(Philosophie) Analoger Jubel


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Beitrag von Friedlieb vom Januar 16. 2000 um 11:02:40:

Hi zusammen (und innen),

gestern abend bin ich auf einem Konzert einer 70s-Hardrock-Cover-Band gewesen, Rough Diamond hießen die. Inzwischen hat das Klingeln in den Ohren etwas abgenommen und ich will mal ein paar Eindrücke mit Euch teilen.

Es hat sich mal wieder bestätigt, daß die Provinz tatsächlich lebt. Eine kleine Ortschaft in der Nähe von Gummersbach, Dorfkneipe (die einzige), kleiner Saal, Kneipe und Saal brechend voll mit gut 200 Leuten.

Auf der Bühne zur Linken eine dicke fette mindestens 30 Jahre alte Hammond C3. Oder B3? Nein, ich glaube C3. Neben diesem Klotz ein Leslie, und zwar eins von der Sorte, zu dem man wirklich Leslie sagen darf, ohne daß gleich Herscharen von Anwälten wegen Namensrechtsverletzung über einen herfallen.

Zur Rechten throntr über zwei 4x12ern (standesgemäß die obere davon abgeschrägt) ein JCM800, und der Verzicht auf ein Mikro bei diesem Turm (am Leslie war eins dran) läßt alles weitere erahnen. Diese Marshalls klingen ja eh erst richtig gut, wenn nicht nur die Endstufe, sondern auch die Speaker in die Sättigung gefahren werden. ;-) Somit war auch klar, daß mein Platz an der Bühne sein würde (auch acht Zwölfzöller klingen durch 10 Meter Volk durch nicht mehr so gut) und deshalb auch das Klingeln in den Ohren.

Neben dem Schlagzeug dann noch ein Fender Bassman-Turm und ein Selmer zweizwölfer Kofferamp, alles aufeinandergestapelt, was der Bassist halt so brauchte.

All diese Möbel nahmen schon einen großen Teil der kleinen Bühne ein, und allein die physische Präsenz dieser Gerätschaften hat was für sich. Man munkelt ja, daß Line 6 demnächst aufblasbare Fullstacks rausbringen wird, um auch diesen Aspekt zu emulieren.

Die Band war klasse, spannte einen weiten Bogen von Judas Priest über Deep Purple bis hin zu Uriah Heep, und wer das mag (ich mag das), kam voll auf seine Kosten. Der Gitarrist spielte eine Floydrosestratalike von Hamer und eine Sambora Strat und hatte einen klasse Ton. Die Orgel war göttlich. Göttlich. Und der Keyboarder konnte damit umgehen (es ist by the way ein Arbeitskollege von mir, aber ich schreibe das hier trotzdem aus freien Stücken), war schon klasse, wie er sich in die Zugriegel geschmissen hat. Und der Sound war halt einer mit drei S. Sahnig Sägender Sound. Kennt einer von euch noch Circle of Hands von Uriah Heep? Ich habe die Hammonds, die so klingen, immer geliebt.

Weiterer Vorteil bei solch klassischem Equipment: Es gibt keinerlei Diskussionen darüber, ob dieses Zeugs auch so klingen darf wie es klingen tut, ohne den Gott der real tubes zu beleidigen. Man braucht sich nicht vorwerfen lassen, daß man unfähig ist, Obertöne zu hören, nur weil man den Ton geil findet, und so weiter. Alles Vorteile, die die Digitaltechnik (noch) nicht genießt.

Aber eine Sache war dann mal wieder in zweifacher Hinsicht bezeichnend: Nach dem Konzert erzählte mir der Keyboarder, daß sein Geschwindigkeitsschalter für das Leslie gelegentlich versagt hätte. Er hätte ein paarmal funktioniert, sei dann aber zu heiß geworden und hätte erst abkühlen müssen, bevor er's wieder tat. Bezeichnend erstens natürlich, weil das mit einer Leslie-Emulation (Hi Claus, in dem bereits öfter angesprochenen Modulation Stomper ist eine drin!) nicht passiert wäre. Bezeichnend aber zweitens auch, daß mir der Ausfall überhaupt nicht aufgefallen war. Da sieht man mal wieder, das Publikum merkt von dem, was auf der Bühne schiefgeht, viel weniger als man so denkt...

Keep rockin'
Friedlieb


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