Re: (Philosophie) Lehrer ...


[ verfasste Antworten ] [ Thread-Anfang ] [ Aussensaiter-Forum ]

Beitrag von Karsten vom Mai 24. 2002 um 12:53:23:

Als Antwort zu: Re: (Philosophie) Lehrer ... geschrieben von groby am Mai 24. 2002 um 11:06:59:

Danke groby,

das erspart mir eine eigene ausführliche Mail. Ich hab nämlich auch das Studium für das Lehramt an Realschulen abgeschlossen und kann Dir nur uneingeschränkt recht geben. Man wird dort hauptsächlich mit Fachwissen vollgestopft. Der Rest beschäftigt sich mit Didaktik, also wie bringe ich den Kindern den Stoff bei. Der pädagogische Teil fand bei uns in einschläfernden Labervorlesungen statt, die vom geneigten Studenten hauptsächlich forderten, sich wachzuhalten und nicht versehentlich zu schnarchen. Und jetzt bitte nicht sagen "aha, die Lehrer pennen schon als Studenten, kein Wunder sind die so schlecht"! Das ist Quatsch. Jeder pennt ein, wenn ihm in einer Tonlage zwei Stunden lang ein Buch vorgelesen wird. Kaum zu glauben, dass die Dozenten auch ausgebildete Lehrer sind!
Das wollte ich aber eigentlich jetzt alles gar nicht schreiben, ich merk nur, dass mir gerade wieder der Hochschul-Blues hochkommt.
Was ich eigentlich nur nochmal stützen will, ist dass das stimmt, was groby sagte: Die Lehrer werden nicht darin geschult, defizite bei Schülern festzustellen. Und wahrscheinlich geht das auch gar nicht.
Außerdem ist es tatsächlich so, dass die Schule nicht erziehen soll, hab ich auch in fast jedem Seminar gehört. Und es kann ja auch gar nicht gehen. Mal 'ne ganz doofe Rechnung. Eine Schulstunde hat 45 Minuten. Wirklich unterrichtbar davon sind maximal 40 Minuten. Der Klassenteiler liegt irgendwo bei 30 Schülern pro Klasse. Macht also etwas über eine Minute Aufmerksamkeit pro Schüler (was natürlich Unsinn ist, weil man ja auch noch unterrichten muss). Das ganze *6 für den ganzen Schultag. Macht ca. 7 Minuten Aufmerksamkeit pro Tag von insgesamt 6 Lehrern. Und da soll dann eine Erziehnung bei rauskommen??? Unmöglich.
Ich hab mich vor einiger Zeit mal mit einem Kumpel unterhalten. Der studiert Architektur. Seine Einstellung: ich muss den ganzen Tag arbeiten, ist auch ok. Meine Frau soll sich mal entfalten können, soll also auch arbeiten gehen können, Kinder wollen wir mindestens 2. Ich hab ihn dann gefragt, wer sich denn um die Kinder kümmern wird. Da sah er mich mit ganz großen Augen an und sagte: "Na die Schule, wer sonst?". Mir ist fast das Bier aus dem Gesicht gefallen.
Es sind also nicht nur die Eltern, die zu doof sind, ihre Kinder zu erziehen, sondern auch eigentlich ganz intelligente Leute, die die Einstellung "Schule soll erziehen" vertreten. Das macht mir fast noch mehr Angst.

Ich hab hier jetzt schon ein paar Mal gelesen, dass so großer Wert auf das gemeinsame Essen gelegt wird. Ich hab mir da nie Gedanken drüber gemacht, aber wenn ich in meiner Kindheit krame, dann war das bei uns zuhause auch immer ganz wichtig. Und da wurde wirklich alles besprochen, was einem auf der Seele lag.

Viele Grüße

Karsten (der jetzt Erwachsene ausbildet und irgendwie froh ist, keinen Flohzirkus hüten zu müssen)


P.S.: soviel zum Thema "ausführliche Mail sparen :-)


verfasste Antworten:



Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.