(Pythagoräisches Koma) Eine E-Gitarre klingt eigentlich nicht (in der Praxis tun sie es aber (leider)).


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Beitrag von bO²gie vom November 21. 2002 um 00:43:36:

Aloha,

einst, im Pythagoräisches Koma, hatte ich eine fiebrige Fantasie. Ein junger Mann klopft an meiner Tür und bevor ich ihn fragen konnte ob wir über Gott sprechen können, erhob er seine Stimme und das Unheil nahm seinen Lauf:

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"Da ich Metal nur mal so zum Spaß zwischendurch spiele und ansonsten eher so 80-er Jahre High-gain-zeugs mache (Marillion, Pink Floyd, etwas Genesis) habe ich nur den Steg-PU durch einen "Hot-Rod" oder so von Seymour Duncan ersetzt. Aber wie gesagt, ich hab schließlich auch einiges für meinen HotRail (jaja ich weiß ! Kleiner Verwechsler) gelöhnt und es nicht unbedingt bereut, ich hätte ihn ja selbst wickeln können...;-). Trotzdem sagt die Vernunft, daß das hoffnungslos im 100%-Bereich zuviel Geld für so ein bischen Stahldraht ist...

Der Instrumenten-Sound kommt nicht vom Holz, sondern NUR (!) von den Saiten. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, daß es häufig doch Einflüsse gibt, besonders beim Bass und da wiederum fast ausschließlich vom Hals. Ich steh da ziemlich alleine da, das weiß ich mittlerweile. Ich fühle mich aber durch praktische Versuche bestätigt Du weißt schon, was ich meine: Zwei Singelkeulen mit Isolierband drumherum ;-)))

Wenn man eine E-Gitarre halbwegs perfekt konstruiert, d.h. den Korpus aus festem besser gesagt 'nicht schwingungsgfähigem' (akustisch passivem) Material fertigt und dann auch noch einen ebensolchen Hals dranschraubt, bezeichne ich die E-Gitarre als IDEAL, d.h. der unverstärkte 'sound' identisch mit Schwingungen kommt NUR von den Saiten. Diesen grundgedanken eines idealen Instrumentes hatte auch Leo Fender mit seiner "The Log" (Klotz)*. Das war sagen wir mal eine Art Hartholz-Dachbalken, auf dem die Saiten gespannt waren. Der Korpus außen hatte nur noch optischen Wert.

[*Anmerkung der Redaktion: Solch, nicht ganz historisch korrekte, Ausrutscher können im Eifer des Gefechts schon mal passieren. "The Log" oder "The Plank" ... nicht so wichtig, den wie lernen wir später? "Eine E-Gitarre klingt eigentlich nicht (in der Praxis tun sie es aber (leider))."]

Schließ mal eine halbwegs ideale E-Gitarre an einen HIFI-Verstärker und dann an einen guten Gitarrenverstärker mit Röhren. Schon die erste ECC83 macht bei "Clean" ein Klirrspektrum von bis zu 30%, ungelogen !!! (selbst gemessen). Im Gegensatz zu HIFI machen unsere Verstärker erst den Sound. Deswegen liegen auch Welten zwischen MESA BOOGIE und MARSHALL, RIVERA und FENDER.

Und der Hals meines Basses schwingt bei bestimmten Tönen besonders stark (deathspot-Kandidaten, aber auch nicht wirklich bei mir). Und das interessante ist, daß man das sogar experimentell nachweisen kann: Stichwort Flageolets! Es sind sogar alle Töne der Tonleiter enthalten, einschließlich der Sekunde. Ich will aber nicht rumposen damit, ich könnte das heute auch nicht mehr lückenlos aus dem Kopf aufschreiben ;-). Der Klang der ideal eingespannten Saite kann also nur dadurch beeinflußt werden, daß infolge Resonanz eine frequenzabhängige, mechanische Gegenkopplung durch in der Praxis unperfekte Starrheit der Einspannung verursacht wird.

Ich bin völlig Deiner Meinung, will aber zum Anfang Deiner Antwort folgendes anmerken, weil Du fast auf dem
richtigen Trichter bist: Ich bin der Meinung wie Du, daß die Gesamtkette nicht ideal sein DARF (!!!), um gut zu klingen. AAAABER: Die E-Gitarre muß IMHO (annährend) klingfrei=verfälschungsfrei sein, denn der SSSOOUUUNNDDD wird erst im verstärker/Effektgeräten geformt (durch die haarsträubende Un-HIFI-Charakteristik !!!). Schon der erste Tone-regler kann nur dann Höhen dämpfen, wenn vorher welche da waren... Und der Verstärker bringt verzerrt nur dann Tiefen, wenn welche von der E-Gitarre kommen, sonst kann er keine erzeugen. AAAAber: Höhen kann der verstärker erzeugen, auch wenn keine von der E-Gitarre kommen, denn die Verzerrung ist Begrenzung=Rechteck-Umformung (bei Röhre viel komplexere Vorgänge als bei Transistor, deshalb Röhre so beliebt).

Eine E-Gitarre klingt eigentlich nicht (in der Praxis tun sie es aber (leider)), denn sie hat NUR schwingende Saiten und einen magneto-elektrischen Wandler. Der Korpus sollte keinen haben, wenn er es tut, pfeift es, wie es bei Halbresonanzgitarren der Fall ist, die eine gewisse Zwischenstellung einnehmen, wie auch die Paula.

Aber Manowar - die kenn ich nur vom Namen. War'n das nicht Poser, wie Europe oder Winger ??? Schlüssige Gegenargumente zu meinen Auffassungen: Fehlanzeige! Dann wird eben alles (mit Worten) kaputtgekloppt, wie in einer Anarchie, ohne Toleranz oder differenzierte Diskussionen. Na, wenigstens mal einer, der nur lacht und mir nicht virtuell eine aufs Maul hauen will !!! ;-)

Ich will mich auch kurz fassen: JA ICH glaube, daß eine E-Gitarre umso besser ist, je 'härter' die beiden Einspannpunkte für die Saiten sind. Aus Marketinggründen wurden diese Dinge auch auf die elektrischen Instrumente übertragen und deshalb konnten sich auch so geniale Konstruktionen wie z.B.kunstfaserverstärkte Hälse letzlich nicht auf breiter Ebene durchsetzen. Auch Modulus und Status baun jetz wohl wieder mit Holz ?? Na, bin nicht so sicher jetzt.

Eine Spitzen-E-Gitarre ? Das Material und die Konstruktion müssen so beschaffen sein, daß sich die Saitenschwingungen möglichst ohne Korpuseinfluß entfalten können. Also der Korpus bei nicht durchgehendem Hals massiv (Holz, Sperrholz, auch 'Luthite', ein neuartiger, dichter Kunststoff, von mir aus auch Beton, wers mag ;-) Diese Idee werden aber die wenigsten lange halten können. Ich versuche eigentlich immer, mir mein eigenes Erklärungs-Konstrukt zu bilden, wobei ich mich dabei offen und unvoreingenommen umschaue und nicht gleich etwas als "Mist" abtue, was mein bisheriges Konstrukt ins Wanken bringt oder was ich nicht verstehe. Es gibt allerdings auch Extremfälle, wo man sofort erkennt: Das kann nicht stimmen.

Was meinen Stand betrifft: Nun, ich denke, daß ich bisher zwar viele verschiedene Grundsounds reproduzieren kann, aber es ist meinem Empfinden nach alles "70%". Ich hab aber nur eine E-Gitarre und zwei grundverschiedene Bässe. Es gibt Tage, da mache ich Musik, dann wieder nur Technik. Ich versuche, viel zu probieren, leider wirft das Brötchenverdienen so manche Idee durcheinander, weil man einfach mehr Zeit im Labor verbringen müßte.

Soweit zu den 50-ern und den frühen Beatles... Du hast hier absolut Recht ! Keiner konnte damals ahnen, wohin die Reise geht. Aber erzähl das mal den Gitarristen, die danach kamen und mit den multi-Möglichkeiten moderner Anlagen aufgewachsen sind. Die würden so eine alte Anlage nicht anfassen, außer vielleicht bei 'UNPLUGGED'.

Mein Anspruch und meine Soundvorstellungen kann ich am besten umsetzen, wenn die Gitarre ein vernünftiges, breitbandiges Signal bringt (muß nicht HIFI-linear sein, eine Resonanzspitze bei 5 kHz stört nicht), das ohne Einfluß der Kabelkapazität an die Eingangsstufe der Effekt/Verstärker-Sektion gelangt."

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Fortsetzung folgt?

Schalten auch sie nächste Woche wieder ein wenn es heißt:

"Aber ich weiß schon, daß ich mit Elektronik keinen Twang machen kann..."


Grüße aus dem Pythagoräisches Koma,
bO²gie


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