(Konzertkritiken) Bob Dylan, Köln / Keziah Jones, Luxemburg


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Beitrag von Pepe vom Mai 15. 2000 um 19:27:32:

Tach zusammen!

Tja, konzertintensive Woche für mich (und geldintensiv ...) - Donnerstag ging's los; die alte Krächznudel spielt in der Kölnarena. Ich selbst bin eigentlich gar nicht so der Dylan-Fan, aber die Liedermacherkollegen haben mich mitgeschleppt.

78,- für 'ne Karte ganz hinten sind eigentlich schon ziemlich happig, aber das machte nix, denn der Sound war fantastisch - man halt selbst da, wo ich saß (leider - aber sitzen ist bei Dylan wohl normal, das Publikum ist ja teilweise auch schon etwas älter), jedes Wort verstanden, soweit bei Bobs Genöle möglich, jedes Omstrument differenziert gehört, und überhaupt war die Lautstärke angenehm - es hätte vielleicht sogar lauter sein können, war aber voll in Ordnung.

Los ging's mit einem kleinen Set von 3 oder 4 folkig arrangierten Nummern - 3 Akustikgitarren, Kontrabass und Schlachzeuch. Dann kam das wüste Instrumentenwechseln - die Gitarristen (Larry Campbell, lead/pedal steel; Charlie Sexton, rhythm) hatten fast bei jedem Song eine neue Klampfe in der Hand, und zwar äußerst elektifiziert. Dementsprechend wurde die Gangart auch ein wenig härter (war ja auch nicht schwer) - die Jungs haben schönen R&B vom Leder gezogen! Die Rhythmusgruppe (Tony Garnier, b; David Camper, dr) hat lecker gegroovt, Bob hat auf seiner Strat sogar annehmbare Soli gespielt und sichtlich Spaß an der Geschichte gehabt - er hat sich bewegt ... übrigens sieht es sehr lustich aus, wenn grade mal Gitarrensolo ist und Bob nix spielt, sondern statt dessen auf der Bühne rumläuft - von weitem hat er dann was von Helge S. aus Mülheim.

Wie gesagt, ich bin nicht so der Bob-Fan, daher kann ich nicht so genau sagen, welche Stücke er komplett in den Sand gesetzt hat und welche meisterhaft interpretiert, aber ich hatte eine Menge Spaß, auch wenn die Stimmung in der Halle besser hätte sein können. Zwar zu 80% voll (also 8.000 oder so, keine Ahnung), aber eben bestuhlt und überhaupt, irgendwie verlor sich der Applaus in den unendlichen Weiten.Von den so ganz doll richtig bekannten Stücken (Watchtower, Heaven's Door, Blowin' ..) hat er eigentlich nur Mr. Tambourine Man gespielt. Die neue Single hat ziemlich Druck gemacht, und Lovesick (von '97, glaub ich) war einfach nur was für die Gänsehaut.
Überhaupt waren da ein paar schöne Balladen bei, und nach fast zwei Stunden hieß es dann "Everybody must get stoned" - schönes Schlußwort.

Fazit: Wenn man für Zimmy ein bißchen was übrig hat (besonders Geld), kann man sich ruhig überlegen, auf eines seiner Konzerte zu gehen (spielt glaub' ich noch in Dresden und Berlin). Wie gesagt, ich fand's zwar teuer, aber ich bin auf meine Kosten gekommen.

Drei Tage später kam dann das totale Kontrastprogramm. Ziemlich kleiner Saal in Luxemburg, höchstens 1000 Leute, aber rattenvoll. Absperrung vor der Bühne? Nö, wozu?

Die ersten Stücke allein auf der berühmten (naja, vielleicht einigen bekannten) bemalten Nylonstring - sofort eine Höllenstimmung, und es gibt in Mitteleuropa sogar Menschen, die auf 2 und 4 klatschen können ... das zweite Stück war dann auch gleich Million Miles From Home, und weil das nun einmal Mr. Jones' erfolgreichstes Lied ist, kannten auch gleich die meisten den Text ...

Nach drei oder vier Stücken kam dann der Rest der Band auf die Bühne (keine Ahnung, wie die hießen) - ein Drummer und ein Congaspieler. Keziah nimmt sich den Bass, fängt an zu spielen, und ich dürfte ziemlich blöd geguckt haben - er spielt Bass mit derselben seltsamen Technik wie er Gitarre spielt, und zwar haut er mit der Oberseite der Finger auf die Saiten (schwer zu beschreiben, muß man gesehen haben), und darüber hinaus hat er einen unglaublichen Stil am Bass. Von Hendrix hat man ja gesagt, daß er teilweise Rhythmus- und Leadgitarre gleichzeitig gespielt hat. Jetzt noch einen Bass dazu, und fertig ist die Tieftonkunst von Keziah Jones. Der Drummer hat superpräzise, superfunky und einfach nur treibend gespielt, der Congaist (oder wie heißen die) hat schöne Akzente gesetzt (und war scheißeschnell). Es war ziemlich viel Improvisation dabei - Spiel mit dem Publikum, Call&Response; das Stück war halt zu Ende, wenn er den Drummer angeguckt hat.

Der Sound war ziemlich gut, nur wenn er seine Jazzmaster (glaub ich) ausgepackt hat, war die ziemlich sehr bassig, dann hat's ein wenig gedröhnt.

Fazit: Absolute Empfehlung! Die Karte in Lux hat 43,- gekostet. Problem: Laut seiner Website spielt er überhaupt nicht in Deutschland, und die Gigs in der Schweiz sind schon gewesen. Aber in Frankreich, Benelux und London spielt er noch ... www.keziahjones.com

Nos vemos en infierno, Pepe

P.S.: Der Heimweg vom Keziah-Konzert gestaltete sich noch ein wenig kompliziert - der letzte Zug von Luxemburg nach Trier fuhr 10 Minuten vor Konzertende. Also, inne Kneipe gesetzt, noch ein Bierchen geschlürft und auf den Zug nach Wasserbillig gewartet (Grenzort, wird auch Sprit-/Kaffee-/Kippenbillig genannt). Von da wollten wir dann ein Taxi nehmen (~12 km). Leider haben die da sowas noch nicht erfunden. Also war erstmal Fußmarsch Richtung Trier angesagt. Nach einer Stunde trafen wir dann auch endlich eine Telefonzelle ... wenn der Kerl eine halbe Stunde früher angefangen hätte, wären wir drei Stunden früher zu Hause gewesen ...


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