(Privat) Seagull Grand Artist


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Beitrag von Matthias vom Juni 01. 2005 um 17:59:36:

Liebe Gemeinde!

Mein bescheidener Fuhrpark an Instrumenten war völlig ausreichend, es waren keine Wünsche offen. Insbesondere bei den akustischen Flattops war ich mit
meinen beiden Lakewoods bestens bedient, nicht vintage, kein High-End aber richtig gutes Werkzeug. Und weil das alles so rational ist, musste einfach
eine weitere Gitarre her, die eben nicht so vernünftig ist. Es ist nun eine Seagull Grand Artist geworden. Aufmerksame Leser können sich vielleicht daran erinnern, dass ich eine Seagull Grand schon einmal getestet hatte und sie mir insgesamt zwar sehr gut gefiel aber zu aggressiv war und deshalb wieder gehen musste. Alles weitere dazu hier.

Die Unterschiede zwischen der normalen Grand und der Artist liegen erst einmal in den Hölzern. Die normale Grand hat eine Zederndecke und einen gesperrten Boden aus Kirsche, die Artist kommt mit Fichtendecke, massivem Palisanderboden (Zargen sind bei beiden gesperrt, Holz wie der jeweilige Boden). Die normale Grand ist seidenmatt lackiert, die Artist in hochglanz. Seagull legt auf der Website großen Wert auf die Besonderheiten der Artist Serie. Das klingt nach Custom-Shop, selektierte Hölzer hier und beste Gitarrenbauer da und so weiter. Blablabla, das Übliche was große Hersteller so schreiben, wenn sie den Eindruck erwecken wollen, sich jetzt mal richtig Mühe zu geben. Klar, Artist bedeutet auch mehr Schnickschnack wie Binding, anderes Logo und bessere Einlagen. Das ist mir aber egal. Für die Bespielbarkeit ist das alles unerheblich, dazu habe ich schon genug geschrieben.

Kleine Gitarren zu beurteilen ist schwierig. Wenn man auf einer einigermaßen ordentliche Dreadnought oder gar Southern Jumbo einfach einen offenen Akkord spielt und beim Anschlag nicht total pfuscht, klingt das im Regelfall gut und bei einem guten Instrument umwerfend. Dagegen klingen kleine Gitarren natürlich nicht so aufregend. Große Gitarren haben allerdings häufig einen Hifi-Charakter, viele Bässe, viele Höhen, schön aber ohne Biss und immer mit dem Risiko des Untergangs zwischen anderen Instrumenten. Sterben in Schönheit. Kleine Gitarren sind häufig mittiger, kernig, direkt ins Gesicht aber nicht zu überhören. Damit es schön klingt, muss man als Spieler sehr auf seinen Anschlag achten.

Mit anderen Worten wirken kleine Gitarren häufig unscheinbar und sind beim ersten Anspielen eine Enttäuschung.

Diese Seagull Grand ist ganz anders. Erstmal ist dieses Ding ja nicht viel größer als eine Les Paul und während man normalerweise überrascht sein könnte, dass überhaupt was kommt, haut es einen hier aus den Schuhen. Es kommt unglaublich viel raus. Ton und Lautstärke. Und Dynamik. Laut geht, dabei nicht einmal plärrig oder schrill, eher kraftvoll. Leise geht auch, dann sehr feinfühlig. Und alles dazwischen. Und das alles mit total runtergekommenen Saiten. Außerdem ist diese Gitarre noch nicht mal ein bisschen eingespielt, da geht noch was, bin ich sicher. Mich hat´s voll erwischt, ich bin verliebt.

Seagull? Möwe? Sie wird Emma heißen.

Ich muss weg.

Gruß

Matthias




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