Re: (Philosophie) Metal mal wieder


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Beitrag von bO²gie vom Mai 04. 2002 um 16:31:41:

Als Antwort zu: Re: (Philosophie) Die Plattenindustrie mal wieder geschrieben von Der Felix am Mai 04. 2002 um 14:23:06:

: Nirgendwo habe ich Metal mit Nachdenken gleichgesetzt. Metaltexte richten sich zum Teil gegen das Establishment. Wenn Fans diese Texte lesen beginnen sie unter umständen nachzudenkenüber die Gesellschaft, Soziales etc...

Aloha -

klassische Metal Texte als Anreger zum Nachdenken? Das ließe sich ebenso pauschal für Girliepop sagen. Nun, man muß nicht in Britney Spears's "Not a girl" gleich einen Aufruf zur Emanzipation reininterpretieren, aber Songs wie zB "Waterfall" von TLC (deren großartige Lisa "Left Eye" Lopes am 25.April Opfer eines Autounfalls wurde) können durchaus als Nachdenker eingestuft werden. Egal, eigentlich wollte ich das garnicht zu dem Thema beitragen, sondern eher was persönliches in Sachen "Metal". Neben Elvis Presley und den Beatles, Gilbert O'Sullivan und einer 20 Greatest UK Hits stand am Anfang meiner Plattensammlung ein Black Sabbath Album (noch "echt" mit Ozzy, Geezer, Tommie und Bill). Schweres Gitarrengebratze fand ich von Anfang an cool. Eins meiner allerersten Livekonzerte war Black Sabbath (im Support eine vermeintlich holländischen Band, die erst 3 Wochen später ihr erstes Album in den deutschen Plattenläden hatte: Van Halen). Ich war jedenfalls schwer beeindruckt von dem Geballer. Meine Lieblingsband aus der Zeit: Thin Lizzy. Daneben fanden sich aber auch Motörhead (die ich noch vor der "Overkill" Platte als Support von The Damned auf einer Klassenreise in GB sah), Deep Purple, Rainbow, die ersten Maiden mit DiAnno, aber auch Punx die sich schon teils im Metal bedienten (Ruts zum Beispiel). Artverwandt (ob der Bratzgitarren) wuchs meine Vorliebe für Punk (hier eher die US Fraktion, von Johnny Thunders, über die frühen Blondie, Dickies und latürnich die Ramones. Vieles aus dem CBGB's Umfeld, wenig London, obwohl ich die Clash ab ihrer "Veräterphase" mochte, eingeleitet mit dem großartigen "London Calling", aber auch dem folgenden Triple "Sandinistas"). Lange Rede, kurzer Sinn, ich mochte (und mag) harte Gitarrenmusik. Nicht immer, aber immer wieder gern.

Im Laufe des Punk hörens kam meine Neugierde: "Was singen die da eigentlich?". Schließlich las man in der Bravo gar Erschreckendes von weltenzerstetzenden Aufrührern mit Rasierklinge in der zerschnittenen Jeans. Schnell stellte sich ein Gähn-Effekt bei mir ein. Die meisten GB Punkbands langweilten mit einfachen "Ich muß kotzen wenn ich euch sehen" Texten und gipfelten in "No Future". Nix da, dafür war ich zu neugierig. Da sagten mit Ton Steine Scherben oder Schroeders Roadshow schon eher zu. Ein einfaches "Macht kaputt was euch kaputt macht" leuchtete mir pubertärenderweis natürlich ein. Das es nicht immer ganz einfach ist herauszufinden "was einen kaputt macht" war mir damals latürnich ebensowenig klar. Egal, ich forschte also weiter und befragte die Helden meiner frühen Jugend. Black Sabbath hatten schon mal nichts im Angebot. Düstere Visionen mit Hang zum Schlachthaus waren schon mal nicht mein Ding. Led Zep? Fehlanzeige, tolle Musik aber Herr Plant und Herr Page haben offensichtlich die falschen Drogen genommen. Deep Purple? Hmmm, Texte von unterwegs in rauchenden Hotels und ansonsten Texte die auch im deutschen Schlager nicht weiter auffallen würden. Rainbow war dann das schlimmste. Hier sprangen sie rum, die Engel, Elfen, Könige und Königinnen. Das Grauen pur was Herr Schwarzmoor und Herr Dio da textlich verbrachen. Kein Lichtblick? Doch: Thin Lizzy. Offensichtlich von einer nicht ganz einfachen Jugend geprägt (und dem Mix halb Ire, halb Karibik) schrieb Phil Lynott immer wieder Texte die über einfache Gangmentalität und "wir sind die starken Fäusteschwinger" weit hinaus gingen. Ob nun der Genocid der Indianer, Auschwitz, Martin Luther King oder deutliche Warnungen vor grenzenlosen Drogenmißbrauch, alles hatte bei Thin Lizzy seinen Platz. Das Lynott trotzdem Drogenopfer wurde schmälert den Gehalt seiner Texte nicht. Jedenfalls gehörte Phil Lynott zu den wenigen wirklich schillernden Figuren der Metal/Hardrock Generation nach Sabbath/Zep/Purple (und knapp vor der NWOBHM). So verwundert es auch nicht das er sich in einem musikalisch weit offenen Umfeld bewegte. Er war Türnachbar von Sid Vicious, nahm Midge Ure (Ultravox) als Tourgitarristen genauso wie Snowy White (Pink Floyd) und nahm auf seinen Soloscheiben auch mal Calypso oder frühes Gerappe auf. Mark Naussef lud ihn, neben Jan Akkerman, wiederum zu seiner Soloscheibe ein. Punkt. Wollte nur sagen: Klar, da gab's auch einen aus der Metal Ecke der mich zum Nachdenken anregte.

Krasses Gegenbeispiel: Motörhead. Herrn Kilmisters Vorliebe für Kriegsspielzeug und unreflektierter Umgang mit Hakenkreuzen fand ich eindeutig zum Kotzen. Motörheads Musik fand ich geil. Und irgendwie hatte ich bei den Krawallbrüdern auch nie den Eindruck als ob sich da eine wildgewordenen Faschobande hinter versteckt. Unwissenheit und Provokationslust haben ja auch abseits der Skinszene Punx dazu bewegt mit Hakenkreuz Symbolen zu "spielen". Also hab' ich still in mich hineingekotzt und das Hakenkreuz auf dem Plattencover mit schwarzen Edding übermalt. Kiss ließe sich noch als zweites Beispiel anführen. Showtime und nicht Runengeunke führten zum Kiss Logo. Egal, beide Bands gehörten zu meinen musikalischen Favoriten und bei beiden Bands habe ich die Ohren auf Durchzug gestellt wenn es um textlichen Tiefgang geht.

Boahh eyje ... watt schweif ich ab? Ok, kurz zu Manowar. Seit langem hab' ich mal wieder TV Total angemacht. Raab's kalkulierbaren Quark kann ich mir einfach sonst nicht antun. Da ist das Glücksrad anarchistischer gegen. Sternchen zerpflücken und über Menschen zu gaggern die noch beschränkter sind als Raab selbst ist nicht echt lustig. Ok, Manowar bei Raab schien mir eine gute Nagelprobe zu sein. Und was war? Es war gähnend. Es war schlimm gähnend. Das beste daran war der Auftritt von Manowar selbst. Und der war allein schon .... ich schweife wieder ab. Alles was ich nach 2 Minuten Raab/Manowar dachte war: "Hätten sie doch Manowar zu Schmidt geschickt". Da wäre die Chance auf gute Unterhaltung trotz/mit Manowar deutlich höher gewesen. Raab hat versagt, nicht die Männer in den lustigen Frisuren und der noch lustigeren Lederkluften. Egal², ich werd auch jetzt nicht aus Mitleid Manowar Fan werden. Sollen sie doch zusehen wie sie zu Schmidt kommen.

Was hat das jetzt alles mit der Plattenindustrie zu tun? Nix, aber auch garnix. Die Plattenindustrie ist gut/böse wie immer. Ich kann heute in jeden Laden meiner Wahl gehen und Platten nach meinem Geschmack kaufen. Ich kann auch drauf verzichten die Einheitsformate Radio zu goutieren. Manchmal guck ich Arte, manchmal Phoenix und selten Glücksrad. Video Channels konnten noch nie meine wirkliche Begeisterung wecken, die Charlotte mag ich und öfters guck ich den guten alten Rockpalast (der leider auch nicht mehr das ist was er mal war, aber trotzdem ein Toast auf Rüchel und Bangs). Im CD Player rotiert mal Uncle Tupelo, mal die neue Costello (er hat auch mal wieder ein Radio Lied geschrieben und wer eine der besten Platten der letzten 10 Jahre nicht verpassen will, der kauft sich "When I was cruel" einfach) und im Autoradio dreh ich Destiny's Child auch mal richtig laut auf. Alles wird gut.

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bO²gie




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