(Technik) Mein Weg zum guten Sound - Ton - die vorletzte Folge


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Beitrag von Matthias Schwarz vom Oktober 05. 1999 um 19:48:49:

Tach zusammen!

Kurz vor dem Jahreswechsel zu der großen Zwei vorne durch einen durchschnittlichen Musikalienladen stapfend fällt mir eins auf: So richtig schlechtes Equipment zu finden, ist mittlerweile sehr schwer geworden. Um also eine anständige Ausrüstung zusammenzustellen, ist nur ein wenig Ausdauer beim Suchen und eine gesunde (!) Skepsis gegenüber Verkäufern notwendig. Mit dem gekauften Krempel dann einen anständigen Sound zurechtzudrehen oder einzusteppen, ist wieder mal eine Fleißaufgabe. Machen wir mal Pause mit der Materialschlacht.

Ich unterscheide zwischen Sound und Ton. Ton ist für mich das, was ich aus dem eingestellten Equipment mit seinem spezifischen Sound durch den Einsatz meiner Spieltechnik heraushole, also der höchstpersönliche Unterschied zwischen Gitarrist zu Gitarrist. Wie aber "mache" ich denn nun Ton?

Wenn ich erklären könnte, wie man durch den Einsatz welcher Spieltechnik klingt wie ein beliebiger Gitarrengott, wäre ich hochbezahlter Lehrer an einer teuren, privaten Hochschule. Leider kann ich Euch nur meinen Weg zu einem persönlichen Ton anbieten. Ob der Euch zum Ziel führt, weiß ich nicht und gehen müßt Ihr erst recht alleine. Für alles Folgende bitte Gitarre, Kabel, Amp mit cleanem, langweilig ausgeglichenem Ton in moderater Lautstärke. No effects, no overdrive please! Und hört Euch zu. Sinnentleertes Daddeln bringt nichts. Hört Euch zu und fragt Euch:

Linke Hand: Wieviel Druck bringe ich auf die Saite? Bei wenig Druck ist die linke Hand entspannter, der Arm entspannter, der Gitarrist entspannter, der Ton entspannter. Ich behaupte, daß man das durchaus hört. Neben der psychologischen Seite führt mehr Druck auf die Saite zu einem Ton, der etwas "sharp" ist, also eine Spur zu hoch. Das klingt noch nicht verstimmt aber nervig. Zweitens wird die Kraftanstrengung der linken Hand auch unbewußt zu kräftigeren Bewegungen, sprich Anschlag der linken Hand führen. Das kann jeder sofort testen: Trommelt mal mit der linken Hand leise und mit der rechten gleichzeitig laut - verdammt schwer.

Was ist mit meinem Vibrato? Spielen OHNE will auch gelernt und geübt sein, genauso wie der bewußt eingesetzte Unterschied zwischen fließendem Schwingen und nervösem Kaninchenrammeln.

Bending. Treffe ich einen Zielton ode ziehe ich ohne Konzept? Wann benutze ich die linke Hand und wann den Hebel?

Anschlag: Wo schlage ich an, am Steg oder über dem Griffbrett? Probieren, hören, kennenlernen, ausnutzen. Es muß nicht immer zwischen den Tonabnehmern geschaltet werden. Wie schlage ich an, hart bis zart oder haue ich nur rein? Dämpfe ich ab? Wie stark? Klatscht das Plektrum platt gegen die Saiten oder treffe ich in einem Winkel? Welten tun sich hier auf!

Greife ich eine Note und schlage sie an, hammere ich mit der linken oder tappe mit der rechten Hand oder bende ich? Nutze ich diese Möglichkeiten überhaupt, nutze ich sie bewußt oder spiele ich einfach los? Hier fließen Ton und Ausdrucksmittel ineinander.

Ton kann man nicht kaufen, man muß ihn sich erarbeiten und erspielen. Der persönliche Ton ist neben der Konzentration und der Tagesform auch von der persönlichen Entwicklung unterworfen. Ebenso wie der Gitarrist, Musiker und Künstler selbst.

selbsternannter Oberlehrer Matthias

P.S. Ich bin wirklich kein besonders guter Gitarrist. Da ich aber über dieses Thema bisher nur sehr wenig Veröffentlichungen gelesen habe, finde ich es wichtig, mal eine Diskussion darüber anzustoßen.


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