Re: In dubio pro reo
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Beitrag von Pepe vom Oktober 02. 2003 um 00:27:52:
Als Antwort zu: Re: In dubio pro reo geschrieben von Friedlieb am Oktober 01. 2003 um 19:41:53:
Tach Friedlieb!
Auf den Verfahrenskosten (also Gericht plus Anwälte) bleibt der König nicht sitzen, wenn er das normale Verfahren gewinnt. Der Urteilstenor (mit Betonung auf "e" :-) ) lautet dann: "Die einstweilige Verfügung vom usw. wird aufgehoben." Dazu gehört auch die Kostenentscheidung.
Zu den Beweisregeln: Im einstweiligen Rechtsschutz geht es um schnellen, wenn auch vorläufigen Rechtsschutz. Derjenige, der um diese Art Rechtsschutz nachsucht, hat den Vorteil, daß er nix beweisen muß, sondern nur glaubhaft machen, dafür kann er im richtigen Verfahren mit normalen Beweisregeln wieder alles verlieren (plus Verfahrenskosten des einstweiligen Verfahrens). Daher ist die Aussage:
: "Einer der Richter meinte: Es reiche aus, wenn das Gericht überzeugt wurde, dass es so sein könnte. EMI müsse keinen Beweis führen."
absolut richtig.
: Wobei ich mich mit meinem antiquierten Gerechtigkeitsgefühl hier natürlich frage, warum das umgekehrt nicht gilt und warum die große EMI irgendwas "einfach so" behaupten kann und ihr geglaubt wird, während der kleine Mann irgendwas anderes "einfach so" behauptet und man ihm eben nicht glaubt.
Weil der kleine Mann keine überzeugenden Gegenargumente hatte. Die große EMI hat Indizien dargelegt, die ziemlich deutlich darauf hinweisen, daß Herr König Mist gebaut hat und deshalb schadenersatzpflichtig ist. Der kleine Herr König hat Möglichkeiten aufgezeigt, daß er es evtl. doch nicht war. Diese Möglichkeiten erschienen dem Gericht aber als nicht wahrscheinlich. Das reicht dafür aus, daß dem Gericht glaubhaft gemacht wurde, daß der kleine Herr König zahlen werden muß. Im normalen Verfahren mit den normalen Beweisregeln könnten die Einwände durchaus ausreichen, um das Gericht an der "Täterschaft" (untechnisch gesprochen) des kleinen Herrn König zweifeln zu lassen. Dann hätte die große EMI nix beweisen können und würde den Prozeß verlieren.
: Letzte Frage, nehmen wir an, der Typ ist wirklich im Recht, was ja offenbar jedenfalls nicht ganz auszuschließen ist: was zum Verrecken kann er denn nun tun, damit ihm in diesem unserem Rechtsstaat auch Gerechtigkeit widerfährt?
Ganz einfach - §§ 936, 926 ZPO. Er stellt einen Antrag an das zuständige Gericht (also hier das Landgericht München), der EMI eine Frist zur Klageerhebung zu setzen. Wenn die EMI die Frist nicht einhält, wird die einstweilige Verfügung auf Antrag aufgehoben, ohne daß die große EMI was dagegen machen kann, und der kleine Herr König kriegt alles wieder zurück. Erhebt die große EMI innerhalb der Frist Klage, dann muß sie auch beweisen, und da gilt das oben gesagte. Die Beweiswürdigung obliegt dann natürlich dem Gericht. Das weiß man natürlich nie, aber ich vertraue da in die Unabhängigkeit der Gerichte. Die Bewertung des Vorgetragenen im einstweiligen Verfahren war jedenfalls absolut nachvollziehbar, für einen Beweis hätte ich das allerdings nicht ausreichen lassen.
Nos vemos en infierno, Pepe
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