Re: Lokale Gigs. Vom Aussterben bedroht? Bitte melden!
[ verfasste Antworten ] [ Aussensaiter-Forum ]
Beitrag von Oly vom Oktober 31. 2001 um 16:46:36:
Als Antwort zu: Lokale Gigs. Vom Aussterben bedroht? Bitte melden! geschrieben von JoNec am September 10. 2001 um 14:22:47:
Äääähhhh - da is dieser Thread doch genau während meines Urlaubs gewesen - und dann hab ich ihn wohl übersehen - shame on me :-))
Deshalb jetzt etwas verspätet mein Senf:
Erstmal was einfaches zur Einführung - in unserer Gegend (Rhein-Main-Gebiet) gehen die "regelmäßigen" Auftrittsmöglichkeiten für Amateur/Semi-Profi-Live-Bands so langsam gegen Null :-((((
Ich mach ja auch schon einige Jährchen Live-Musik und bekomme diesen Niedergang ja auch am eigenen Leib zu spüren - kleines Beispiel Frankfurt-Sachsenhausen - quasi die Düsseldorfer Altstadt für Arme :-)))))))) Bis vor ein paar Jahren gabs allein dort im Umkreis von 500 Metern 6 oder 7 Kneipen in denen TÄGLICH Live-Musik war - d.h. pro Woche fast 50 Auftrittsmöglichkeiten - mittlerweile ist es glaub' ich nur noch eine Kneipe - und da auch nicht mehr täglich :-((((
Klar - diese Kneipen haben nicht viel gelöhnt - (Höchstgage waren 1000 Mark) - aber da konnte man sich so richtig seine Sporen verdienen - wir haben da in unserer Anfangszeit 2 bis drei Gigs im Monat in verschiedenen Kneipen gehabt - sowas formt :-))) Stilmäßig gabs da fast alles, bei dem Instrumente zum Musik machen benötigt werden und nicht wenige Bands haben durch die Auftritte dort ihre anderen Gigs bekommen.
Ebenso gab es hier in der Gegend immer sowas wie "Rock an Kerb" in jedem Kaff (für die Nichthessen - 'ne Art Kirmes) - oder zu irgenwelchen Festivitäten wie "50 Jahre Feuerwehr KLeinquetschemombach" wurde immer ein "Abend für die Jugend" gemacht. I.a. lief das so, daß eine bekanntere Band der Hauptact war und ein oder zwei Vorgruppen aus dem Kaff oder der näheren Umgebung. (Da wurde auch richtich gelöhnt - zumindest für die Hauptband :-)))) - entweder man machte 'nen Prozent-Deal auf Eintritt - bei Festen mit teilweise über 3.000 Leuten (da kam nämlich der ganze Ort) hat sich das schon richtig gelohnt (das war'n dann immer so zwischen 800 und 1000 Mark pro Musiker :-))) oder halt 'ne Festgage (meist in ähnlichem preislichen Rahmen).
Heute gibts diese Feste natürlich immer noch - aber da legt dann der bekannt DJ Robby Platten auf - für 4.000 Mark oder noch mehr - und da ja trotzdem noch 3.000 Zuschauer kommen, macht der Veranstalter natürlich unterm Strich mehr Schotter. Das ganze hochgerechnet auf einmal Kerb und ein anderes großes Fest pro Jahr und pro Kaff - das waren 'ne Menge Auftrittsmöglichkeiten.
Klar - hier und da sind natürlich immer noch irgendwelche Veranstaltungen mit Live-Bands - nur können die das nicht alles auffangen - und sobald mal wieder 'ne Band auftaucht, die halbwegs gut ist, spielt diese Band auch ersma ein Jahr lang bei fast allen diesen Veranstaltungen. (Hier bei uns im Rodgau ist es im Moment "Hot Stuff" - klasse Band, gute Show, machen Covers aus der 70er-Jahre-Disco-Zeit. Die haben letztes Jahr bei 'nem großen Stadtfest gespielt und spielen jetzt dieses Jahr auf der Rodgauer Kerb, beim 25-jährigen Jubiläums des Rodgauer Hundevereins, beim Rock am Rodgauer Badesee, beim jährlichen Rodgauer Rock im Wald, beim Rodgauer ...) Btw. is jetzt KEINE Kritik an Hot Stuff!
Genauso schwer ist es aber mittlerweile IMHO (auch für den Veranstalter) das Publikum einzuschätzen. Zu meiner Jugendzeit vor so ca. 2 Jahren :-)))) war es "Pflicht" zu diversen Veranstaltungen mit Live-band zu gehen - zu den "Crackers" MUSSTE man einfach hingehen, wenn sie in der Gegend gespielt haben - die Crackers UND natürlich ein, zwei Vorbands !!! (Wahrscheinlich isses heute bei den Kids eben DJ Robby, wo man hingeht.) Aber was Live-Bands angeht: schwierig - kleines Beispiel (hat mir Mob Böttcher, der Drummer von den Rodgau Monotones vor kurzem erzählt: Ein Freitag im Mai, Schloßgrabenfest Darmstadt, Rodgau Monotones spielen vor 4.000 begeisterten Zuschauern. Ein Tag später, Dietzenbach, Hessentag, Rodgau Monotones spielen vor 8.000 begeisterten Fans. Eine Woche später, ich glaub' es war in Hanau, Rodgau Monotones, 50 begeisterte Fans :-(((
Noch 'n Beispiel: In Darmstadt ist zweimal im Jahr sowas wie 'ne Stadtviertel-Kneipennacht. In nahezu JEDER Kneipe (ich glaub, da kommen immer so an die 80 Kneipen zusammen) gibts in dieser Nacht Live-Musik - vom Alleingitarristen bis zum Orchester, auf teilweise engstem Raum (und alle spielen umsonst und nirgendwo kostet es Eintritt) - ich selbst geh da gar nicht mehr hin, weil man da Gefahr läuft, totgetreten zu werden. Egal - auf jeden Fall isses immer knüppelvoll und die Leute sind immer begeistert von der Live-Musik. Drei Wochen später spielen in der Krone in Darmstadt "Die Chefs" - klasse Band, eigene Songs, Suuuper-Show. Eintritt: 5,00 DM. Zuschauer )einschließlich meiner Person): 12 :-(((( Genau in dieser Krone haben vor Jahren Leute wie Nina Hagen, Hermann Brood, Spider Murphy Gang, Hannes Bauer, Colin Hodginson usw. usf. gespielt, es wurde in der Krone täglich Live-Musik geboten (unter der Woche natürlich auch für unbekannte Bands) - sowas kann sich die Krone nicht mehr leisten und immer öfter ist nur noch am Wochenende Live-Musik.
Liegts am Eintrittspreis? An der Übersättigung? Brauchen die Leute ein "übergeordnetes tolles Event", um sich mal wieder 'ne Live-Band anzugucken. Gibt es immer weniger Plätze zum Musikmachen, weil die Veranstalter Angst haben, nicht auf ihre Kosten zu kommen? Ich weiß es nicht.
Etwas anders sieht es bei der Schlagerband aus - die Auftrittsmöglichkeiten (i.A. irgendwelche Veranstaltungen, wo darauf Wert gelegt wird, daß getanzt wird) sind eigentlich noch die gleichen wie damals als ich in meiner ersten Top40 Band gespielt hab'- das is nich mehr und nich weniger geworden - nur werden viele dieser Auftrittsmöglichkeiten von meinem musikalischen Feindbild Nummero Uno blockiert: dem AU (für Nicht-Insider: Allein-Unterhalter :-))) (Ich muß dazu sagen, es gibt auch gute AUs - die sind aber so selten wie Schnee an Weihnachten :-)))
Wenn man dann allerdings an Gigs rankommt, sind die in der Regel gut bezahlt (wir spielen so ab 3.500,- DM aufwärts) - aber da die Band ja aus lauter Altsäcken und einer wunderschönen jungen Sängerin besteht, wollen wir auch nicht unbedingt jedes Wochenende spielen - 14 - 16 Gigs im Jahr und dann isses ok :-)))
Puuuhhh, war mal wieder lang :-))))
Gruß
Oly
verfasste Antworten:
Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.
|