nunja, es war nicht wirklich Gott sondern Borkowsky in der Frankfurter Allee, aber was macht das schon; gesegnet sei ich trotzdem.
Ich darbe und sabbere nun schon fast ein Jahr dieser Gitarre hinterher, die ein anonymer Farbfetischist anhand Vorabbildern als "eklige Gitarre" in einer unglaublich "unsexy" Farbe wohlwollend umschrieb.
Es ist eine
* TUSCH *
Fender Toronado!
In Rot! Genauer, Crimson Red Transparent! Der gemeine Gitarrist nennts einfach nur SG-rot.
Das Modell nennt sich American Deluxe Toronado DE9000, wobei letzterer Code auf die verbauten Pickups deutet, nämlich auf zwei Fender Black Dove Tonabnehmer. Der gemeine Gitarrist nennt sie einfach nur P90.
Die Korpusform ist an die Jaguar angelehnt, nur einen Tick kleiner. In einem Jaguar-Koffer würde vielleicht ein Inch fehlen. Der gleiche short scale Hals, nur die Bünde sind dicker und höher plus einem zusätzlichen Bund und das machts mir leichter.
Der Korpus ist aus Erle und Bierbauch-geeignet vorgeshaped, der Hals Ahorn mit Palisander und big headstock. Sehr schönes Palisander übrigens, ebenmässig, nicht zu grobporig aber auch nicht zu fein. Sehr schön finde ich die Abalone-Dots, wurde ja auch mal Zeit bei Fender.
Apropos sonst immer gesparter Pfennigartikel: Straplocks waren ab Werk vormontiert, die Gegenstücke für den Gurt liegen bei. Find ich auch gut.
Vier Knöpfe gibt es und ein Pickup-Switch. Die Kontrolle also komplett wie beim Konkurrenten mit dem grossen G.
Ebenso die Bridge: kein strings thru body, stattdessen ABR-Bridge und Stoptail. Dazu später.
Die Tuner sind ausgezeichnete Schaller sealed schlagmichtot, feine Übersetzung usw, werden aber trotzdem getauscht gegen Locking Tuner. Dies aber bei irgendeiner Gelegenheit.
Die Verabreitung ist absolut erstklassig. Ich konnte keine offensichtlichen Mängel irgendwo entdecken. Bishin zum Stringtree alles wirklich erstklassig. Der Hals sitzt passgenau, Schrauben alle gerade - kann das überhaupt Fender sein?!
Wie das nun aussieht? Ob es sexy ist? In der Farbe? KANN das gehen?
Nun, hier ist sie:
Weitere mehr oder minder schöne Bilder gibts HIER und HIER und HIER ...
So, Katze aus dem Sack.
Jetzt aber das eigentlich wichtige - der Klang und das Handling.
Schon trocken und mit Folien drauf ist das Ding laut. Wirklich laut. Der Techniker im Hause macht auch sonst immer meine Gitarren und hat die üblichen Fender 09er gegen 11er Saiten getauscht und den Sattel entsprechend nachgekerbt uswusf. Sie war also von Anfang an für mich und perfekt eingestellt.
Die Toro ist nicht zu leicht und nicht zu schwer. Zu leichte Gitarren hasse ich, da kann ich gleich Luftgitarre spielen. Zu schwere hassen meine Schultern.
Die Toronado ist perfekt. Einen Tick leichter als die Fenix-Tele, einen Tick schwerer als meine Custom Tele und so ziemlich gleichschwer mit meiner PRS. Mag ich sehr.
Der Hals hat 9" Radius mit medium Jumbo Bünden. Die Bespielbarkeit ist bis in die höchsten Lagen einwandfrei.
Laut Fender-Info soll der Hals C-Shape sein, ich hab davon keine Ahnung und was Fender schreibt glaub ich eh nicht. Im Frontline steht die Gitarre übrigens als TORNADO drin. Wie peinlich kann man noch sein?
Der Korpus schwingt und ist ausgesprochen resonant!! Durch die Konstruktion und die Masse spürt man das vorm Gürtel und an den Armen. Und das schon trocken...
Verstärkt kommen die Pickups ins Spiel. Etwas heisser als die klassischen Gibson P90 geht der Sound nach dem einstöpseln in den heissen Kanal des Amps sofort strammst in Richtung LP Junior.Aber mit was für einem Attack! Was ein Punch! Peh Ah En Teh Es Zeh Hah!
Im low Imput, sprich clean offenbart sie ihre einzigartigkeit. Twäng! Jupp, Twäng. Der geschraubte Hals und der Erle-Korpus bleiben nicht ohne Folgen.
Sicher kein Tele-Twäng, aber das drahtige, mittige Plöng von guten Strats oder nem Tele-Halsabnehmer sind dicke drin. Und das ist nicht so ein Kann-die-auch-ein-bisschen-Nebenbei-Feature.
Alles in allem würd ich sie als eine Mischung aus einer Jaguar und einer Les Paul Junior charakterisieren.
Mit den vier Knöpfen kann man unheimlich viel anstellen. Ich bin ja Volume-Poti-Freund erster Kajüte, ebenso mit den Tonreglern.
Am Hals klingt mehr mellow, am Steg bissiger, aber das dürfte kaum eine sensationelle Mitteilung sein.
Ebenso, daß zusammengeschaltet das Brummen verschwindet. Natürlich brummen die, was soll ein P90 sonst machen?
Für mich wunderbar ist, daß in allen drei Positionen der Sound von Hause aus stimmt. Der Alex bei Borkowsky hat noch den Steg-P90 etwas nachgetrimmt und so muss ich mir überhaupt keine Gedanken um Justage oder Modifikationen machen.
Sie ist stimmig von A-Z! Sie faucht und quietscht und grumpelt und ist Rock and Roll pur, zurückgedreht reinster Blues.
Ich und eine Gitarre im Laden kaufen. Neu. Und noch dazu ausgerechnet von Fender. Ich hätte noch bis vor kurzem jede Wette dagegen angenommen.
Es gibt die Toronado auch aus Mexiko, aus den USA als Highway1 und aus Korea.
Die Toronado Deluxe aus den USA mit neutraler Kopfplatte gibts schon seit letztem Jahr nicht mehr - einer der Gründe, doch ein Geschäft aufzusuchen. Dieses Jahr läuft das aktuelle Modell mit schwarzer Kopfplatte und die Highway1-Serie aus und danach wirds wohl keine Made in USA Toronado mehr geben.
Die Mexikaner haben einen Pappel-Korpus, für mich inakzeptabel. Die Koreaner etwas, das "aussieht und klingt wie Mahagoni". Sowas ja schon gar nicht.
Die HW1sen fühlten sich nach nix an, sogar noch schlechter als die Mexikaner, sollten aber auch aus Erle sein... Aha.
Die American Deluxe (oder Special, je nach Laden bzw Anzeige) gibts in zwei Farben - butterscotch und rot - und mit P90 oder Humbuckern.
Alternativen ohne Kompromisse konnte ich weit und breit nicht finden, deshalb schlussendlich der Gang ins Geschäft.
Ich bereue nichts und - nachdem nun schon die eine und andere Gitarre durch meine Hände gewandert ist - denke auch nicht, das ich das werde. Ich habe alles gefunden, was ich wollte und erwartet habe und nenne mich nun einen glücklichen Menschen.
Danke für die Aufmerksamkeit und seid mal ein bisschen neidisch jetze...
Liebe Grüsse
::alex