Aussensaiter Forum

Diskussionen mit neuen Beiträgen

Hier darf jeder frei heraus seine Meinung sagen, solange niemand beleidigt wird. Auf Postings von Vollidioten sinnvollerweise gar nicht erst antworten.
Extrem unerwünscht sind reine Werbe-Beiträge. Danke.

Neu in der AS-Börse: [Biete] Positive Grid -Spark 40 19.5.24

Nix los die nächsten 30 Tage?!

(-) Header verbergen



Übersicht

(Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Mal Hand auf's Herz und ehrlich, wer von euch hat nie daran gedacht und sich gewünscht mit Mukke machen mal seinen Lebensunterhalt zu verdienen, auf der Bühne zu stehen und Charthits zu produzieren?
Also ich schon! Aber was ist daraus geworden?
Nun fangen wir mal vorne an.
Ich hab ja eigentlich nie richtig Gitarre gelernt, trotzdem war ich so versessen darauf Musik zu machen, dass ich meinem Paps auf die Frage, was ich denn nach dem abgebrochenem Studium machen wollte, geantwortet habe:
"Ich will Musiker werden!" Der hatte dafür damals für mich unverständlicherweise keine Ermunterung auf Lager, im Gegenteil alles was ich erntete war ein missgünstiges: "Du biss bekloppt!"
Ich war aber so versessen, dass ich sogar mal eben schnell noch Bass gelernt hab, diesmal so richtig mit Unterricht, Notenlesen und Fingerübungen, weil ich dachte, dass ich mit meinen dicken Fingern wohl eher ein bässerer basist werde. Die Sache lief ja auch ganz gut an, ich lernte fleissig und übte , nur beim Notenlesen hab ich gepfuscht; irgendwann hab ich Franz Simandls Bass-Etüden auswendig gespielt.
Da war ich 25. Aber ich dachte mir: Junge in 5 Jahren haste das gröbste hinter dir und du kannst berühmt werden. Auch die Familie die ich zu diesem Zeitpunt gründete störte mich wenig in meiner geheimen Planung.
Ich spielte in Bands quer durchs Bett Metal, Blues , Soul, Schlager und Mundart. Und da beim letzteren ist mir wahrscheinlich irgendwann die Lust vergangen. Ich spielte also Bass in Einer Oldie-Schlager-Mundtruppe (manche sagen auch Karnevalsband) 3x die Woche Probe, und wir mussten die Beschallungen diverser Festivitäten zur 5.jahreszeit bei einem Verein übernehmen. Das hiess Sa und So spielen auf Galasitzung und Kindernachmittag, dann Damensitzung und Frühschoppen usw. Abends bis in die Puppen ca. 5Std lang und nachmittags wieder da stehen und dann in einem lausig kalten Zelt, wenn das nicht zum Abgewöhnen ist! Ganz zu schweigen von den vermurcksten "TäTäs" als Tusch!!! GRÄSSLICH!!!
Da schraubt man seine Ansprüche doch runter.
Und nu hab ich seit 3 Jahren eine Band in der ich wieder Gitarre klopp, wir proben nur einmal 2 std in der Woche (OK, vor Gigs machen wir meistens noch einen kleinen Wochenendtermin) und ich hab im März es erstemal vor 400 Leuten gespielt, und es hat Spass gemacht. Was will man mehr.
Ich bin jedenfalls runter von dem Trip und mit dem zufrieden was ich da habe. Schliesslich solls ja Spass machen !!!
Wie ist es euch denn so ergangen?
Erzähl mal inwieweit ihr euer Vorhaben habt realisieren können!

Aussenseitigst euer Alexius

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Doch, gedacht habe ich daran auch. Da war ich 17, gerade vom Gymnasium geflogen, in eine Lehre gegangen, aber schon Pläne gehabt, das Abi nachzuholen und dann doch noch an der Folkwang-Schule in Essen klassische Gitarre zu machen. Aber es ging bei mir nie um's Geld oder Berühmtwerden, davon hatte ich damals noch keinerlei Ahnung, und das war es auch nicht. Es war Mitte der Siebziger, und Rock-Musik hatte nix mit Geld und Ansehen zu tun. Das ist das Bild der aktuellen Genaration. Rock war Passion und Aufstand, Love and Peace.

Meine Eltern haben mich dann nach dem Fachabitur vor die Wahl gestellt: 'Was Anständiges' studieren, oder keinen müden Pfennig mehr und Rausschmiss. Da war ich 22, und da beugt man sich (manchmal) noch. Da war ich nicht konsequent.

Wenn ich es aber so im Nachhinein betrachte, und nach den vielen Gesprächen mit Profis (vom GIT :-)), professionellen Gitarrenlehrern und Schul-Lehrern und auch anderen Musikussen: ich würde heute auch niemandem mehr empfehlen, Profi-Musiker zu werden. 95% der Musiker leben entweder hart am Rande des Existenz-Minumums, oder halten sich gerade eingermassen über Wasser. Bei allem Herzblut, das mich die Musik kostet, ich weiss nicht, ob der äussere Druck nicht da auch vieles kaputtmachen kann.

Ich habe auch mal begeistert vor meinem IMSAI 8080 und meinem NASCOM gesessen. Heute kriege ich einen Vogel, wenn ich morgens in's Büro muss und träume schon in HTML ... :-))

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Hi Alexius,

: Mal Hand auf's Herz und ehrlich, wer von euch hat nie daran gedacht und sich gewünscht mit Mukke machen mal seinen Lebensunterhalt zu verdienen, auf der Bühne zu stehen und Charthits zu produzieren?

Klar, davon haben wir wohl alle geträumt. Inzwischen bezeichne ich das aber als Traum und bin mit meiner Realität als Einmal-die-Woche-Probender-und-einmal-im-Monat-Auftretender ganz zufrieden.

: Ich bin jedenfalls runter von dem Trip und mit dem zufrieden was ich da habe. Schliesslich solls ja Spass machen !!!

Ziemlich genau das kann ich von mir auch sagen.

: Wie ist es euch denn so ergangen?

Wichtige Weichenstellung: Ich nahm also gerade ein Jahr lang Unterricht bei Helmut und entwickelte mich prächtig. In dem einen Jahr deutlich mehr gelernt als in den zehn davor. Zu diesem Zeitpunkt fiel ich aufgrund bodenloser Faulheit und Arroganz (genährt durch gute Noten trotz minimalem Aufwand in anderen Fächern) zum zweiten Mal durch die Mathe-Klausur und ein WG-Kumpel zum dritten Mal. Bei uns war das so, daß man nach dem dritten Versuch noch eine Chance hatte, eine mündliche Nachprüfung zu machen und bei Nichtbestehen war das Studium dan gelaufen, Endeaus.

Unser Kumpel segelte durch die Mündliche, wir saßen in der Küche und er schaute nur mit feuchten Augen durch die Tür, schüttelte den Kopf und schlich in sein Zimmer. Der Sekt blieb in dieser Woche im Kühlschrank.

Das war für mich einschneidend genug, um nicht in die mündliche Prüfung zu wollen. Also mußte ich für meinen dritten Versuch in Mathe so gut vorbereitet sein, daß ich die Klausur locker schaffen würde - auch eine Frage des Selbstbewußtseins, welches in diesem Fall leider nur durch extremes Büffeln aufzubauen war. :-|

Das war dann diese Scheideweg-Position: Entweder ich werde ein guter Gitarrist mit der minimalen Chance, sowas wie ein Star zu werden (mein Gitarrenlehrer ist mindestens tausendmal so gut wie ich und erst jetzt, zehn Jahre nach dieser Story, erlangt er durch seinen Einstieg bei BAP die Bekanntheit, die ihm von seinen Fähigkeiten her schon längst zusteht). Oder ich werde ein guter Informatiker und ein leidlicher Hobby-Musiker, glücklich ohne Star-Ambitionen.

Dann hab ich mich halt für mein Studium entschieden, hab den Gitarrenunterricht auslaufen lassen, mich ein halbes Jahr hingesetzt und Mathe gepaukt und die Mathe-Klausur dann mit 1.3 bestanden, was natürlich schon wieder zuviel geübt war.

Ich habe diese Entscheidung bisher nicht bereut, denn so kann ich mich beim Musik machen auf das konzentrieren, was mir wirklich Spaß macht - denn ich muß mich nicht nach irgendwelchen Kommerzfuzzis richten usw.

Keep poddin'
Friedline6 (Reklame-Wochen)

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Tach meine Dame und Herren (Danke Friedlieb ;-))

Ich denke, ersma muß man da 'n Unterschied zwischen 'Star' und Berufsmusiker machen. Ein 'Star' muß ja nicht unbedingt ein Meister seines Fachs sein (wie wir ja an den Charts sehen ;-)), ein Berufsmusiker i.A. schon (d.h. derjenige, der Berufsmusiker werden will, sollte sich schon mal im Vorfeld erkundingen, was er können muß ;-)).

'Star' zu sein hat den großen Vorteil, daß man sich heutzutage nach ein, zwei Hits (mehr werden's ja eh nicht) zu Ruhe setzen kann, oder man wird Produzent, baut sich 'n Studio und bumst abwechselnd Verona und Naddel ;-)) SCNR

Und was hat ein 'Berufsmusiker' zu tun? Studiojobs (um davon Leben zu können, muß man wohl vorher Peter Weihe erschiessen ;-)), Aushilfe (zwei Monate gar nix, und dann 3 Angebote für den gleichen Abend), Unterricht (für die, die keine Tanzmucke machen wolen), Bücher schreiben (tut das C.B. nicht an ;-)), Show-/Tanzband (is noch die üblichste Variante)?

Was beiden Formen eigen ist: Man braucht um Star oder überlebensfähiger Berufsmusiker zu werden, mehr Glück (und Beziehungen) als es selbst Bayern München hat.

In meinem Bekanntenkreis befinden sich ja einige Profimusiker (richtige instrumentale Cracks) - da läufts dann ungefähr so: 3 Monate Musical (Little Shop of Horror in Koblenz), anschließend 3 Monate Unterricht und Aushilfe in 8 verschiedenen Bands, 6 Wochen-Tour mit Jennifer Rush, ein Studio-Job, anschließend 3 Monate VHS-Lehrer, usw.
Wohlbemerkt - diese ganzen Jobs (egal, ob Tour oder Unterricht) sind nicht angeflogen gekommen - dafür muß rumtelefoniert werden, Beziehungen müssen geknüpft werden, es müssen einige Stunden am Tag geübt werden (bei Jennifer Rush gibts keine Notenständer auf der Bühne) usw. usf.

Und von wegen 'Star' - meine Bandkollegen und ich standen vor etlichen Jahren ja mal vor der Entscheidung, die Jobs hinzuschmeißen. Glücklicherweise habe ich zu dieser Zeit in der Plattenfirma gejobt, bei der wir auch unseren Plattenvertrag haben/hatten (die Firma meint, er wäre noch gültig - wir nicht ;-)) - und dadurch hab ich die Dramen schnell genug mitbekommen.
Es lief ja 'ne Zeitlang auch hervorragend - massenhaft Gigs, bezahlte Fernsehauftritte etc. Dann gings plötzlich los - das PR-Mädel, das uns die guten Gigs besorgt hat, verließ die Firma, der Nachfolger war eher matt999 (SCNR), der Vertrieb ging vom einen auf den anderen Tag Pleite, deutsche Rockmusik wurde verboten usw.
Was ich damit sagen will - wenn man nicht das Glück hat, von heute auf morgen den Nummer-Eins-Hit zu landen, gibt es immer noch 'ne Vielzahl Faktoren, auf die man keinen Einfluß hat und denen es auch scheißegal ist, ob du als 'Profi' was zu kauen hast oder nicht.
(Ach so - wir haben alle unsere Jobs behalten.)

Also - ich will hier niemandem seinen Traumwunsch ausreden (hab ihn ja selbst mal gehabt) und schätzungsweise jeder 155453te Gitarrist schaffts ja schließlich ;-)) - aber man sollte sich auch aller Gefahren und Risiken bewußt sein, die das Leben als Profimusiker birgt (von eventuellen Handbrüchen, Sehenscheidenentzündungen, Krankheiten i.A. usw. abgesehen.)

So - genug der Miesmacherei - ich bewundere jeden, der es schafft, seinen Traum wahr werden zu lassen.

Gruß

OLy

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

: Tach meine Dame und Herren (Danke Friedlieb ;-))

Danke meine Herren ;-))

Trifft genau den Punkt, was du schreibst!
Ich bewundere auch jeden der es schafft seine Träume wahr werden zu lassen. Es gehört auch viel mehr dazu, als Glück und Beziehungen! Seine Träume bewußt machen...prüfen ob sie realisierbar sind und dann genau überlegen, wie man sein Ziel erreichen kann. Kleine Schritte planen und mit festem Willen und Selbstdisziplin diese Schritte verfolgen ....es auch tun!!!!

Am TUN scheitert meistens jeder Traum...jedeR will Verona kennenlernen...aber wer TUT es wirklich? Wenn man nur auf das Glück oder die Beziehungen hofft, wird diesen Traum sicher schwerer erfüllt bekommen als der, der dieses Ziel wirklich verfolgt...und so schwer ist es gar nicht sie kennenzulernen ;-)))

Gruß Saidy


Buddha′s Pfad der Erleuchtung...oder so ähnlich...

Hallo Saiters

Ich war vor etwa vor ungefähr einem halben Jahr an dem Punkt, wo ich mich für mein weiteres Leben entscheiden musste, was denn nun in nächster Zeit abgeht.
Eigentlich träumte ich während meiner ganzen Zeit im Gymnasium davon, Musik zum Beruf zu machen. Ich war ziemlicher Minimalist in der Schule und diese ganze Institution ging mir gewaltig auf die Eier...also studieren konnte ich mir nicht vorstellen, nicht für weitere 5 Jahre in eine Schule, niemals.
Doch plötzlich hatte ich im Januar 99 mein Maturitätszeugnis (Abitur) in der Hand, Schule fertig, dank geschickter Taktik vom Militär weggekommen, und überlegte mal ernsthaft, was ich denn wirklich wollte. Ich kam etwa zu folgendem:

Was ist geil an der Musik?
Konzerte, Bandproben, üben zuhause, Fachsimpeleien....

Was ist für mich ein guter Job?
Abwechslung, einmal im Ausland arbeiten, Kontakt zu Leuten, nicht am Existenzminimum leben wollen, gebraucht werden, breites Betätigungsfeld, interessante Arbeitsgebiete, Herausforderung, Dinge die mich interessieren, Ziele

Und als ich mir diese Fragen einmal ehrlich zu mir selbst für mich beantwortet hatte, war der Fall eigentlich klar für mich: Ich mache Musik als die geilste Nebensache der Welt, ich stehe unter keinem Druck, muss mich über keine Schüler nerven, die nicht üben wollen, spiele was ich will, habe nach wie vor Konzerte, Bandproben, und es macht mir Spass, zu üben. Und vielleicht werde ich ja doch noch Rockstar...
Klar, alle diese Sachen, die ich unter "interessanter Job" aufgelistet hatte, kann man auch als Berufsmusiker haben...aber die Realität sieht genau in 1 von 1000 Fällen so aus, die anderen haben sich längst aufgegeben oder leben in einer fiktiven Zukunft à la "irgendwann wird man mich entdecken" und zehren von ihren Jugendträumen.
Oder man hat von Anfang an den Wunsch, tatsächlich Lehrer zu werden, und hat Spass an dieser Tätigkeit...doch ich denke, die wenigsten, die ein Musikstudium beginnen, haben diese Absicht. Darüber hinaus bin ich auch nicht DER Gitarrist, auf den die Welt auch noch braucht...und Jimi hat doch auch nicht Musik studiert oder? Leute von Musikschulen tönen doch eh alle gleich... :-) *AUA!!!*

Mein Gott, und ich dachte, ich werde nie erwachsen...
Wenn ich diesen Text vor zwei Jahren gelesen hätte, hätte ich mir dafür eine gehauen... :-)

Gruäss

Silvio


Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Tach Alexius!

Klar handeln 50% meiner feuchten Träume von mir auf der Bühne von Wembley mit den Stones im Vorprogramm ...

Aber mit dem Profimuckertum halte ich das dann doch eher wie Brian May - der hat seinen Job als Grundschullehrer erst beim dritten Album aufgegeben, obwohl da schon ein gewisser Erfolg da war. In seinem Fall war's ja wohl die richtige Entscheidung ... aber zurück in die heutige Zeit: Da es ja ausweislich der Charts keinen Pfennig mit Talent oder guten Songs zu tun hat, ob man erfolgreich ist oder nicht (eher mit Marketing, glaube ich), brauchst du eine Menge Glück, um wenigstens mit einem Stück ein klein wenig Erfolg zu haben. Und dann hast du keine Ausbildung, wenn dein zweites Album vollkommen erfolglos ist. So geschehen bei Weezer (obwohl das zweite Album besser ist), so wirds bei Liquido laufen, und so lief's bei den ganzen Grungebands außer Nirvana und Pearl Jam, die ja irgendwie die ersten waren. Oder du hast eine kleine, aber treue Fangemeinde, die die pünktlich erscheinende neue Platte gleich am ersten Tag kauft, so daß du deine Miete bezahlen kannst, die du nicht zahlen mußt, weil du eh im Tourbus wohnst, weil's sonst nicht reicht ...

Better safe than sorry, sage ich mir da ... obwohl ... bei der Juristenschwemme könnte ich eigentlich auch Profimucker werden ...

Nos vemos en infierno, Pepe

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

: Am TUN scheitert meistens jeder Traum...jedeR will Verona kennenlernen...aber wer TUT es wirklich?

Darf ich jetzt auch eine Hass-Liste aufmachen? Verona steht ganz einsam oben ... knapp gefolgt von Claudia Schiffer ... :-))

Zurück zum Thema. Was mir so aufgefallen ist, ist das Auftauchen der Begriffe 'Erfolg', 'Star' etc. pp. Wieso ist es eigentlich immer so wichtig, dass das, was man tut, von so enormem Erfolg gekrönt ist? Klar will man anerkannt sein und geschätzt werden, aber ich meine so zwischen verschiedenen Zeilen gelesen zu haben, dass auch so eine sehr unrealistische Erwartung dahinter steht.

Zeitgeist?

N.D. Coffee


Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Tach Rainer!

Ich glaube, hier ging's ja irgendwie um Profimusiker. Und um von der Musik leben zu können, die du selbst machen willst (also nix Unterricht und Studiojobs), muß man relativ erfolgreich sein (Miete, neue Saiten etc. Mit Freundin sollten es dann schon die Top 10 sein ;-) ). Und davon träumen wir doch irgendwie alle. Erwarten tun wir's zwar nicht, aber die Hoffnung stirbt zuletzt ... nein, ernsthaft: Ich seh' zu, daß ich 'nen anständigen Job krieg, der es mir ermöglicht, nebenher Musik zu machen. Hier 'n Gig, da einer, mehr auch nicht. Wenn mehr, dann viel mehr, aber das ist dann doch unrealistisch.

Aber träumen wird ja wohl noch erlaubt sein ...

Nos vemos en infierno, Pepe

ND: Tee (aus'm "Kaffee-POD" ...)
NP: Stoppok, Leise

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Hi RainerB,

ich meinte in meinem Text das Leben im allgemeinen...es muß nicht der Traum vom Star sein...es kann schon der Job sein, den ich gern hätte...es kann das Erlernen eines Instrumentes sein...es kann eben auch das Kennenlernen einer bestimmten Person sein ;-) (vielleicht Boris Becker...um ein wenig zu provozieren *grins*)...du verstehst? Man muß es sich halt bewußt machen ob man das wirklich will...ob der Traum wahr werden soll und dann es auch TUN...das meine ich.
Viele Leute verlieren sich in Träumen und trauen sich nicht den Traum Wirklichkeit werden zu lassen oder kommen beim träumen gar nicht auf den Gedanken, daß er wahr werden könnte, wenn man an der Verwirklichung arbeitet und es auch wirklich will, schafft man es auch meistens...natürlich muß es realistisch sein.

Gruß Saidy

Darauf kommt es im Leben an

Hallo Saidy!


": Viele Leute verlieren sich in Träumen und trauen sich nicht den Traum Wirklichkeit werden zu lassen oder kommen beim träumen gar nicht auf den Gedanken, daß er wahr werden könnte"

Das ist wohl die Kunst im Leben - unterscheiden zu können, welcher Traum vielleicht zu vewirklichen ist und welcher nicht.

Es gibt dann Dinge, die auf den ersten Blick als leicht erreichbar erscheinen, aber schwer hinzukriegen sind (Sessions organisieren etc ;-)) und andere Dinge die zuerst unnerreichbar erscheinen werden schneller wahr als man denkt.

Gruß
Bernd



Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Hi Alexius und alle anderen an diesem Thread Beteiligten

Tja, wie war das? So mit zwölf, dreizehn fragte ich meine Leute schon mal nach 'ner Gitarre. "Du bist nicht musikalisch!!!!" hieß es (ja - vier Ausrufezeichen - haben mich gleich richtig niedergemacht, die Herrschaften); heut' weiß ich, daß die Leute bloß keinen Krach haben wollten und sowieso einen Musikverstand wie Arsch und Friedrich besaßen.
Mit achtzehn, am Tag der ersten schriftlichen Abitur-Arbeit, bekam ich dann doch meine früher mal erwähnte Otto-Versand-Gitarre für 85,60 DM oder so.
Vier Jahre später fuhr ich mit einem Kollegen zusammen und hatte eine Cassette im Autoradio, auf der auch ein paar Aufnahmen von mir waren. Fragte der mich: "Bist du Musiker?" Ich stockte erst und antwortete nach einer Denkpause: "Ja, eigentlich schon ..."
Ich schrieb Songs und dachte insgeheim immer: naja, nicht unbedingt hitverdächtig, aber auch nicht schlechter als manch' anderes Zeug. Aber ich dachte auch immer, wenn mich Freunde fragten, ob ich das nicht im größeren Stil machen wolle: wie nun, wenn mir nix mehr einfällt? Ich brauch' 'ne gewisse Sicherheit im Leben und kann nicht nur immer darauf hoffen, daß mir was einfällt und, vor allem, daß die Leute das auch weiterhin mögen.
Heut' weiß ich, daß ich sicherlich gewaltig eingebrochen wäre, denn es war noch die Liedermacher-/Songwriterzeit, in der jeder, der 'n paar Akkorde beherrschte, im Zeitgeist auch erfolgreich sein konnte.

1986 mein erster Computer, einer mit Schwerpunkt auf Musik, von Yamaha. Ein E-Piano im Jahr darauf und 1988 mein Atari 1040 STF und der neue Yamaha DX7-II - Mike Oldfield war angesagt (ja, ich war auch hier ein Spätzünder)! Twenty Four, 1992 Cubase, D100, U220 - aber die Studiotechnik und das Mixen waren meine großen Probleme. Heut' weiß ich auch, daß das alles eigenständige Berufe sind.

In dem Bedürfnis, besonders wegen meiner Musik gemocht zu werden, träumte ich immer insgeheim von meinem Auftritt, nur ich konnte mir nie sicher sein, daß auch die Leute da sind, die das mögen. Ich konnte es auch nie ausprobieren, denn ich hatte zuwenig Zutrauen zu meiner "Kunst" und zu viel Mißerfolgs-Angst. Und damit blieb dann auch die Kreativität auf der Strecke.

Die Story bleibt unvollständig, offensichtlich habe ich es immer noch nicht aufgegeben. Richtig in's Profi-Geschäft einzusteigen kann ich mir kaum vorstellen (nicht nur wegen meines Alters, was ja eigentlich nicht viel heißen will), denn heutzutage zählt ja nur noch die Fähigkeit der Marketing-Strategen. Du kannst so gut sein wie du willst - wenn du's nicht an den Mann bringen kannst, nutzt es dir zum Leben einen feuchten Scheiß. Von einer "musikalischen Botschaft", von der "Kunst" ganz zu schweigen.
So gewinne ich zur Zeit wieder Zuhörer im ganz kleinen privaten Bereich, nur mit der Akustischen, mit dem Banjo, meiner Lapsteel-Guitar und ich spüre unmittelbar, wie sie es mögen. Gewünscht hatte ich mir sicher irgendwann mal die Gruga-Halle als Auditorium, aber da klatschen sie alle oder sie grölen oder pfeifen. In diesem kleinen Kreis kann ich mich mit den Leuten direkt über die Musik unterhalten.

Musik machen zum davon Leben ist heute ähnlich einem Lottogewinn. Und selbst wenn's klappen sollte - wenn ich Musik machen m u ß , um leben zu können, ist es dann immer noch das, was ich machen w i l l ? Sicher ist so gut wie nichts "ideal", aber ich möchte nicht enden wie ein Reinhard Fendrich oder Mike Krüger, die irgendwelche Spielshows und ähnliche Kacke machen, um im Geschäft zu bleiben.

Unter'm Strich bleibt für mich derzeit folgendes übrig:
Rock 'n Roll I gave you all the best years of my life (zumindest zeitweise!), aber ganz sicher weiß ich jetzt eines:

Music was my first love and it'll be the last,
Music of the future 'n music of the past.
To live without my music is impossible to me
'Cause in this world of trouble my music sets me free.

Ich habe meinen Beruf als Auskommen, aber nichts würde ich lieber tun als Musik machen und davon leben zu können. Aber ich weiß nicht, ob ich dann noch sagen könnte: "... my music sets me free."

Greetings to all of you
Hans-Jürgen
(nicht zu vergessen für die nächste Session: quietschjaulrückkoppelfiepverzerr !)

Re: (Philosophie) Die Steine auf dem Weg

Tach Rainer,

Dein Dank tut mir gut!

: "Wenn Du in der Gruga-Halle auftrittst: sach' Bescheit. Ich parke dann in meiner alten Garage in der Hans-Luther-Allee (am Präsidium) ... ;-)"

Logo! Mein eigener "Maschendrahtzaun" kam bei der letzten Weihnachtsfete tierisch an und bei John Denvers "Christmas For Cowboys" auf'm Banjo waren die Leute ganz weg - die Lage ist also nach wie vor beschissen aber nicht hoffnungslos!
Kenn' die Gruga-Halle nur als Hochburg des Rockpalast - soll ich's drauf anlegen? Why not ...!

Die Hauptsache - love music and play it!
Hans-Jürgen

(Filosofie) Wann ist man musikalisch?

Hi Jochen,

: Tja, wie war das? So mit zwölf, dreizehn fragte ich meine Leute schon mal nach 'ner Gitarre. "Du bist nicht musikalisch!!!!" hieß es (ja - vier Ausrufezeichen - haben mich gleich richtig niedergemacht, die Herrschaften); heut' weiß ich, daß die Leute bloß keinen Krach haben wollten und sowieso einen Musikverstand wie Arsch und Friedrich besaßen.

Hier hake ich mal ein. Muß man zum Gitarristen geboren sein? Muß man zum Klavierspielen geboren sein? Natürlich muß man das; wenn man nicht geboren ist, kann man nicht Klavier spielen. Und das ist ernst gemeint.

Ich stelle die Behauptung auf, daß es allenfalls eine Disposition dazu gibt, ein talentierter Musiker zu werden oder sein. Aber Ob aus dem talentierten Anfänger nun ein Steve Vai wird oder nur ein Friedlieb Jung-Merkelbach, hängt (so meine provokante These!) in erster Linie davon ab, was, wie und vor allem wie viel man übt. Ich glaube, ein Teil des Talents besteht auch darin, daß man die Gabe besitzt, sich zusammenzureißen und diszipliniert zu üben.

Nicht daß ich meine, daß zwei Leute, die genau gleich viel und genau das gleiche üben, nachher auch genau gleich 'gut' spielen können, aber eine gewisse funktionale Abhängigkeit zum Einsatz sehe ich schon.

Fiep jaulin'
Friedlick (Solo-Wochen)


Re: (Filosofie) Wann ist man musikalisch?

Tach Peaclov (wann kommen die englischen Wochen? :-) )!

Einspruch.
Sicher wirst du besser, je mehr du übst, aber ich glaube, daß es bei jedem Menschen so eine Art musikalische Grenze gibt, die nicht durch Üben überschritten werden kann. Diese Grenze liegt nicht im technischen Bereich, sondern im ... naja ... musikalischen.

Wie jeder weiß, gibt es Flitzefingergitarristen wie Sand am Meer; die spielen dann in irgendwelchen Proberaumpalästen (ausrangierte Bunker etc.) in mehr oder minder talentierten HardRock-/Metal-Bands (AckerAckerAckerAcker ...). Von denen würde ich ca. 10 % als musikalisch bezeichnen, d.h. sie sind in der Lage, mit ihrer jahrelang antrainierten Technik auch was rüberzubringen. Und dieses Gefühl für Musik kannst du nicht üben. Die einen haben mehr davon, die anderen weniger.

Beispiel: Das Solo von "I Could Have Lied" von den Chili Peppers kann selbst ich einigermaßen spielen, soll heißen, es ist technisch ziemlich anspruchslos. Trotzdem sagen die meisten Musiker, die ich kenne, daß es eins der schönsten Soli ist, das sie kennen. Vielleicht schaffen es einige der Flitzefingergitarristen es nicht einmal annähernd, das Gefühl hinzukriegen.

Noch'n Beispiel: Ich mag den guten alten 70er Punk aus London. Guns'n'Roses offenbar auch, und so nahmen sie seinerzeit eine Coverplatte auf. Ich tat nun den großen Fehler begehen, mir diese Platte zuzulegen, zumal G'n'R ja nicht gerade als die schlechtesten Musiker gelten. Aber glaubst du, daß auf der ganzen Platte auch nur ein Fitzelchen Punk zu finden war? Slash & Konsorten haben es nicht geschafft, dreckig und daneben zu spielen! Das soll jetzt natürlich nicht heißen, daß alle Punks die größten Musiker wären, Gott bewahre ...

Verwirrter Rede kurzer Sinn: Musikalität ist die Fähigkeit, seine Gefühle/Gedanken so aufs Instrumentenbedienfeld zu übertragen, daß die Zuhörer möglichst viel von den Gedanken/Gefühlen mitkriegen. Technik, die man durch Üben kriegt, hilft dabei, aber das Musikgefühl ist unersetzlich. Ich vergleiche das mal mit dem Witzeerzählen: Du kannst so viele Brüller kennen, wie du willst, aber wenn du sie nicht erzählen kannst, hilft's nix.

Nos vemos en infierno, Pepe

NP: Catatonia - My Selfish Gene (International Velvet)

Re: (Filosofie) Wann ist man musikalisch?

Hi Pepe,

: Tach Peaclov (wann kommen die englischen Wochen? :-) )!

frühestens, wenn keiner mehr damit rechnet. ;-)

: Einspruch.

Gut. Dann kann das ja ein interessanter Thread werden.

: Sicher wirst du besser, je mehr du übst, aber ich glaube, daß es bei jedem Menschen so eine Art musikalische Grenze gibt, die nicht durch Üben überschritten werden kann. Diese Grenze liegt nicht im technischen Bereich, sondern im ... naja ... musikalischen.

Das hast Du hervorragend ausgedrückt. Das könnte gut sein, daß es sowas tatsächlich gibt. Bei mir ist diese Grenze übrigens im Fleißbereich. Während meiner heißesten Phase habe ich drei Stunden täglich geübt, jetzt bin ich bei im Schnitt 15 Minuten konzentriertem Üben. Darüber hinaus spiele ich natürlich auch noch so ein bißchen dies und das. Das ist meine Grenze, die ich aus Faulheit und Zeitmangel nicht überschreiten kann...

: Wie jeder weiß, gibt es Flitzefingergitarristen wie Sand am Meer; die spielen dann in irgendwelchen Proberaumpalästen (ausrangierte Bunker etc.) in mehr oder minder talentierten HardRock-/Metal-Bands (AckerAckerAckerAcker ...).

Und in Musikläden, sehr laut, während man gerade versucht, die Nuancen zwischen zwei Boxen rauszuhören. ;-)

: Beispiel: Das Solo von "I Could Have Lied" von den Chili Peppers kann selbst ich einigermaßen spielen, soll heißen, es ist technisch ziemlich anspruchslos. Trotzdem sagen die meisten Musiker, die ich kenne, daß es eins der schönsten Soli ist, das sie kennen. Vielleicht schaffen es einige der Flitzefingergitarristen es nicht einmal annähernd, das Gefühl hinzukriegen.

Gefühl ist ein gutes Stichwort. Was hat Gefühl mit Technik zu tun? Wieviel Technik braucht man, um Gefühl ausdrücken zu können? Wieviele technische Mängel kann man mit der "Ausrede" Gefühl ausbügeln? Gerade das von Dir benannte Solo kommt mir vor wie absichtlich un-perfekt gespielt. So dieser Neil-Young-Effekt. Das Solo von Like a Hurricane ist auch so eins. Total viel Gefühl, und scheiß auf die Technik. Ein weiteres Beispiel ist das Solo von Easy von den Commodores. Unheimlich schöne Melodie, obwohl total einfach. Die Cover-Version von Faith no More bringt dann das ganze nochmal ne satte Ladung dreckiger. Einfach toll.

: Noch'n Beispiel: Ich mag den guten alten 70er Punk aus London. Guns'n'Roses offenbar auch, und so nahmen sie seinerzeit eine Coverplatte auf. Ich tat nun den großen Fehler begehen, mir diese Platte zuzulegen, zumal G'n'R ja nicht gerade als die schlechtesten Musiker gelten. Aber glaubst du, daß auf der ganzen Platte auch nur ein Fitzelchen Punk zu finden war?

Du meinst den Spaghette-Zwischenfall? Die hab ich auch, und ich finde sie gut. Gerade dieses Since I don't have you. Ich gebe Dir recht, daß es keine Punk-Platte ist; mich stört das aber nicht. Muß ja auch keine sein, um zu gefallen.

: Verwirrter Rede kurzer Sinn: Musikalität ist die Fähigkeit, seine Gefühle/Gedanken so aufs Instrumentenbedienfeld zu übertragen, daß die Zuhörer möglichst viel von den Gedanken/Gefühlen mitkriegen.

Schön gesagt.

: Technik, die man durch Üben kriegt, hilft dabei, aber das Musikgefühl ist unersetzlich.

Ist es nicht so, daß man auch Musikgefühl durch Üben erlangen kann? Durch viel Üben? Oder braucht man die Technik nur, um das Gefühl freisetzen zu können? Also ich hab zumindest sehr viele musikalische Ideen, die ich aber nicht umsetzen kann, weil mir das technische Können dazu fehlt.

: Ich vergleiche das mal mit dem Witzeerzählen: Du kannst so viele Brüller kennen, wie du willst, aber wenn du sie nicht erzählen kannst, hilft's nix.

Stimmt. Ich persönlich erzähle eh nicht gerne Witze von der Stange. Das ist für mich wie Humor nach Kochrezept. Ich höre mir gern Witze an, aber ich finde, daß Humor mehr ist als das Nacherzählen witziger Dinge, die sich jemand anders ausgedacht hat. Vielleicht ist es mit der Musik genauso...

Fiep jaulin'
Friedlick (Solo-Wochen)