben einfach Spaß gehabt, Musik gemacht und sich Sorgen gemacht, wo das Geld für den nächsten Druck (Bird) herkommt. Ansätze wie "Hendrix spielte in seiner späten Zeit immer lydisch", zäumen doch das Pferd von hinten auf und richten sich an eine, in europ. Tradition vorgebildete Musikerschaft. Genauso, wie Miles auch gerne mal "falsche" Töne (was ist schon wirklich falsch?!) als gewollt verkaufte.

Puh, das Thema ist hart, Grüße, Clem




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