Aussensaiter Forum

Diskussionen mit neuen Beiträgen

Hier darf jeder frei heraus seine Meinung sagen, solange niemand beleidigt wird. Auf Postings von Vollidioten sinnvollerweise gar nicht erst antworten.
Extrem unerwünscht sind reine Werbe-Beiträge. Danke.

Die Aussensaiter begrüßen übrigens The Real Reini recht herzlich, denn er/sie hat in den letzten Tagen den Weg zu uns gefunden und ist über den Registrierungsschatten gesprungen :-)

Derzeit nix Neues in der AS-Börse - vielleicht magst Du das ändern?

Nix los die nächsten 30 Tage?!

(-) Header verbergen



Übersicht

(Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hallo zusammen,

in der letzten Zeit unterhalte ich mich mit Kollegen (Berufs- und Amateuerkünstler) viel über die Ambitionen, die sie zu diesem Punkt gebracht haben. Bei einem großen Teil stelle ich fest, dass im Grunde eine stete Unzufriedenheit mit dem Musikerleben herrscht. Zum Beispiel:

- Man findet keine passenden Mitmusiker

- Die Mitmusiker haben nicht genug Zeit bzw. zeigen nicht genug Einsatz

- Es finden sich keine Auftrittsmöglichkeiten

- Man tritt mit der Coverband viel auf, aber es ist soooo viel Arbeit (und Zeitaufwand)

- Man ist mit der Coverband erfolgreich, würde aber lieber mit eigenem Material auftreten

- Man ist technisch nicht so versiert wie Steve Vai

Und so fort. Nun betrifft das überwiegend meine lokalen Kollegen. Ich sitze hier im südlichen Emsland, das ist sozusagen das Texas unter den Landkreisen: Wir haben hier endlos Erdöl, es gibt endlose öde Flächen und zwar trägt man kaum Hüte, aber dafür sind die Entfernungen umso größer. Vielleicht weht hier einfach ein anderer Wind und hinter den Bergen außerhalb Mordors fliegen nur Kätzchen auf Regenbogen durch die Welt.

Wie sieht es bei euch aus? Seid ihr zufrieden? Oder was fehlt zum Glück? Ist der Erfolg definiert durch eine schwarze Zahl unterm Strich, durch eine hohe Fan/Followerzahl oder die Zahl der Auftritte? Was treibt euch an? Macht es immer Spaß?

Das möchte ich ergründen.

Liebe Grüße
Felix


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hallo Felix,

im Grunde genommen läuft es wohl darauf hinaus dass man lernen muss mit sich und seinem Leben klarzukommen. Entweder eben klarkommen damit wie es ist oder Wege finden es zu ändern.

Wenn es mir mental schlecht geht, dann finde ich meinen Job doof, meinen Chef, meine Kollegen, usw.
Dann bin ich wahrscheinlich auch unzufrieden mit meinen Musikprojekten, musikalischen Leitern, Mitmusikern, Tontechnikern. Und die ganzen Musik-Heros und Youtube-Helden machen mir Angst.

Wenn es mir mental gut geht, dann freue ich mich einfach darüber, einen sicheren und recht ordentlich bezahlten Job zu haben und habe Spaß daran, mich für meine Musikprojekte zu engagieren (auch wenn das meine Mitmusiker vielleicht nicht in dem Maße tun wie ich mir das wünschen würde). Die körperlichen Strapazen und den Vorbereitungsaufwand für Livekonzerte nehme ich dann in Kauf bzw. empfinde ihn als eine sinnvolle Investition. Und bei den Musik-Helden finde ich ein Teilgebiet an dem ich arbeiten und lernen möchte (und freue mich über deren neue Impulse für mich).

Um auf den Anfang zurück zu kommen:
So ein Leben ist einfach nicht so leicht. Ich dachte bzw. habe immer gehofft dass das alles einfacher wird wenn man die 40 überschritten hat, habe das dann auf 50 verschoben, bin jetzt bereits drüber und finde es immer noch manchmal schwer morgens den Tag anzugehen...

Einige Dinge habe ich (glaube ich wenigstens) inzwischen gelernt. Musik machen ist wichtig für mein seelisches Gleichgewicht, auch wenn ich kein Songwriter bin, keine Texte schreiben kann und auch nicht in der Lage bin den Top 40-Musik-Clown auf irgendwelchen Feiern zu geben.

Aber Vergleiche mit anderen bringen es eh nicht, die ziehen einen nur runter! Da hilft es sich daran zu erinnern was man gut kann (und damit dann eben zufrieden zu sein oder eben die Entscheidung zu treffen ernsthaft an neuen Dingen zu arbeiten).

: Wie sieht es bei euch aus? Seid ihr zufrieden? Oder was fehlt zum Glück? Ist der Erfolg definiert durch eine schwarze Zahl unterm Strich, durch eine hohe Fan/Followerzahl oder die Zahl der Auftritte? Was treibt euch an? Macht es immer Spaß? 

Mein Antrieb ist das Gefühl im Groove und Einklang mit den Mitmusikern und dem Publikum zu sein. Das klappt leider nicht immer, aber wenn es passiert ist es der Wahnsinn! Diesen Kick möchte ich dann wieder haben.

Und okay, ich gebe es zu, Click-Zahlen lassen mich auch nicht ganz kalt, aber als ü50 ohne Zaubertricks auf der Gitarre und ohne eigenes Material mit Gesang wird das in diesem Leben nichts mehr werden. Wenn es so wäre hätte ich schon längst meinen Job gekündigt, aber daraus wird wohl in absehbarer Zeit nichts. Also - und damit sind wir wieder oben - ist es angesagt sich irgendwie mit seinem Leben zu arrangieren, mit oder ohne Musik.

Viele Grüße
Martin 


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin Felix,
auch hier gilt wie so oft: es ist ambivalent. Aber wenn ich auf der Gartenbank in der Sonne sitzend den Blick über meine Latifundien schweifen lasse und meine drei Hühner friedlich um mich herum scharren: ja.
Wobei: wenn ich noch als Musikant aktiv wäre, stellte sich mithin die Frage, ob konvertierte Bassisten überhaupt zu jenen zu rechnen sind. Sicher wäre ich mir da nicht.
Grüße, Falk


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Lieber Martin,

stimme fast allem zum aber:

: Vergleiche mit anderen bringen es eh nicht, die ziehen einen nur runter!

Ha! Sehe ich anders. Es ist total geil, in irgendwas der Beste zu sein. Das Problem ist, dass sich seit Jahrzehnten die räumlichen Grenzen unserer Wahrnehmung verschieben... früher, so um 1800, reichte es aus, der Beste im Dorf zu sein, und man wurde von den Mit-Dörflern als der Beste der Welt wahrgenommen. Irgendwann kamen dann Zeitungen, Massentransportmittel, Fernsehen und Radio hinzu, und die Sache wurde schon schwieriger (aber nicht für Jungs mit abseitigen Hobbies wie Bluesgitarre spielen, da man Zeitung nicht hören und das Angebot im TV oft schön knapp war).

Heutzutage kann jeder in Deutschland Dir in einer Minute jemanden im Netz zeigen, der den Song, den Du nach monatelangem Üben richtig gut hinkriegst, NOCH besser spielen kann als Du. Und das frustriert einen natürlich.

Insofern stimme ich Dir letztlich doch zu... selbst wenn man richtig gut ist (und das bist Du meiner Meinung nach an der Gitarre): in heutigen Zeiten muss man sehr aufpassen, dass man sich nicht zu sehr mit anderen vergleicht. Und wenn man noch nicht so gut ist, dann sollte man ohnehin eher auf den eigenen Fortschritt fokussieren.

Oder man zieht in eine Hippiekommune ohne jeden Bildschirm :)

Gruß, Klaus


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hoi Felix,

da gehen wir jetzt mal an die ganz großen Themen, was? :-)

Also, rein subjektiv: Ich freue mich jeden Tag, wenn ich ein Instrument in die Hand nehmen kann. Ich nudel drauf rum, ich geniesse die Haptik, manchmal übe ich Sachen und freue mich, wenn ich merke, dass ich da tatsächlich besser werde. Manchmal kucke ich mir so Tutorialsachen im Web an und tatsächlich fallen da manchmal Groschen, die vorher irgendwo festhingen. Da gibt es zb so drei Videos, wo der eine, den ich auf Youtube mag, wenn er mit nem Kumpel Gearreview macht, bei nem anderen, den ich mag, wie er so Gitarrenlernzeugs erklärt, Unterricht nimmt, und man quasi 3h lang bei so einem 1:1 dabei ist. Da waren dann so Sachen dabei, wie man sich Dinge abgewöhnt, die man sich selbst "falsch" angewöhnt hat, und hey, da bin ich gerade voll dabei. Das nervt, macht aber auch gleichzeitig Spaß, wenns dann auf einmal wirklich besser klappt als vorher.

Ich habe mich pandemiebedingt mehr oder weniger zwei Jahre intensiv mit Bass und Gitarre beschäftigt, und seitdem wir wieder mit den Bands proben (und zumindest mit der Akustikbande auch Auftritte hatten), merke ich, dass ich da tatsächlich auch besser geworden bin. Also weniger, dass ich technisch besser spielen könnte, aber irgendwie fällt es mir leichter als früher, die richtigen Töne zum richtigen Zeitpunkt zu finden, selbst bei Sachen, die wir da mal neu aus dem Hut ziehen. Auch das macht Spaß. Bei der Akustikbande haben wir zB. ein Theaterstück begleitet und mussten dazu ein paar Songs adaptieren, die ich normalerweise nicht anfassen würde -- und genau bei denen war es (für mich) ein echtes AHA Erlebnis, wie ich da am Bass passende (P/B)assagen gefunden habe, die eben nicht nur aus den offensichtlichen Tönen bestehen.

Natürlich ist es dann auch toll, wenn Leute zuhören, oder bei Auftritten dann auch Spaß haben. Aber ich ziehe meine Befriedigung mittlerweile mehr daraus, wenn wir als Band unterneinander gut funktionieren, diese Momente, wenn dann das, was entsteht, doch größer ist, als die Summe der einzelnen Sachen…

Was fehlt mir zum Glück. Hm. Irgendwas ist ja immer, aber ich glaube, ich hätte gerne (finanzielle) Unabhängigkeit und dann den Luxus, meine Zeit komplett interessengetrieben zu verbringen. Ich finde, mit so "Hobby" Musik klappt das schon ganz gut; es wäre dann doch wieder eine Last, wenn man damit seinen Unterhalt bestreiten müsste. Diese Grätsche, eigentlich mache ich ja das, was mich interessiert und es ist auch noch das womit ich Geld verdiene(n muss) habe ich ja ohnehin. Und da kippt der Spaß schon eher öfter mal ins Muss.

Dann denke ich dran, dass in 1500km Entfernung gerade völlig sinnlos Menschen sterben, und ich kucke mir so alles an, was sich so im guten und im schlechten um einen rum angehäuft hat, und naja, es ist schon gerade eine sehr sehr merkwürdige Zeit… umso wichtiger ist es, öfter einfach den Moment zu geniessen. Wenn die Klampfe sich gerade besonders gut anfühlt zum Beispiel.

Gruss
Tom


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Lieber Felix,

ein sehr schönes Thema.

Dazu fällt mir extrem viel ein, Glück ist ja zugleich das größte Rätsel der Menschheit und das höchste Ziel der Meisten. Aber ich hatte mir vorgenommen, meine Antwort ausschließlich auf Musik zu beziehen und die ganzen Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung und des Mindset wegzulassen. Allerdings hierzu ...

: ... dass im Grunde eine stete Unzufriedenheit mit dem Musikerleben herrscht.

... kann ich mir dann doch eine kleine Anmerkung nicht verkneifen: Fokussierung auf Unzufriedenheit verstärkt diese. Ich bemühe mich immer, die Geschenke zu zählen und nicht die Probleme.

Jetzt aber zur Musik:

: Wie sieht es bei euch aus? Seid ihr zufrieden? Oder was fehlt zum Glück? Ist der Erfolg definiert durch eine schwarze Zahl unterm Strich, durch eine hohe Fan/Followerzahl oder die Zahl der Auftritte? Was treibt euch an? Macht es immer Spaß?

Ich bin ein Amateur. Dazu stehe ich. Immerhin kommt das Wort von amare, Liebe, lieben, und ich liebe, was ich musikalisch mache.
Zugleich bin ich Dilletant, und auch dazu stehe ich. Denn es kommt von delectare, sich erfreuen, und ich erfreue mich an der Musik, die ich mache.

Das genügt mir. Oh, noch was: wenn die Leute nach dem Auftritt sagen, es hat gerockt, dann macht mich das sehr froh. Zum Glück sagen sie es oft.

Ein schneller-höher-weiter-anspruchsvoller oder auch jegliche Art von Ruhm ist nicht mein Ziel. So faul wie ich bin, wäre es auch Selbsttäuschung zu glauben, ich könnte mit diesem geringen Einsatz ein richtig guter Musiker werden.
Dennoch freue ich mich ebenso wie Tom, wenn ich an meinem eigenen Spiel Fortschritte feststelle. Sehr geil ist auch, wenn ich in einem Song spüre, dass jetzt ein Break oder irgend ein Gimmick cool wäre, ich das spiele und zugleich höre, dass der Drummer die gleiche Idee hatte. Das passiert uns öfter und wir grinsen uns dann jedes Mal an.

Und: ich denke immer mal wieder an einige der Profi-Musiker, die ich kenne. Dass selbst ein Nummer-Eins-Hit nicht davor schützt, zum Überleben zB auch immer mal wieder Musik machen zu müssen, die einem überhaupt nicht gefällt. Und dann wird mir jedes Mal wieder neu klar, wie glücklich wir Amateure uns schätzen sollten, dass wir ausschließlich Musik machen können, die uns wirklich gefällt.

Und ansonsten bin ich bei Michael: wenn es klingt, ist es gut.

Keep rockin'
Friedlieb


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin Felix,

das sind gute Fragen.

Insgesamt bin ich musikalisch derzeit insgesamt sehr zufrieden. Ich habe eine Band und eine Art Bandprojekt. In beiden spiele ich mit Leuten zusammen, die ich sehr mag, und mache Musik, die ich mag. Diese Kombination ist für mich das allerwichtigste, und ich weiß, dass ich großes Glück habe, dass es in beiden Projekten so zusammenpasst. Darüber hinaus habe ich es gut getroffen, dass ich mit Musikern zusammenspiele, die in mancher Hinsicht besser sind als ich. So kann ich auch viel dabei lernen. Und ja, die Proben machen durch diese Kombination tatsächlich immer Spaß.

Mit einem der Mitmusiker habe ich auch regelmäßig zu zweit Musik gemacht, als Bandproben wegen Corona nicht stattfinden konnten. Die Zeit war für mich doppelt schlimm, weil meine Frau und ich uns gleichzeitig getrennnt haben. Da haben wir uns zusammengesetzt, ein bisschen gequatscht und ein paar Stunden gemeinsam improvisiert. Die Sessions hätte eigentlich die Krankenkasse zahlen müssen, weil sie für mich auch therapeutische Wirkung hatten.

Auch sonst merke ich, dass es mir gut tut, wenn ich mich zu Hause hinsetze und Musik mache, egal, ob ich für die Band übe, einfach so herumdudle oder die Möglichkeiten meines Pedalboards erforsche und im Sound bade.

Mit unserer Band sind wir für meinen Maßstab tatsächlich erfolgreich, das liegt an zum einen an unserem Schlagzeuger, der sehr rührig ist und viel PR bei Internetradios und Blogs macht. Auf die Weise haben wir genug CD- und Downloadverkäufe, dass wir auch unsere nächste CD damit finanzieren können. Finanzieren heißt dabei: Die Herstellungskosten decken und noch ein bisschen Aufnahmeequipment bezahlen. Aufnehmen, Mischen und Artwork machen wir selber. Ich weiß, dass wir mit unserer Musik nur eine kleine Zielgruppe haben, und es freut mich, dass außer uns noch ein paar Leute Spaß daran haben. Das ist für mich auch die Hauptdefinition von Erfolg: Musik zu machen, die mir gefällt, und damit Leute zu berühren. Geld muss ich damit zum Glück nicht verdienen, in der Hinsicht ist es nach wie vor ein Zuschussgeschäft.

Was fehlt noch zum Glück? Wenn ich mir Aufnahmen anhöre, egal ob Probenmitschnitte oder unsere offiziellen, bin ich oft genug unzufrieden mit dem, was ich da von mir höre. Da fällt es mir oft schwer, eine zu Balance finden, das als Ansporn zu nehmen mich zu verbessern und mich selbst nicht zu sehr dafür zu kritisieren. Mit etwas zeitlichem Abstand fällt es mir dann leichter zu akzeptieren, dass da zum Teil auch Grütze dabei ist, dass es aber gar nicht so schlecht ist (manchmal sogar richtig gut) und ich es vor allem so gut gemacht habe, wie ich es zu dem Zeitpunkt konnte.

Ich habe mal gehört, dass es sinnlos ist, Glück anzustreben, und dass Zufriedenheit das bessere Ziel ist. Das Glück kommt dann hoffentlich von selbst. Und ich bin froh sagen zu können, dass ich musikalisch gerade sehr zufrieden bin. In manchen Momenten bin ich dann sogar glücklich, aber vielleicht sind das nur die Drogen. ;-)

Viele Grüße!
Johannes


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin Felix, spannendes Thema!

:Seid ihr zufrieden?

Ja, mit meinem Leben sehr. Mit meiner Musik meistens und mit meinem Spiel öfters.

:Oder was fehlt zum Glück?

Nix.

:Ist der Erfolg definiert durch eine schwarze Zahl unterm Strich, durch eine hohe Fan/Followerzahl oder die Zahl der Auftritte?

Ich definiere den Erfolg durch die Reaktion auf meine Musik, damit meine ich meine eigene Reaktion - also bin berührt von dem was ich spiele und schreibe und dann, berührt es auch andere Wesen? Wie viele es dann sind, ist erst mal zweitranging. Wenn ich allein vom aktiven Musizieren "leben" müsste, dann wäre, dies zu können, ein Riesenerfolg.

:Was treibt euch an?

Ist ein "inner urge". Liegt vielleicht in den Genen, ich glaube, dass ich meine Gefühle mit Musik besser ausdrücken kann, als mit Worten.

:Macht es immer Spaß? Ja, ausser wenn meine Finger mal nicht so wollen, wie ich! Kommt aber nur selten vor!

Alles gute,

Rolli


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin Junx,

och, begrenzt auf Ort und Zeit geht das schon. Ich erinnere mich an eine flüchtig befreundete Band, die uns freundlicherweise in ihrem Vorprogramm in einem Club spielen ließ, und nachdem wir sie vor ihrem ersten Ton an die Wand gespielt hatten, uns mitteilte, daß sie nun völlig frustriert waren und überhaupt keinen Bock mehr hatten, noch aufzutreten. Die waren richtig sauer. Der eine Gitarrist wollte gleich sein ganzes Geraffel verkaufen und sich ein anderes Hobby suchen.

Ich habe versucht, mein unschuldigstes Gesicht aufzusetzen, das mir in diesem Moment möglich war.

Ein Funfact war: Die Jungs hatten für Ihre Gitten zwei Halbstapel aufgefahren, während ich nur über meinen winzigen, aber heftig angeblasenen Champ 12 spielte.

Gruß Falk


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi,

schönes Thema. Ich arbeite deine Vorschläge mal ab:


 - Man findet keine passenden Mitmusiker

Ich habe vor drei Jahren ein neues Projekt gegründet und habe erst vor einem Vierteljahr einen Drummer gefunden. Warum? Weil die wirklich guten meist Profis sind und Geld verdienen müssen, und das tut man entweder im Studio oder als Covermusiker.

 - Die Mitmusiker haben nicht genug Zeit bzw. zeigen nicht genug Einsatz

Najaaaa .... wenn Musikmachen bei allen Hobby Nr 1 oder 2 ist, gibt es, wenn das Talent ähnlich ausgeprägt ist, selten Konflikte, wenn allerdings fünf oder mehr Dinge wichtiger sind, dann bleibt die Qualität der Musik doch meist eher mittel. Ist OK, aber es müssen sich eben Gleichesinnte finden. Meine Ex-Band ist nach etlichen Umbesetzungen schließlich daran zerbrochen, dass wir uns nicht einig werden konnten, "wie super" das Endprodukt sein soll und wieviel Probezeit man ergo investieren muss.

Ich persönlich halte Perfektion für erstrebenswert.


- Es finden sich keine Auftrittsmöglichkeiten

Jeder kennt das. Solange du Covermusik spielst (=viele Leute ziehst) und die Leute Bier saufen ohne Ende, ist jeder Wirt zufrieden. Ich habe jahre- bis jahrzehntelang Kneipen voller begeisteter, aber auch besoffener und grölender Leute gefüllt und bespielt. Wenn die Stimmung bombe ist und jedes Gitarrensolo frenetisch bejubelt wird, kann das durchaus Spaß machen. Für Kunst oder Intellektualität begeistern sich jedoch keine 5% der Kneipengänger.

 - Man tritt mit der Coverband viel auf, aber es ist soooo viel Arbeit (und Zeitaufwand)

Hm - ich finde Covern nicht aufwändig. Klinkenputzen und An- wie Abreisen ist zeitaufwändig. Das meiste Coverzeug, vor allem so Bluesrock-Zeug, ist doch eher mittelkomplex.


- Man ist mit der Coverband erfolgreich, würde aber lieber mit eigenem Material auftreten

In meiner Heimatstadt treten jedes Jahr auf jedem Volksfest die exakt selben drei Bands  mit 98% identischem Programm auf, in der Regel mehrfach. Die Leute sind begeistert, sie bekommen nur zu hören, was sie schon kennen. Links und rechts der Bühnen stehen florierende Bier- und Bratwurstbuden. 

Das insgesamt Deprimierendste war jedoch mein einjähriges Engagement auf den so genannten Funk and Soul-Sessions in einer benachbarten Stadt im Jahre 2015. Im Grunde waren die Leute bombe zufrieden, wenn jemand U30 mit Titten auf der Bühne stand. Die restliche Mannschaft auf der Bühne, die den Sängerinnen idR an musikalischer Potenz überlegen war, hat niemanden wirklich interessiert. 

Meine Verachtung für das Cover-Publikum möchte ich hier gar nicht breitwalzen, ABER ausgedrückt habe ich sie nun. Was will man von einer Gesellschaft, die BILD zu ihrem beliebtesten Printmedium erkoren hat, in der DSDS eine der beliebtesten TV-Sendungen ist, erwarten? Für die für völlig OK ist, dass Menschen, die sich beruflich um die Manipulation von Aktienkursen kümmern, ein Vielfaches von dem verdienen, das Menschen, die sich um Kinder, Alte und Kranke kümmern, bekommen?

Stört es euch nicht, dass heutzutage kaum Musiker von ihrer Kreativität leben können, weil kaum jemand mehr bereit ist, für ein vergängliches Produkt mit zehn Songs  (Vinyl-LP) 20€ zu bezahlen? 

Die Hälfte der Bevölkerung interessiert sich für nichts außer sich selbst und was sie gerne tut, bitte keine Veränderung, nur bitte immer mehr von demselben. Sie kennt Musik hauptsächlich a) aus der Jugend (da war man noch offen für Neues) b) aus dem Radio, und c) alles außer I-IV-V-Verbindungen ist zu komplex. Dom7 geht immer, Major 7 ist schon hart grenzwertig, aber Major7#11? Klingt viel zu schräg, also VIEL zu schräg. 


- Man ist technisch nicht so versiert wie Steve Vai

Ich mag seine Musik überhaupt nicht, teile aber seine Vorliebe für den lydischen Modus. 


- Was treibt euch an?

Künstlerische Selbstverwirklichung. Ich finde die Vorstellung, dass es eines Tages nur noch AC/DC-Coverbands und BILD-Zeitung gibt, unerträglich. Man muss den Geist füttern. Ich hoffe, dass wir spätestens nächste Saison "die Leute" mit interessanter, nicht mit bekannter, Musik werden berühren können. Ein solches Projekt hat allerdings keine Chancen, auch nur entfernt wirtschaftlich erfolgreich zu sein. 

Als ich das Songwriting anfing, wusste ich gar nicht, was dabei herauskommen würde. Ich habe jahrzehntelang "coole und geile" Musik gemacht. Aber was ich selbst an Harmonien schrieb, wurde meist "schön". YMMV.

Ich mache zZt eine Fortbildung, werde ab nächstem Schuljahr das Fach Musik unterrichten. Na da werden sich die Schüler auf was einstellen müssen. Ich möchte ihnen zeigen, dass es gesundheitlich völlig unschädliche, akustische Rauschmittel gibt, lass uns beispielsweise Pink Floyds DARK SIDE oder Hendrix' ELECTRIC LADYLAND sagen, die es wert sind, sich wiederholt stundenlang damit zu beschäftigen. Musik ist heute doch vielerorts zu Hintergrunduntermalung verkommen, Handy-Lautsprecher oder Bluetooth-Böxchen mit beschissenem Sound vernichten auch noch das letzte Bisschen Qualität.

Ich bin kein Kulturpessimist. Das Pendel wird schon wieder in die andere Richtung schwingen. Aber zZt sind wir an dem Tiefpunkt angekommen (und werden die Folgen noch jahrzehntelang ausbaden müssen), an den uns der sog. Liberalismus geführt hat.

Hugh!

Ferdi


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi,

Glück ist ja zugleich das größte Rätsel der Menschheit

auch echt? Hast du je Harari gelesen? Je mit Buddhismus beschäftigt?

Im Grunde ist die Frage des Glücks, genauer: die Frage des Unglücks geklärt. Der letzte Zentimeter seines 2013er Buchs "Eine kurze Geschichte der Menschheit" wäre mein Literaturtipp. Die drei Zentimeter davor auch, aber nach deren Inhalten hat gerade keiner gefragt. 

Gruß, Ferdi


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Nabend,
: Glück ist ja zugleich das größte Rätsel der Menschheit
> auch echt? Hast du je Harari gelesen?

Kenn ich nicht.

> Je mit Buddhismus beschäftigt?

Aber ja. Der Theravada Buddhismus strebt kein Glück an, sondern wie man - ohne Furcht, ohne Hoffnung - diese Welt verlässt.

Glück ist deshalb ein Rätsel, weil es individuell - ergo nicht ableitbar - ist. Und Rousseaus Sentenz, man müsse die Menschen zu ihrem Glück zwingen, ist eine Ursünde der Aufklärung. Und zum Glück (hihi) kann sich die Aufklärung selber über sich aufklären.

Ne schäöne Jrooß, Mathias


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Ein Aspekt, der in Jahrzehnten Musikmachens dann doch immer wieder mal an die Oberfläche drängt?

Ich bin paradoxerweise mit dem Musikmachen umso glücklicher, je mehr von den richtig guten Musikern meinen Weg kreuzten und mir immer wieder die Begrenztheit meines Talents und meiner musikalischen Phantasie aufzeigten.

Wenn ich das dann noch abgleiche mit meinem recht wenig systematischen Lernen des Instruments über so viele Jahre bzw. der Haltung, vom bereits reich bestückten Büffet der Gitarrenmusik hier und dort mal ein bisschen was zu grapschen, bin ich ziemlich zufrieden mit dem was an Band/Duo-Auftritten über die Jahre so zusammenkam.

Oft (nicht immer...) hatte ich mit meinen Mitmusikern auch das Glück, auf bessere Spieler zu treffen und von denen dann sehr profitieren zu können. Und meistens gute Typen, mit denen man auch so gern Zeit verbrachte. Die Gigs, die wir so spielen können, sind für unser Niveau allemal groß genug - die größeren Bühnen stehen dann zu Recht den richtigen Könnern zu.

Allzu große Kompromisse, in dem Sinn, daß ich Mucke gemacht hätte, die ich eigentlich nicht wollte (= reine musikalische Dienstleistung) musste ich gottseidank nie machen. (Doch: einmal bei einem Hochzeits-Duo-Gig auf Wunsch irgendwas von Silbermond; was ich schon wieder vergessen habe....)

Aber eine Stunde Gitarrespielen ist selten verschwendete Lebenszeit.

Grüsse,

teleman


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Lieber Ferdi,

wir haben am Berliner Mückensee ja schon mal einen halben Tag miteinander geredet, und ich habe das in toller Erinnerung, weil du zu den Leuten zählst, die was zu sagen haben.

: Meine Verachtung für das Cover-Publikum möchte ich hier gar nicht breitwalzen, ABER ausgedrückt habe ich sie nun. Was will man von einer Gesellschaft, die BILD zu ihrem beliebtesten Printmedium erkoren hat, in der DSDS eine der beliebtesten TV-Sendungen ist, erwarten? Für die für völlig OK ist, dass Menschen, die sich beruflich um die Manipulation von Aktienkursen kümmern, ein Vielfaches von dem verdienen, das Menschen, die sich um Kinder, Alte und Kranke kümmern, bekommen?

Yeah.

: Ich bin kein Kulturpessimist. Das Pendel wird schon wieder in die andere Richtung schwingen. Aber zZt sind wir an dem Tiefpunkt angekommen (und werden die Folgen noch jahrzehntelang ausbaden müssen), an den uns der sog. Liberalismus geführt hat.

Dieser "Tiefpunkt" ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Also kein Tiefpunkt, sondern die ganz normale Ebene. Und die Musik, die in nicht-liberalen Gesellschaften mehrheitlich konsumiert wird, willst du gar nicht hören. Die Orte und Zeitpunkte, in denen etwas Aufregendes und Neues entstehen kann, sind begrenzt: Wien früher mal, Liverpool irgendwann, Berlin von mir aus mal kurz, dann irgendwann Seattle, wenn man das so sehen möchte oder Detroit. Das sind gegriffene Beispiele, es gibt bestimmt noch 1.000 mehr, aber es bleiben "Spots". Kurzzeitige Ausnahmen von der Regel, die erstens durchaus durch ein liberales Umfeld begünstigt werden können und zweitens nicht davon ablenken sollten, dass Massenmusik schon immer eine Variante von Marschmusik ist.

Yeah nochmal schnell,

M.


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi Ferdi,

: Glück ist ja zugleich das größte Rätsel der Menschheit
: auch echt? Hast du je Harari gelesen? Je mit Buddhismus beschäftigt?

willst du tatsächlich aus diesem kleinen Satz von mir extrapolieren, dass die Antworten auf deine Fragen ein nein sein könnte?

Die kurze Geschichte der Menschheit halte ich für ein sehr wichtiges Buch, und ich verstehe, was du mit den letzten Zentimetern meinst, auch wenn ich es als eBook gelesen habe.
Homo Deus liegt noch hier und kommt bald dran.

Und das große Thema von Siddhartha Gautama war nach meiner Wahrnehmung das Vermeiden oder Ertragen von Leid, was selbstverständlich sehr viel mit dem Thema Glück zu tun hat. Überhaupt ist der Buddhismus eine hoch interessante Lehre, die meines Erachtens völlig zu Unrecht als Religion bezeichnet wird.

Vielleicht sollte ich meinen Satz näher erklären: ich persönlich halte Glück deshalb für ein großes Rätsel der Menschheit, weil es extrem viele Definitionen davon gibt, vielleicht sogar fast so viele wie Menschen. Harari selbst schreibt ja, dass Glück ein subjektives Gefühl ist. Und wenn etwas sehr vielen Menschen erstrebenswert erscheint, obwohl es keinen echten Konsens in der Begriffsbestimmung dafür gibt, dann ist es imho legitim, dieses Phänomen als Rätsel zu bezeichnen. Und zwar auch und gerade dann, wenn viele Menschen für sich selbst dieses Rätsel gelöst haben.

In die gleiche Kerbe hat Stooge ebenfalls gehauen, wie ich sehe, und @Mathias: Harari lohnt sich, diesen Punkt sehe ich genau wie Ferdi.

Keep rockin'
Friedlieb


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Ja,

: im Grunde genommen läuft es wohl darauf hinaus dass man lernen muss mit sich und seinem Leben klarzukommen. Entweder eben klarkommen damit wie es ist oder Wege finden es zu ändern.

: absolut!
: Zu beidem - "klarkommen" oder "ändern" -  könnte man Bände schreiben. 

so ist es. Und es wurden schon viele dazu geschrieben, und regelmäßig kommen neue dazu.

Letztlich kommt es natürlich nicht darauf an, wie viel Weisheitswissen man sich zuführt, sondern wieviel davon zur praktischen Anwendung gelangt. Und da klafft oft eine bemerkenswerte Lücke, die zu schließen zumindest mich bis an mein Lebensende beschäftigen wird.

Keep rockin'
Friedlieb


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi,

Dieser "Tiefpunkt" ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Also kein Tiefpunkt, sondern die ganz normale Ebene. Und die Musik, die in nicht-liberalen Gesellschaften mehrheitlich konsumiert wird, willst du gar nicht hören.

Die sog. liberalen Demokratien sind, zugegeben! die fortschrittlichste und auch beliebteste Staats- und Regierungsform. Nordkorea, Afghanistan, Russland gehören zu den Ländern, in die so gut wie niemand auswandern möchte - gleichzeitig kann man mit Blick auf Ungarn und die Türkei durchaus nachempfinden, was Churchill mit seinem Urteil über diese Staatsform sagte.

Die ganz normale Ebene, die "Normalität", von der du da sprichst, erscheint omnipräsent und daher alternativlos. Wenn man sich mit der Geschichte der letzten 2,5 Millionen Jahre beschäftigt, erscheint die Situation von heute jedoch weder unvermeidlich noch unveränderlich. Sozialpsychologe Harald Welzer geht von 10% kritischer Masse aus, die notwendig sind, um gesellschaftliche Entwicklungen anzustoßen, wenn (!) sie sich organisieren können (was weder in Rumänien nach Ceaucesko noch im "arabischen Frühling" der Fall war, sehr wohl aber unter den gut 20000 Bolschewiki [und nicht unter den drei Millionen russischen Adligen, ganz zu schweigen von 280 Millionen Bauern]). 80% der Leute sind, so Welzer, sind Mitläufer. 

Hatte die liberale Demokratie nicht einen qualitativen Höhepunkt, als sie sich ideologisch abgrenzen musste? Boten sich dem geneigten Interessenten anfang des 20. Jahrhunderts nicht drei Ideologien zur Wahl? Schrumpfte deren Anzahl Mitte des 20. Jahrhunderts nicht auf zwei, und ersann man nicht sozialen Wohnungsbau und Bildung für alle und Tariflöhne und Sozialleistungen und Steuersätze, kurz: Regularien, "Eingriffe in den Markt", um die Attraktivität des Sozialismus (dessen größte Schwäche wohl die elend langsame zentrale Datenverarbeitung war) zu schmälern?

Seit 1989 existiert das Konkurrenzmodell nun nicht mehr (wir erinnern uns: "das Ende der Geschichte"), und seitdem ist "der Markt" immer weiter "befreit" worden. Als Nebenprodukt fährt man dann noch eben die Ökosphäre gegen die Wand, aber hey, soviel Freiheit wird ja wohl sein dürfen? Man kann das Verbrennen von Öl ja schließlich nicht verbieten, zumal die Chinesen doch auch ... ? Und überhaupt sind autoritäre Regime seit 20 Jahren in erstaunlichem Maße wieder en vogue. Da ist man platt.


Und in der Musik gibt es jetzt eben Spotify, und alle Musik kostet fast nichts, da haben die Musiker eben Pech gehabt, sie hätten ja auch was Anständiges lernen können, nicht wahr, Börsenfutzi zB., oder einen dieser gutbezahlten Jobs hier:

https://www.youtube.com/watch?v=jHx5rePmz2Y&t=27s

eine Variante von Marschmusik ist.

sowas hier?

https://www.youtube.com/watch?v=zTq4N1D-8xI

"Musik" ist nur EIN Indikator dafür, dass die fortschreitende Marktradikalisierung eine insgesamt unschöne Entwicklung ist. Der sog. Liberalismus hat sich seit 1989 immer weiter radikalisiert, und das wird nicht ewig so weiter gehen. 

Es gibt, wenn von den ersten Spuren der Sesshaftigkeit bis heute auf uns Affen schaut, so etwas wie eine Gesamtentwicklungsrichtig der Geschichte. Immer mehr Freiheit, immer mehr Selbst- und Mitbestimmung, und beide finden ihre Grenzen an der Freiheit und Selbstbestimmung der jeweils anderen. Auf Kosten der Ökosphäre haben wir den Kuchen jetzt so riesig anwachsen lassen, dass Bildung und Kindersterblichkeit und Todesursachen erfreuliche, nie dagewesene Werte erreichen. Da dieses Wachstum aber nunmal letztlich unentkoppelbar von Ressourcenverbräuchen ist, ist dies eine endliche Entwicklung. 

Es wird nicht bleiben, wie es ist. Die Normalität, die Regel von heute ist die Geschichte von morgen. 

Gruß, F. 


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi,

Und das große Thema von Siddhartha Gautama war nach meiner Wahrnehmung das Vermeiden oder Ertragen von Leid, was selbstverständlich sehr viel mit dem Thema Glück zu tun hat. Überhaupt ist der Buddhismus eine hoch interessante Lehre, die meines Erachtens völlig zu Unrecht als Religion bezeichnet wird.

es ist reine Taxonomie, ob wir von "Religionen" oder "Ideologien" sprechen. Beide sind intersubjektive, nicht objektive Wahrheiten. Sie sind soziale Konstrukte aus Phantasie und Vorstellungskraft - und nicht etwa Teil physischer Realität. 


obwohl es keinen echten Konsens in der Begriffsbestimmung dafür gibt, dann ist es imho legitim, dieses Phänomen als Rätsel zu bezeichnen. Und zwar auch und gerade dann, wenn viele Menschen für sich selbst dieses Rätsel gelöst haben.

Die Kurzform ist doch, dass genau JEDER herausgefunden hat, dass es ein frustranes Unterfangen ist, zu versuchen, positive Gefühle herbeizuführen und negative zu vermeiden. Darauf fußend ist es irrig, "Glück" als ein hohes Maß von positiven und der relativen Abwesenheit von negativen Gefühlen aufzufassen.

Viele Menschen sind ständig innerlich damit beschäftigt, etwas zu befürchten oder zu hoffen, etwas zu bedauern, etwas nachzuhängen. Man muss das nicht. Wir haben Gefühle, ja. Manche gut, manche mittel, manche gar nicht gut. Aber wir "sind" sie nicht. Sie "sind" nicht wir. Sie sind wie der Wind, wie das Wetter: sie kommen, sie bleiben, sie gehen. Ob man sie herbeiführen oder vermeiden will, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Wenn man nur dann glücklich ist, wenn man gerade ein angenehmes Gefühl hat, dann dürfte die Glücksbilanz eher schmal ausfallen. 

Gruß, Ferdi


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin,

: Die Kurzform ist doch, dass genau JEDER herausgefunden hat, dass es ein frustranes Unterfangen ist, zu versuchen, positive Gefühle herbeizuführen und negative zu vermeiden.

Das verstehe ich nicht. Wenn ich Sachen tue, von denen ich weiß, dass Sie mir Freude bereiten (positive Gefühle herbeiführen), dann ist das doch kein "frustranes Unterfangen". Das Wort frustran war mir übrigens neu, danke dafür.

Wenn ich also ein Konzert besuche, einen Song schreibe oder andere Dinge tue, von denen ich aus Erfahrungen der Vergangenheit ableite, dass sie mir mit hoher Wahrscheinlichkeit Freude bereiten, dann habe ich zwar keine Gewissheit, dass es dieses Mal auch so sein wird (meinst Du das mit "frustran"?) - aber meistens klappt es.

: Wenn man nur dann glücklich ist, wenn man gerade ein angenehmes Gefühl hat, dann dürfte die Glücksbilanz eher schmal ausfallen. 

Das wiederum verstehe und teile ich.

Viele Grüße
Klaus


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi Ferdi,

: Die Kurzform ist doch, dass genau JEDER herausgefunden hat, dass es ein frustranes Unterfangen ist, zu versuchen, positive Gefühle herbeizuführen und negative zu vermeiden. Darauf fußend ist es irrig, "Glück" als ein hohes Maß von positiven und der relativen Abwesenheit von negativen Gefühlen aufzufassen.

das kann ich für mich persönlich überhaupt nicht bestätigen. Im Gegenteil habe ich für mich herausgefunden, dass es ein sehr lohnendes Unterfangen sein kann, positive Gefühle herbeizuführen und negative zu vermeiden.

Deine Aussage scheint mir auf ein recht negatives Weltbild hinzudeuten; ich mag mich irren. Selbstverständlich ist es ein gutes Recht eines jeden Menschen, sich in seiner eigenen Unzufriedenheit gemütlich einzurichten. Nicht erst Schopenhauer hat das vorgemacht. 

Ich persönlich ziehe es vor, gute Gedanken zu pflegen und schlechte Gedanken zu identifizieren und möglichst loszuwerden. YMMV.

Keep rockin'
Friedlieb


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin,

Im Gegenteil habe ich für mich herausgefunden, dass es ein sehr lohnendes Unterfangen sein kann, positive Gefühle herbeizuführen und negative zu vermeiden.

wir bräuchten erstmal eine klare Arbeitsdefinition - siehe unten.


Deine Aussage scheint mir auf ein recht negatives Weltbild hinzudeuten; ich mag mich irren.

Ja, tust du - gründlich :)  

Ich persönlich ziehe es vor, gute Gedanken zu pflegen und schlechte Gedanken zu identifizieren und möglichst loszuwerden. 

Du sprichst von Gedanken, ich von Gefühlen. Ist nicht dasselbe.

Kannst du Liebe oder Euphorie herbeiführen?

Enttäuschung oder Sorge wegentscheiden?

Wenn du etwas willst, kannst du auch entscheiden, was? Quasi umentscheiden, ob du noch eine Tele oder noch eine Les Paul willst?

Gruß, Ferdi


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin,

: Aber wir "sind" sie nicht. Sie "sind" nicht wir.

genau, aber...

: Wir haben Gefühle, ja. Manche gut, manche mittel, manche gar nicht gut.

...nein. Das ist für mich der Schlüssel. Gefühle sind nicht gut oder mittel oder schlecht. Gefühle (Emotionen) sind auch einfach nur. Sie sind. Wir müssen sie nicht bewerten. Das ähnelt dem Unterschied zwischen Schmerz und Leid oder Alleinsein und Einsamkeit.

Aber da erzähle ich doch nichts Neues, oder? Naja, wenn wir schon dabei sind, führe ich das vorsichtshalber aus:

Trauer ist einfach nur. Trauer ist dann schmerzhaft, wenn wir uns dagegen wehren (weil wir konditioniert sind, Trauer als etwas Negatives zu betrachten). Wenn wir vor der Emotion weglaufen wollen, sie vermeiden. Man kann die Emotion aber auch einfach akzeptieren, sich darauf konzentrieren, sie sich mal ordentlich durch den Kopf gehen lassen sozusagen, so wie man einen edlen* Rotwein über die Zunge gleiten lässt. Und dann ist die Nummer in wenigen Momenten vorbei (akut und chemisch bedingte Zustände im Gehirn mal ausgenommen).** Immernoch traurig, aber keine Last mehr. In meiner Erfahrung kann Trauer dann sogar eine schöne Emotion sein. Ohne Trauer würde ich nicht leben wollen. Nicht nur zur Erhöhung des Kontrastumfangs (kein gesunder Mensch ist immer nur glücklich), sondern auch weil Trauer mir zeigen kann, was mir wichtig ist.

Ein anderes Thema: Ich hatte im Eingangspost übrigens gezielt nicht "glücklich und zufrieden" geschrieben, sondern die Begriffe getrennt. Denn wenn man es richtigherum dreht, kann sogar jemand, der zufrieden ist, gar nicht glücklich sein. Wenn ich mich nicht irre, war das Argument: Glück ist das Streben zum Ziel, die Arbeit auf das Ziel hin. Wer zufrieden ist, befindet sich bereits am Ziel und strebt nicht mehr.

Aber dann war da ja auch Seneca, der Ambitionen als ein der drei Quellen endloser Miesepetrigkeit identifiziert hat und dann funktioniert letzeres Argument auch nicht mehr.

Trotzdem bin ich recht sicher, dass wir dieses Rätsel schon vor über 2000 Jahren gelöst haben und es aber einfach nicht fassen können.

Alles Gute
Felix

* es gibt natürlicht gar keinen edlen Rotwein. Es gibt nur verschiedene Rotweine. Wir wollen ja konsequent bleiben.

** ich stelle mir das vor, wie wenn man am Atlantikstrand mindestens hüfthoch im Wasser steht und da kommt so eine geile Welle auf einen zu. Man kann sich dagegen stemmen (sich wehren) und wird die volle Kraft abbekommen oder wird mitgespült und macht die Waschmaschine mit, weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Oder man taucht vorwärts durch die Welle hindurch. Ist kalt und nass und kann auch gewaltig aufwühlen. Ist aber auch schnell vorbei.***

*** Die dritte Möglichkeit ist, dass man seinen Körper als Surfbrett benutzt und auf der Welle mitgleitet und das kann total super funktionieren und macht einen Mordsspaß, passt aber gerade gar nicht in mein Bild mit den Emotionen. Oder doch? Vielleicht ist das, wenn man die Emotion nutzt, um sie produktiv zu nutzen? Einen Song schreiben?


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Ich danke euch allen für das reichhaltige Feedback soweit.

Wenn ich das richtig sehe, überwiegt Befriedigung durch Wachstum.

Meine eigenen Antworten habe ich hier im Grunde schon im Januar gepostet.

Ich habe das Musizieren angefangen aus Liebe zum Klang. Musiziere ich nicht, bin ich ein Miesepeter. Das Musizieren habe ich mir nicht ausgesucht. Ich glaube, kein geistig gesunder Mensch wacht eines Morgens auf und sagt: "Ich will Künstler werden. Was für eine geile Tätigkeit!"

Zur Zeit, in den Nachwehen des Verlustes meiner Familie, ist das Musikmachen im Grunde das einzige, was meinen Tag erhellt. Letzte Woche habe ich einen Song fertigbekommen, der ist so geil, macht so viel Spaß zu spielen und zu singen, das ist ... kann ich gar nicht beschreiben. Ich bin ja aus dem Kraftsport die faszinierend schnellen Dopmainschübe gewohnt. Der Song funktioniert genauso. Fast noch besser.

Die Wachstumsmöglichkeiten als Musiker sind unendlich und als ich nach rund 20 Jahren Gitarrespielen begriffen habe, dass die Gitarre mir völlig egal ist und der Klang zwar auch aus dem Instrument, vornehmlich aber aus der Harmonie kommt und also Songwriting eigentlich meine Baustelle ist, löste sich eine große Spannung. Vorher habe ich nur Gitarre geübt. Jetzt wachse ich als Musiker.

Ich bin ja als Autor schon zu unerhofftem und unerwünschtem Ruhm gekommen und bin ein paarmal auf der Straße von wildfremden Menschen erkannt und angesprochen worden. Ich fand das schrecklich und mag mir gar nicht ausmalen, wie das ist, wenn man wirklich berühmt ist. Ruhm war nie mein Ziel, wohl aber das gemeinsame Erleben der Musik, das Teilen der schieren Freude an Klang und Musik sozusagen.

Aktuell ist als Musiker mein Ziel, meine Songs mit mehr Menschen zu teilen. Nicht über das Internet, sondern auf der Bühne mit echten Menschen. Viele meine Ansichten dazu haben sich relativiert und nun arbeite ich darauf hin, ein besserer Unterhalter zu werden. Kein Kasper, kein Clown, keine Stimmungskanone. Nur der ideale Audruck meiner selbst, aber eben mit Rücksicht auf die Weise, in der Menschen sich nun einmal gegenseitig wahrnehmen.

Ein solcher Aspekt ist: Unterhaltung muss nicht lustig sein. Aber wenn es lustig ist, hilft es halt, bringt mehr Aufmerksamkeit im Moment, mehr guten Willen, mehr Bereitschaft, auch dem Song zuzuhören, der danach folgt. Und es ist, lerne ich gerade, relativ einfach, eine lustige Show zu schaffen, ohne sich zu verstellen oder in der Zotenkiste zu wühlen.

Das ist also mein Wachstumsweg. Körpersprache wird in dem Zusammenhang sicherlich auch noch ein spannendes Feld.

Insofern habe ich begriffen, dass ich an meiner Musik nichts ändern muss, mich nicht kompromittieren muss und trotzdem Maßnahmen ergreifen kann, die den Zugang zu meinen Songs deutlich erleichtern.

Ein wenig traurig finde ich das noch immer, weil der Song eben noch immer nicht allein steht und das Drumherum der Unterhaltung, auch Oberflächlichkeiten (u.a. ferdis "U30 mit Titten") deutlichen Einfluss haben. Aber dann denke ich mir: Das war doch allerspätestens seit Elvis sowieso immer der Fall. Und seitdem ist noch viel tolle Musik entstanden.

Jedenfalls habe ich über die letzten zehn Jahre meiner Suche viele Bücher zum Musizieren gelesen, viel recherchiert und aus anderen Feldern zusammengetragen und hatte seit fünf oder sechs Jahren den Gedanken, ein Buch daraus zu machen. Damit folgende Musiker nicht wieder 20 Jahre brauchen und alle Fehler erneut machen müssen, die ich und zweifellos auch andere gemacht haben. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch, sondern schlicht um Perpsketiven.

Deswegen werde ich noch häufiger solche Fragen stellen.

Liebe Grüße
Felix


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi Felix,

das ist eine gute Frage, die Du da stellst. Ich habe wirklich lange darüber nachdenken müssen ob ich als Musiker glücklich und zufrieden bin oder eher nicht.

Und nun, nach längerem Nachdenken: Ja, ich bin zufrieden und glücklich, in erster Linie darüber dass ich mich vor langer Zeit dafür entschieden habe, Musik zu meinem Hobby zu machen. Das hat mir die vergangenen Jahrzehnte enorm viel gegeben. Vor allem habe ich dabei viele großartige Menschen kennengelernt.

Zugegebenermaßen bin ich in letzter Zeit etwas gefrustet, weil mein Hauptprojekt - ein Duo mit einer Sängerin - in die Brüche gegangen ist und das Nachfolgeprojekt nicht zum Laufen kommt. Ich finde einfach nicht die richtigen Mitstreiter für die Sache. 

Das schiebt aber nicht meine generelle Einstellung in Richtung Unglück oder Unzufriedenheit.

Grüße

Bernd



: Hallo zusammen,
: in der letzten Zeit unterhalte ich mich mit Kollegen (Berufs- und Amateuerkünstler) viel über die Ambitionen, die sie zu diesem Punkt gebracht haben. Bei einem großen Teil stelle ich fest, dass im Grunde eine stete Unzufriedenheit mit dem Musikerleben herrscht. Zum Beispiel:
: - Man findet keine passenden Mitmusiker
: - Die Mitmusiker haben nicht genug Zeit bzw. zeigen nicht genug Einsatz
: - Es finden sich keine Auftrittsmöglichkeiten
: - Man tritt mit der Coverband viel auf, aber es ist soooo viel Arbeit (und Zeitaufwand)
: - Man ist mit der Coverband erfolgreich, würde aber lieber mit eigenem Material auftreten
: - Man ist technisch nicht so versiert wie Steve Vai
: Und so fort. Nun betrifft das überwiegend meine lokalen Kollegen. Ich sitze hier im südlichen Emsland, das ist sozusagen das Texas unter den Landkreisen: Wir haben hier endlos Erdöl, es gibt endlose öde Flächen und zwar trägt man kaum Hüte, aber dafür sind die Entfernungen umso größer. Vielleicht weht hier einfach ein anderer Wind und hinter den Bergen außerhalb Mordors fliegen nur Kätzchen auf Regenbogen durch die Welt.
: Wie sieht es bei euch aus? Seid ihr zufrieden? Oder was fehlt zum Glück? Ist der Erfolg definiert durch eine schwarze Zahl unterm Strich, durch eine hohe Fan/Followerzahl oder die Zahl der Auftritte? Was treibt euch an? Macht es immer Spaß?
: Das möchte ich ergründen.
: Liebe Grüße
: Felix


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hallo Ferdi,

Das insgesamt Deprimierendste war jedoch mein einjähriges Engagement auf den so genannten Funk and Soul-Sessions in einer benachbarten Stadt im Jahre 2015. Im Grunde waren die Leute bombe zufrieden, wenn jemand U30 mit Titten auf der Bühne stand. Die restliche Mannschaft auf der Bühne, die den Sängerinnen idR an musikalischer Potenz überlegen war, hat niemanden wirklich interessiert. 

Tja, so unterschiedlich kann man das empfinden...

Ich habe diese Sessions ja sieben Jahre lang organisiert und dir damals auch erklärt, dass das eine Sänger*innen-Session ist. Wir im Orga-Team waren sehr glücklich und auch ein bisschen stolz darauf, jeden Monat möglichst viele neue junge Leute am Mikrofon zu präsentieren (die sich das mangels Band, Gelegenheit oder fehlendem Mut sonst nie getraut hätten). 

Das Programm für den Abend stand dann immer erst recht kurzfristig fest (ein oder zwei Tage vorher). Für die Musiker in der Band bedeutete das dann eben entweder Noten lesen zu können oder die Fähigkeit zu haben sich eine Menge Songs in sehr kurzer Zeit draufzuschaffen (eine Probe gab es ja nie, nicht einmal eine Anspielprobe).

Und es bedeutete für die Musiker leise zu spielen, sensibel zu sein und gegebenenfalls zu reagieren und an die passenden Songstellen zu springen (auch wenn sie nicht an der Reihe gewesen wären).

Es bedeutete für die Musiker NICHT einen perfekten Gitarrensound mit handgeblasenen Museumsröhren in Jimi Hendrix Lautstärke zum Besten zu geben. Es bedeutete auch NICHT einen Extraapplaus für eine tolle #11 zu bekommen. Na klar, das muss dann natürlich das deprimierendste Erlebnis in deinem Musikerleben gewesen sein...

Gruß Martin


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hi Ferdi,

: Im Gegenteil habe ich für mich herausgefunden, dass es ein sehr lohnendes Unterfangen sein kann, positive Gefühle herbeizuführen und negative zu vermeiden.
: wir bräuchten erstmal eine klare Arbeitsdefinition - siehe unten.

das bräuchten wir, wenn wir das tatsächlich über die von Felix auf die Musik bezogene Ursprungsfrage hinaus ausdehnen wollten.

: Deine Aussage scheint mir auf ein recht negatives Weltbild hinzudeuten; ich mag mich irren.
: Ja, tust du - gründlich :)  

Das freut mich sehr. Schön, dass wir das geklärt haben.

: Ich persönlich ziehe es vor, gute Gedanken zu pflegen und schlechte Gedanken zu identifizieren und möglichst loszuwerden. 
: Du sprichst von Gedanken, ich von Gefühlen. Ist nicht dasselbe.

Vollkommen richtig. Ich hatte hier stark verkürzt. Für mich ist es nämlich sinngemäß so, dass man gute Gedanken sät und dann mit etwas Glück (sic!) gute Gefühle ernten kann. So ein bisschen im Sinne von "Du bist, was du denkst" (auch wieder verkürzt).

: Kannst du Liebe oder Euphorie herbeiführen?

Nein.

: Enttäuschung oder Sorge wegentscheiden?

Nein. Aber ich kann mich zu einem bestimmten Umgang damit entscheiden. Ob das dann erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab, auf die ich natürlich auch teilweise keinen Einfluss habe.

Wenn Pech und Ungerechtigkeit, unter denen jede/r mal mehr oder weniger zu leiden hat, zwangsläufig zu Unglück und Schlimmerem führen würden, hätte Nelson Mandela nicht bei geistiger Gesundheit fast 30 Jahre im Gefängnis überstehen können.

: Wenn du etwas willst, kannst du auch entscheiden, was? Quasi umentscheiden, ob du noch eine Tele oder noch eine Les Paul willst?

Damit schlagen wir wieder den Bogen zum großen Thema dieses Forums. Und meine Antwort: nein, diese Entscheidung kann ich nicht treffen. Deshalb besitze ich eine Tele und eine Les Paul.

Keep rockin'
Friedlieb


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Lieber Felix,

: ** ich stelle mir das vor, wie wenn man am Atlantikstrand mindestens hüfthoch im Wasser steht und da kommt so eine geile Welle auf einen zu. Man kann sich dagegen stemmen (sich wehren) und wird die volle Kraft abbekommen oder wird mitgespült und macht die Waschmaschine mit, weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Oder man taucht vorwärts durch die Welle hindurch. Ist kalt und nass und kann auch gewaltig aufwühlen. Ist aber auch schnell vorbei.***

das erinnert mich an den Boxer-Spruch "Roll with the Punches" und das wiederum erinnert mich an einen Song. Siehste, für jeden Scheiß gibt es 1 Lied.

Danke nochmal für das Thema! ...und gute Reise weiterhin.

Keep rockin'
Friedlieb


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin,

tja, das musste dich wohl triggern.

Wir haben das Thema ja schon mehrmals diskutiert, du und ich, und du bist immer bei dem Konzept geblieben. Ich habe 2015 mit einer Ausnahme auf jeder dieser Sessions gespielt und versucht, minimalen Einfluss zu nehmen.

Die F&S-Sessions haben ein Konzept, das "am Markt" gut funktioniert, viele Leute zieht. Organisiert war es ja so, dass man sich ein Set zuteilen lässt, das auf den Wünschen der Sängerinnen basiert, und das man dann nach minimaler Vorbereitung (ein, zwei Tage) so bedient, dass die singen können. 

Und es bedeutete für die Musiker leise zu spielen, sensibel zu sein und gegebenenfalls zu reagieren und an die passenden Songstellen zu springen (auch wenn sie nicht an der Reihe gewesen wären).

Allerdings bedeutete es das, ja. Und schlug man mal etwas "Gitarristisches" vor - zB die I'D RATHER GO BLIND-Version von Joe Bonamassa und Beth Hart - dann sah man seine Sängerin 15 min vor Auftritt mit dem Handy das YouTube-Video der Beoncé-Version anschauen. Ich habe mich darauf eingelassen, habe ein Jahr lang versucht zu lernen und "was mitzunehmen" und, obwohl es durchaus auch gute Momente gab, fand es insgesamt so, dass ich nach diesem Jahr nie wieder hingegangen bin, auch nicht als Publikum. 

Es bedeutete für die Musiker NICHT einen perfekten Gitarrensound mit handgeblasenen Museumsröhren in Jimi Hendrix Lautstärke zum Besten zu geben. Es bedeutete auch NICHT einen Extraapplaus für eine tolle #11 zu bekommen.

Ich habe dich verletzt und du trittst mir jetzt gegen das Schienbein. Nachdem ich dein Posting zu Felix' Ausgangsfrage gelesen hatte, dachte ich mir auch, hm, hätteste mal besser diplomatischer formuliert, aber ... hab ich nicht. Tritt mal, passt schon. Daran, dass ich "Musik als Dienstleistung" und "Handwerk" kritisch sehe und mir "Musik als Kunst" besser gefällt, ändert das nichts. Man ist eben verschieden. Macht doch nichts. 

Gruß, Ferdi


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

: Seit 1989 existiert das Konkurrenzmodell nun nicht mehr (wir erinnern uns: "das Ende der Geschichte"), und seitdem ist "der Markt" immer weiter "befreit" worden.

Nein. Viele Marktteilnehmer haben in den letzten 30 Jahren immer mehr Regeln auferlegt bekommen, in punkto Arbeitsschutz, Umweltschutz, Antikorruption, Gleichbehandlung usw., versehen mit Dokumentationspflichten; bei Unterlassung strafbewehrt.

Was "entregelt" wurde, waren z.B.:

- teilweise der Kapitalmarkt (wobei es auch hier immer mehr Regeln gibt, aber eben ganz bestimmte, grundlegende Regeln nicht mehr)

- der Zugang von Milliarden Menschen zum Weltmarkt, in Asien und in Osteuropa

- faktisch auch das Verhalten der Europäischen Zentralbank

Viele Grüße,

Klaus


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moin Felix, moin Männer,


ich hab schon ne ganze Weile überlegt, ob ich zu diesem Thema was schreibe, noch bevor es die ganzen tiefschürfenden Posts über philosophischen Grunsatzthemen in diesem Thread gab.


Allgemein philospohisch möchte ich in meinem Fall gar nicht werden. Ich hab vor langer Zeit mal jemandem in einem Thread übers Üben geraten, die Gitarre auch mal für eine Zeit aus der Hand zu legen, wenn es keinen Trigger mehr gibt. Und leider geht es mir selbst momentan genau so: ich habe keinen Trigger (mehr) zum Gitarrespielen. Die bessesene Überei der letzten beiden Jahre (nicht nur coronabedingt) und natürlich der Jahre davor, auch die "gut bezahlte", aber doch so beschissene Covermucke, die ich immer wieder mache, seit ich 17 oder 18 bin, und von der ich mich, zumindest aktuell, verabschiedet habe (uff!), der ewige Zwang, besser werden zu müssen/zu wollen, meine ganze "Ich bin ja eigentlich studierter (haha) Gitarrist"-Blase, ist irgendwie vor ca. 3 Wochen in sich zusammengebrochen. Geplatzt wie 'ne Seifenblase, bloss ohne Geräuch. Ohne Plöpp, weg, von einem Moment zum anderen. Seitdem habe ich keine Gitarre mehr in der Hand gehabt. Davor täglich, stundenlang. Tja, was soll ich sagen. Gitarristische Sinnkrise, könnte man meinen. Vielleicht Lebenskrise, ich weiss es nicht. Jedenfalls Frustration bis zum Abwinken.


Möglicherweise auch keinerlei Antwort auf Felix' eigentliche Fragen, aber egal, nu isses raus.


Grüße, Andreas


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hallo Andi,

uff - das hört sich ja nach derber musikalischer Sinnkrise an ! Und das bei einem solch befähigten Spieler, grübel grübel ?

Aber: vielleicht in einer solchen Situation das Beste, mal ein paar Wochen gitarreabstinent zu bleiben. Evtl. kommt die Lust dann von ganz alleine wieder. Eigentlich ist man ja Musiker - und sucht sich das nicht aus.

Mir hat einstens vor langen Jahren geholfen, mich dem Instrument Gitarre nochmal von einer anderen Seite her zu nähern. Die Blues-, R&R- und Countrylicks mal auf der Seite zu lassen und mich auf solistische Fingerstyle-Arrangements + die akustische Gitarre als solche einzulassen. Nicht, daß ich darin jetzt so richtig gut geworden wäre - aber es ergänzt für mich das E-Gitarrespielen um viele andere Facetten. Und hat ganz nebenbei die Lust auf das Dazulernen auch an der Stromgitarre wieder entfacht.

Grüsse,

teleman


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

: Die bessesene Überei der letzten beiden Jahre (nicht nur coronabedingt) und natürlich der Jahre davor, auch die "gut bezahlte", aber doch so beschissene Covermucke, die ich immer wieder mache, seit ich 17 oder 18 bin, und von der ich mich, zumindest aktuell, verabschiedet habe (uff!), der ewige Zwang, besser werden zu müssen/zu wollen, meine ganze "Ich bin ja eigentlich studierter (haha) Gitarrist"-Blase, ist irgendwie vor ca. 3 Wochen in sich zusammengebrochen. Geplatzt wie 'ne Seifenblase, bloss ohne Geräuch. Ohne Plöpp, weg, von einem Moment zum anderen. Seitdem habe ich keine Gitarre mehr in der Hand gehabt. Davor täglich, stundenlang. Tja, was soll ich sagen. Gitarristische Sinnkrise, könnte man meinen. Vielleicht Lebenskrise, ich weiss es nicht.

Finde ich vollkommen nachvollziehbar, dass man mal auf etwas, was man normalerweise sehr intensiv betreibt, plötzlich und eine Zeitlang keinen Bock hat. Das Hobby macht eine Zeitlang Feierabend.

Ich bin sicher, das kommt wieder. Und in der Zwischenzeit hast Du vielleicht auch andere gute Dinge, die Du machen kannst?

Viele Grüße,

Klaus


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Hallo Andreas,

das hatte ich auch mal, fast für ein ganzes Jahr. Hab dann Trompeten-Unterricht genommen. Das war richtig fucking schwer und irgendwie hatte ich wohl auch einfach nicht die nötigen Lippen oder Zähne, um jemals einen vernünftigen Ansatz hinzubekommen.

Als ich dann nach einem Jahr wieder meine Gitarre in die Hand genommen habe hat es plötzlich wieder funktioniert (der Trigger war wieder da).

Ich glaube ja, diese Phasen liegen überhaupt nicht am Musikmachen oder an der Gitarre speziell (und wie viel man vorher geübt hat). Für viele Gitarristen ist das Gitarrespielen ja ein Ventil um Frust abzulassen und persönlichen frust oder Ärger quasi wegzuspielen. Bei mir ist das anders, wenn zu viele Dinge in meinem Privat- oder Berufsleben aus dem Ruder laufen kann ich mich aufs Musikmachen nicht mehr richtig konzentrieren und dann nervt mich das alles auch noch an.

Manchmal braucht es also vielleicht nicht unbedingt eine Gitarrenpause, sondern eine Pause von negativen Energien in seinem Leben (wo auch immer die herkommen). Was genau das ist merkt man manchmal erst ganz spät, wenn man schon viele andere Dinge weggelassen hat und der Spaß im Leben einfach nicht wieder kommen will (ging mir mal so mit einer Beziehung, an der ich festhalten wollte, hat ziemlich lange gedauert bis dann endlich mal der Groschen gefallen war).

Wie auch immer, mach dich nicht verrückt, oft lösen sich diese Situationen auch einfach von selbst. Lass deiner Unlust doch einfach mal freien Lauf, wenn es so weit ist wieder loszulegen wirst du es schon merken.

Kopf hoch, wird schon wieder,

viele Grüße Martin


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Moinsen,

im Bezug auf Mitmusiker finden ist es allgemein nicht ganz so leicht, wobei in dichter besiedelten Gegenden die Chancen sicherlich ein klein wenig höher ausfallen dass man da passende Leute findet :-)

Es ist ja auch so, dass die Leute nicht nur musikalisch passen sollten und auch in erster Linie menschlich, das ist mir zumindest immer sehr wichtig gewesen. Meist passte dann auch die Ambition gleichzeitig auch zusammen.

Thema Coverband habe ich ja 2008 hinter mir gelassen - damit ist es zwar einfacher Auftritte zu finden als Band, aber mir hat das einfach nicht gereicht - wobei es sicherlich viele gibt, die damit "glücklich" sind (mehr oder weniger ;-) )

Technisch gesehen war ich nie der Virtuose und das war mir auch persönlich nie wichtig - mir genügt da oftmals ein Ton / bestimmter Sound und ich habe Spaß.

Was mich und auch durch Gespräche, die wir in der Band führen Spaß macht und glücklich zugleich ist, wenn wir im Einklang improvisieren und dabei etwas als Ergebnis übrig bleibt worauf wir einen neuen Song ausbauen können. Diese Kreativität in der alle an einem Song mit konstruieren macht uns glücklich.
Und wenn wir die Songs dann spielen - das belebt sehr und macht glücklich.

Gleiches Empfinde ich wenn ich zu Hause vor mich hin klimper und mich an den Sounds / Akkorden/ Tönen erfreue.

Unsere Ambition ist rein Hobbylastig ausgelegt, von daher ist es für uns nicht so wichtig mal keine Auftritte zu haben, und wenn dann mal was ansteht freuen wir uns natürlich wie bolle :-)

Bei Musikern, die ihre Existens darauf aufgebaut haben kann ich mir aber schon gut vorstellen, dass der mögliche finanzielle Druck das Musikerdasein trüben kann. Gerade in den letzten paar Jahren wo dieses winzige aber fiese Virus uns das Gesellschaftliche Leben miesepetrig gemacht hat.

Ach ja - das Thema Coverband erfolgreich aber lieber eigene Songs machen wollen = machen, machen, machen dann hat man zwar erst einmal keine Gigs und keiner kennt einen und es ist auch schwierig einen Bekanntheitsgrad zu erlangen - aber das Ausleben der Kreativität wiegt so viel auf.

in diesem Sinne

Keep on Rockin!!

Olli


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

Liebe Außensaiter,

vielen Dank für diesen tollen Thread! Das habe ich sehr sehr gern gelesen und ich habe mich in Vielem wiedergefunden.

Ein bisschen sind die Musikerdiskussionen darüber, ob Kondensator X in Kombination mit Kabel Y  und Röhre Z jetzt irgendeinem Ideal am Nächsten kommt, selbst Ausdruck von Unzufriedenheit. In der 1. Welt - im Kapitalismus - ist diese Art innovations- und konsumfördernder Unzufriedenheit vielleicht alternativlos.

Vor ca. 10 Jahren habe ich die Gitarre Gitarre sein lassen - und dann auch kaum mehr hier reingeschaut. Bis dahin hatte ich hier viel mitgelesen und sehr wenig selbst geschrieben.

Ich bin dann zum Kontrabass gewechselt. Da ich weder natürlich talentiert noch fleißig beim Üben je war und bin, habe ich es auch da nicht weit gebracht. Aber als Kontrabassist ist man immer gefragt, ich kann schnell überall mitspielen und habe bei jedem Scheiß Spaß! Ich könnte stattdessen natürlich auch Netflix-Serien glotzen, Briefmarken sammeln, Hasskommentare im Internet verfassen, einen Oldtimer wienern, was weiß ich. Ganz am Ende, so in der letzten Rückschau bevor das weiße Licht kommt, wird es für mich erfüllend gewesen sein, dass ich Teil verschiedener Musiken war. Ist weniger pathetisch gemeint als es vielleicht klingt.

Übrigens, der Wechsel zu einem akustischen Instrument hat die oben angesprochene Unzufriedenheit, G. A. S. genannt, nur teilweise verschwinden lassen. Es gibt leider oder zum Glück zig verschiedene Saiten, Bässe, Bögen und auch Tonabnehmer, Preamps, Amps, Boxen in allen Preisklassen und und und ...


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

: Übrigens, der Wechsel zu einem akustischen Instrument hat die oben angesprochene Unzufriedenheit, G. A. S. genannt, nur teilweise verschwinden lassen.

Auf der E-Gitarre habe ich das nie empfunden und auch als Akustikgitarrist war ich immer mit genau einer Gitarre vollauf zufrieden und spartanisch "mein Vater hatte in seiner Jugend auch nur eine Gitarre" gedacht.

Und dann war ich in so einem Laden mit Gitarren weil ich mir dachte: "Komm, für 'nen Gig, wenn mal 'ne Saite reisst, da wäre es schon praktisch, eben das Zweitinstrument rauszuholen." Das wurde dann so eine schicke Guild Parlorgitarre aus Mahagoni. Und diese Gitarre war bzw ist so anders als meine Taylor, dass ich sagen würde: Das ist ein anderes Instrument. Es hat mir direkt einen neuen Song geschenkt und auch die Aufnahmen waren damit deutlich einfacher, einfach weil sie völlig anders klingt. Und so kam schnell eine weitere Guild ins Haus, wieder etwas Günstigeres (ich hatte vor Jahren eine knallharte max-1000-€-Regel eingeführt, die ich jetzt auf max-rund-500-€ gesenkt hatte - immernoch viel Geld). Eine Sloped Shoulder Dreadnought und was soll ich sagen: auch die hat mein Leben massiv vereinfacht, weil sie auf irgendeine Weise sich selbst komprimiert und sich leichter aufnehmen lässt. Speziell Strumming klingt deutlich besser als auf den anderen Gitarren.

War die Ursache Unzufriedenheit? Würde ich nicht sagen. Eher Unwissenheit. Hätte ich früher um diese drastischen Unterschiede gewusst, hätte ich früher zugeschlagen. Ich bin Songwriter. Da sind solche Hilfsmittel Gold wert.

Ganz abgesehen davon lädt mich die Parlorgitarre durch ihre Größe viel häufiger zum Spielen auf dem Sofa ein.

Moment mal, rechtfertige ich mich hier gerade ungefragt?

Ich glaube nicht. Diese Instrumente sind Werkzeuge und mit einem Philips-Schraubendreher bekommt man Pozidriver-Schrauben eben nicht so gut ins Holz. Ein guter, vollständiger Satz Schraubendreher ist doch kein Luxus.


Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?

moin

spät, aber immerhin.

Bisher war ich ja fein in meiner ewigen Blase warm und trocken aufgehoben.

Nachdem Steffen seinen Lebensmittelpunkt nun sehr weit von uns weg verlegt hat, ist diese Blase leider verpufft.

Der Rest der Bande ist motiviert und viele neue Dinge eröffnen sich schon allein weil wir uns in eine völlig andere Richtung bewegen.

So lernt man tierisch was dazu wenn man sich aus der Blues und Bluesrock Ecke wegbewegt und sich Funk und Fusion Kram zuwendet.

Was allerdings dabei massiv nervt... es gibt Horden von Metallern da draußen, aber ne Stimme die sich mit Funk auseinander setzen mag ist nicht zu finden. 

Sing doch selbst hör ich immer wieder - hätte ich an der Gitarre nix zu tun - von mir aus.

Komplexes Zeug spielen und darauf gerne noch was anspruchsvolles singen - da bin ich meilenweit von weg.

Frustationslevel daher überaus hoch derzeit.

zudem kommt noch die Misere der derzeitigen Gig Situation.

Entweder will gar keiner mehr Bands außerhalb der Gröl und Sauf  Schiene buchen, oder es werden zum Teil Kurse angeboten wo man den Sprit nicht wieder reinbekommt.

Ich versteh die Misere vieler Veranstalter zur Zeit, keine Frage. Aber ner kompletten Band, die dann noch PA, Pult, Licht und 4-6h Programm liefern soll, 50€ Gage anzubieten - dann sagt doch gleich Pay to play.


alles in allem grad eher doof

besondes weil ich grad extra Lust habe