Liebe Gemeinde,



es geht mir gut, denn ich habe eine neue Gitarre, ...

... und es geht mir schlecht, denn ich habe so viele alte und nicht-mehr-ganz-neue Gitarren, die in meinem derzeitigen Leben ohne echte Funktion sind. Seit Monaten nerve ich alle Leute in meinem Umkreis mit Sätzen wie: "Ich verkauf sie." Dann kurze Pause. Dann: "Lieber doch nicht". Nach einer weiteren Pause: "Soll ich sie verkaufen?" Und wenn keine Antwort kommt: "Was meinst du?" (Eine eigentlich völlig untypische Frage für mich.) Und immer so weiter. Wenn ich Albträume habe, dann geht es meistens um irgendeine funktionslose Gitarre, die mich als eifersüchtiger Zombie verfolgt, weil ich sie schon drei Monate nicht mehr angefasst habe. Ich räume sie aus dem Koffer, damit ich mal damit spiele, dann räume ich sie wieder ein, damit sie nicht verstaubt, und immer so weiter.

Alle zwei Tage natürlich zu Ebay mit dem festen Vorsatz, jetzt endlich mal ein paar Angebote einzustellen. Aber wenn ich dann in die Eingabemaske komme, kriege ich schon wieder ein schlechtes Gewissen. Dann denke ich, ich behalte sie doch lieber, und überhaupt: der ganze Stress mit dem Verpacken und mit den Photos und dem Verschicken ....

So, und nun hatte ich eine glorreiche Idee: Ich habe mir gedacht, ich gehe den goldenen Mittelweg und packe sie auf den Speicher. Ich verkaufe nicht, räume mir die Klampfen aber trotzdem aus den Augen. Da oben sind nun drei Gitarren gelandet, eine vierte wird wahrscheinlich folgen, und es geht mir, wenn ich daran denke, schlechter als vorher (ich denke allerdings nicht mehr so oft dran, weil ich sie nicht mehr so oft sehen muss).

Die Idee, die ich damit verbunden hatte, war ungefähr: "Man weiß ja nie, was man an einer Gitarre noch mal finden wird .....". (Aber das ist ein ziemlich maues Konzept, denn mit dieser Begründung könnte man jede Gitarre auf der Welt kaufen, ganz egal, ob bei Ebay oder im Laden.) Daneben dachte ich noch, der Speicher sei ein prima Ort für wertvolle Gitarren, denn man liest ja schließlich ständig von irgendwelchen 50er-Jahre-Gitarren, die 25 Jahre auf dem Speicher verbracht haben und jetzt 50Tausend Euro wert sind ...

Jetzt stehen da oben also eine wundervolle Epi-Korina-SG limited, die in der Eifel dabei war und die ich mal geliebt habe (und immer noch liebe, aber so wie man eine eine Ex-Freundin liebt, wenn man zu viel Alkohol getrunken hat). - Eine grüne Starfield, die mal meine Haupt-Auftritts-Gitarre war, auf meine erste AS-Session mitdurfte und sogar einen wundervollen Staufer-PU drinnen hat. Und schließlich eine pinkfarbene Ibanez Pro Line von 1985 mit FR, die mal das einzige war, was ich als Gitarre besessen habe, und auf der ich so ziemlich alles gelernt habe, was ich spielen kann.

Auf dem Speicher wird es, nebenbei bemerkt, ganz gut warm im Sommer. Ich will gar nicht wissen, was da oben mit den Klampfen passiert. Wenn der Speicher einen Schlüssel hätte, hätte ich den weggeworfen.

Wenn dieses hier ein Lebenshilfe-Forum wäre, wäre meine Frage: Was soll ich tun?


Herzlichen Gruß,

Michael (J.)

Hallo Michael,

mache es wie ich: Verkaufe und schaffe anderen damit Probleme. ;-))

Im Ernst, nimm auf die nächste Session einfach ein oder zwei Gitarren mit und lege sie auf den Trödeltisch. So weißt Du sie späterin guten Händen und dein Gewissen ist beruhigt. Es hat ja wohl keine Eile.

Und noch was: Vor der langen Lagerzeit bitte die Saiten entspannen, der Hals wird es danken.

Gruss und viel Spaß mit der neuen,

Juergen

hallo michael!

gib sie doch einfach als dauerleihgabe an junge, talentierte aber völlig mittellose gitarristen!

evtl. mit der auflage, jedes jahr für eine verlängerung vorzuspielen oder so...

oder überhaupt einfach immer nur für ein jahr mit festem rückgabedatum verleihen...

alle deine genannten gitarren haben ja eine eigene, mit dir verbundene geschichte. für immer weggeben scheidet also aus, du würdestr dich immer ärgern.

auf dem speicher kaputt gehen lassen wird dich auch ärgern.

und wenn sie bei dir in der wohnung im weg rum stehen, ärgern sie dich auch.


also sorge doch einfach dafür, dass sie dir wieder freude bringen, nämlich indem sie anderen freude bringen.


...und wer weiß, irgendwann hat dann jede gitarre wieder eine neue geschichte, vielleicht verschenkst du sie dann viel viel später sogar an einer der dauerausleiher, wer weiß das schon?

aber auf jeden fall sind gitarren, die gespielt werden irgendwie sinnvoller als gitarren auf dem speicher!

just my 2 cents,
gruß martin

Hi Michael,

: Was soll ich tun?

lass mich Dein Speicher sein!

Im Ernst, wenn Du die Ibanez mal verkaufen willst, so wirklich richtig, dann sag mir vorher eine Zahl und wir reden drüber.

Keep rockin'
Friedlieb

Lieber Michael,

der Ansatz von Martin gefällt mir. Ich würde es anders machen:
es gibt ja handfeste Gründe, warum du die erwähnten Gitarren nicht mehr spielst (Nummer vier ist die Parker, oder?).
Eigentlich ist die Geschichte damit ja zu Ende. Mir ist der gedankliche Aufwand in so einer Situation irgendwann schlicht zuviel
(soll ich, soll ich nicht) und ich trenne mich von Gegenständen. Es ändert ja nichts an den schönen Erinnerungen.

Herzliche Grüsse, Michael

Lieber Michael.

(und immer noch liebe, aber so wie man eine eine Ex-Freundin liebt, wenn man zu viel Alkohol getrunken hat).

Zuerstmal Danke für diesen schönen Satz, der mir meinen Tag in meinem drögen und ob der Zeit (Freitagnachmittag an der Uni) menschenleeren Büros ein wohliges Schmunzelgefühl verschafft hat.

Zu Deinem Problem:
Mein erster und wichtigster Rat: VERGISS EBAY!
Ganz egal, was Du mit den Gitarren machst, ich wage frech zu behaupten: Stellst Du sie ins ebay rein, dann wirst Du nicht glücklich. Denn einmal reingestellt bist Du gebunden und schließt automatisch mit jedem (im zweifelsfall gar blöden) Menschen einen Kaufvertrag, dessen Betrag nicht mal Du selbst festlegst. Dann hieße es wahrscheinlich 10 Tage bangen und dann adieu, ab in den Karton und zu unbekannte Ufern.
Das ist, zumal Du ja irgendwie an den Gitarren hängst, doch echt keine schöne Vorstellung, oder?

Ich finde den Vorschlag von martin eigentlich am Schönsten.
Ich hätte Dir geraten: Überlege Dir einen fairen Preis, setze Sie in die Secondhandbörse und verkaufe sie dann nur, wenn Du einen netten Kontakt zu einem sympathischen Interessenten hast.
Wenn Du dann aber doch noch Magenschmerzen bekommst, während Du solche Sachen wie Bezahlung, Versand etc. mit einem potentiellen Käufer besprichst, kannst Du immer noch ne Mail schicken: "Sorry, meine Gitarre hat mir gesagt, dass sie bei mir bleiben will. Nix für Ungut."

Das wäre meiner Meinung nach ein schöner Mittelweg und wenn Du sie dann nämlich behalten willst, dann haben sie auch einen Platz an der Wand verdient. Gitarre auf dem Speicher macht meiner Meinung nach wenig Sinn.
Im schlimmsten Fall würdest Du nach dem vierten Rieslingschorle nur denken: Oh mein Gott, meine geliebte Exfreundin Korina verstaubt auf dem Speicher ;)

Nur so meine bescheidenen gedanken zu Deinem Dilemma

Helge

Hi Michael,

die Gitarren, bei denen Liebe im Spiel ist oder war oder an denen prima Erinnerungen hängen, würde ich immer behalten, sofern mich keine Not dazu zwingt, sie zu verkaufen, denn irgendwann ärgert man sich doch, sie verkauft zu haben. Aber die Dinger auf einen im Sommer überhitzten Speicher zu verfrachten, halte ich für Frevel! :-)

Nee, nee, mok dat nich, mijn Jung! :-))

Beste Grüße
Benne

Hallo Michael,

hier stand mal ein längerer Text. Den hab ich gelöscht und einen noch etwas längeren geschrieben. Den hab ich dann auch gelöscht. Der Tenor beider Texte war ziemlich einfach:

Bei Licht betrachtet, lassen sich diese mittelklassigen nullachtfuffzehn-Industriegitarren im Bedarfsfall recht schnell ersetzen. Und selbst der Bedarfsfall tritt bei Besitzern guter Gitarren sehr selten ein.

Also weg damit.

Ob als Dauerleihgabe oder in die Secondhandbörse oder zu ebay.

Gruß

erniecaster

Musikinstrumente sind dazu da, gespielt zu werden!
Die Idee, die auf den Speicher zu schieben, finde ich graesslich. Mal abgesehen davon, dass es dort klimatisch nicht zu toll sein wird fuer die Gitarren - eine Gitarre muss gespielt werden. Verkauf sie, verschenk sie, verleih sie - aber schiebe sie nicht in den Schrank, bitte!

Die Epi koennte ich Dir abnehmen, Du haettest Vorkaufsrecht falls ich sie nicht mehr haben wuellte, und Du duerftest sie immer ausleihen, wenn Du in Wales spielst!

Such Dir ein paar arme, strebsame junge Musiker, die sich keine gute Gitarre leisten koennen, und druecke sie denen in die Hand als Leihgabe. Damit tust Du gutes fuer die Musik & den Nachwuchs und die Gitarre auch, denn Gitarren sollen gespielt werden, dazu sind sie da! Sonst verlieren sie doch ihren Ton!

Speicher: non!
ullli

Lieber Michael,


: ... (Nummer vier ist die Parker, oder?)

You name it.

Allerdings ist die Parker nicht richtig funktionslos, sondern sie hat noch ein Optik-Plus, das ich im Augenblick nicht aus der Hand geben möchte.

A propos Optik. Von unserem letzten Auftritt haben ungeheuer viele Menschen ungeheuer viele Photos gemacht. Ich war ganz erstaunt, als ich am Tag nach dem Konzert plötzlich lauter Emails mit insgesamt 300 Bildern bekommen habe. Nun gibt es da diese Seite "flickr.com"; da diskutieren Photographen über Kameras, und unter anderem ist da ein Photo vom Theatron gelandet. Die Kommentare sind so ähnlich wie bei einem Aussenjam: " ... a demonstration of what the YE35 can do with it's great f1.7 lens. Ich glaube ja, dass das Photo noch etwas stimmiger wäre, wenn ich zu diesem Zeitpunkt noch die Parker umhängen gehabt hätte.

Aber was die Trennungs-Idee betrifft, könntest du recht haben. Matthias hatte ja gerade dieses nette Zitat eingestellt: "Nimm Abschied und gesunde."


Herzlichen Gruß,

Michael

Ähem,

neulich hast du geschrieben, dass du immer Recht hast.
Hier muss ich dir aber widersprechen: was dieses wirklich grossartige
Foto auszeichnet ist die Tatsache, dass ein richtiger Gitarrist eine richtige Gitarre spielt.
Die Parker ist keine richtige Gitarre (aber das weißt du ja).

Grüsse, Michael

Hi Michael,

verkaufen (und wegschmeissen) macht nicht nur Platz, sondern räumt auch die Seele auf. Ich habe keine Hemmungen mehr zu verkaufen, was ich nicht wirklich brauche. Und zwar weil ich für mich festgestellt habe, dass das im Nachhinein meist richtig befreiend wirkt.

Gruß Diet

Hallo!

Das Problem an den Foto ist nicht, dass die Gitarre nicht die Parker ist.

Das Problem ist, dass die Gitarre zu hoch hängt.

Gruß

Matthias


P.S. Und es scheinen Potis zu fehlen. Das sieht so doof aus wie bei einem Fünfsaiter-Bass aus den 80ern mit aktiver Elektronik...