Re: E-phrygisch??? Klugscheißer-Antworten eines Jazzers


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Beitrag von Kurt vom April 29. 2003 um 13:47:40:

Als Antwort zu: Re: E-phrygisch??? geschrieben von Matthias am April 26. 2003 um 16:33:31:

Prost!
: Mahlzeit!
:
:
: : Wenn ich die Theorie richtig kapiert habe hat E-Phrygisch genau die gleichen Töne wie C-Dur. Also keine Vorzeichen. Gut...

Das ist Richtig.

:
: : Aber wer hat denn bestimmt das es nicht E-Moll ist??

Phrygisch ist auch Moll, aber eben phrygisch-Moll, und
nicht, wie du wahrscheinlich meinst, natürliches (=äolisch)
Moll.
Das Tongeschlecht einer Skala wird nur durch die Terz
bestimmt: kleine Terz = Moll, große Terz = Dur.

Welcher Mode bei einem Solo über die Begleitharmonie Em
schulmäßig (!) verwendet werden kann, hängt nicht allein von der Terz ab,
sondern auch von den Erweiterungstönen des Akkords
(z.B. Em6, Emmaj7, Em7b5) und ebenso vom harmonischen
Zusammenhang, in dem der Akkord Em in den Takten vorher
und v.a. nachher eingebettet ist.
Beispiel: Der Akkordwechsel ist | Em | Dm |, dann
kann über beide Takte der phrygische Mode von E-moll
(bzw. der dorische von D-Moll, sind dieselben Töne) verwendet werden.
Beispiel bei Erweiterungstönen: Em6 (d.h. große Sexte: ein cis) deutet auf Moll-Skalen speziell mit der großen
Sexte hin: Dorisch und harmonisch-Moll. Am häufigsten findet man die kleine
Sept als Erweiterungston: Em7. Welche Modes haben die
kleine Sept? Antwort: Dorisch, Phrygisch, Äolisch, lokrisch.
Letzterer Mode wird eigentlich immer durch die verkleinerte
Quinte angekündigt: Em7b5 und der Akkord drängt stark
nach harmonischer Auflösung (moll-Kadenz) und klingt über
mehrere Takte hinweg etwas seltsam. Der scheidet also fast immer aus.
Ansonsten bist Du "frei" in der Auswahl des Modes, nimm
den, der gut klingt, oder in dem Du interessante Licks
kennst. Es kann auch interessant sein, zwischen zwei
verschiedenen Em-Modes hin und her zu pendeln.
Der "falsche" Mode über Em7 wäre z.B. harmonisches Moll
denn das hat eine große Septime.
Solange aber deine Bandkollegen pures E-Moll begleiten,
also ausschließlich die Töne e-g-h, bist Du ziemlich
frei in der Wahl des Modes für dein Solo. es ist sicher
spannender, auszubrechen und irgendeine exotische Skala
zu spielen (Spannung) und dann wieder auf die amtliche (Schulmäßige)
zurückzukehren (Entspannung), wenn die harmonische
Struktur des Stücks es verlangt.
Und wenn deine Kollegen nur Powerchords (Grundton + Quinte)
spielen, wie häufig im Rock, dann kannst Du sogar zwischen
Dur- und Moll-Modes wechseln.

:
: Öhm, hat e-Moll nicht so ein klitzekleines Vorzeichen? Bir mir meistens schon.

Stimmt.
Natürliches e-Moll verwendet die Töne der G-(ionisch)Dur-
Tonleiter (e ist die sechste Stufe von G-Dur), also sollte
ein Stück in e-äolisch-Moll mit einem Vorzeichen (fis statt f) versehen sein.

Die häufigen Schlußkommentare "Scheiß auf die Theorie und
darauf wie's heißt, hauptsache es klingt gut! Töne müssen
aus dem Bauch kommen und nicht aus dem Kopf!" sind schon
gut und richtig, aber erstens bezog sich die ursprüngliche
Frage auf Theorie, also sollte man auch drauf eingehen,
und zweitens schadet es auch nicht, wenn man weiß, warum
etwas gut klingt oder auch mal nicht! Vielleicht findet
man dann schneller Licks die wirklich gut oder sogar noch
besser klingen! Aber für die Musik "richtig" ist das,
was gut klingt und nicht nur nach "Theorie gut klingen
müßte". Letzteres klingt oft sogar zu brav und langweilig,
also scheiße.

Stay tuned
Kurt



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