Re: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden?


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Beitrag von Johannes vom Juni 11. 2022 um 08:38:17:

Als Antwort zu: (Philosophie) Seid ihr als Musiker glücklich? Zufrieden? geschrieben von Der Felix am Juni 09. 2022 um 18:48:47:

Moin Felix,

das sind gute Fragen.

Insgesamt bin ich musikalisch derzeit insgesamt sehr zufrieden. Ich habe eine Band und eine Art Bandprojekt. In beiden spiele ich mit Leuten zusammen, die ich sehr mag, und mache Musik, die ich mag. Diese Kombination ist für mich das allerwichtigste, und ich weiß, dass ich großes Glück habe, dass es in beiden Projekten so zusammenpasst. Darüber hinaus habe ich es gut getroffen, dass ich mit Musikern zusammenspiele, die in mancher Hinsicht besser sind als ich. So kann ich auch viel dabei lernen. Und ja, die Proben machen durch diese Kombination tatsächlich immer Spaß.

Mit einem der Mitmusiker habe ich auch regelmäßig zu zweit Musik gemacht, als Bandproben wegen Corona nicht stattfinden konnten. Die Zeit war für mich doppelt schlimm, weil meine Frau und ich uns gleichzeitig getrennnt haben. Da haben wir uns zusammengesetzt, ein bisschen gequatscht und ein paar Stunden gemeinsam improvisiert. Die Sessions hätte eigentlich die Krankenkasse zahlen müssen, weil sie für mich auch therapeutische Wirkung hatten.

Auch sonst merke ich, dass es mir gut tut, wenn ich mich zu Hause hinsetze und Musik mache, egal, ob ich für die Band übe, einfach so herumdudle oder die Möglichkeiten meines Pedalboards erforsche und im Sound bade.

Mit unserer Band sind wir für meinen Maßstab tatsächlich erfolgreich, das liegt an zum einen an unserem Schlagzeuger, der sehr rührig ist und viel PR bei Internetradios und Blogs macht. Auf die Weise haben wir genug CD- und Downloadverkäufe, dass wir auch unsere nächste CD damit finanzieren können. Finanzieren heißt dabei: Die Herstellungskosten decken und noch ein bisschen Aufnahmeequipment bezahlen. Aufnehmen, Mischen und Artwork machen wir selber. Ich weiß, dass wir mit unserer Musik nur eine kleine Zielgruppe haben, und es freut mich, dass außer uns noch ein paar Leute Spaß daran haben. Das ist für mich auch die Hauptdefinition von Erfolg: Musik zu machen, die mir gefällt, und damit Leute zu berühren. Geld muss ich damit zum Glück nicht verdienen, in der Hinsicht ist es nach wie vor ein Zuschussgeschäft.

Was fehlt noch zum Glück? Wenn ich mir Aufnahmen anhöre, egal ob Probenmitschnitte oder unsere offiziellen, bin ich oft genug unzufrieden mit dem, was ich da von mir höre. Da fällt es mir oft schwer, eine zu Balance finden, das als Ansporn zu nehmen mich zu verbessern und mich selbst nicht zu sehr dafür zu kritisieren. Mit etwas zeitlichem Abstand fällt es mir dann leichter zu akzeptieren, dass da zum Teil auch Grütze dabei ist, dass es aber gar nicht so schlecht ist (manchmal sogar richtig gut) und ich es vor allem so gut gemacht habe, wie ich es zu dem Zeitpunkt konnte.

Ich habe mal gehört, dass es sinnlos ist, Glück anzustreben, und dass Zufriedenheit das bessere Ziel ist. Das Glück kommt dann hoffentlich von selbst. Und ich bin froh sagen zu können, dass ich musikalisch gerade sehr zufrieden bin. In manchen Momenten bin ich dann sogar glücklich, aber vielleicht sind das nur die Drogen. ;-)

Viele Grüße!
Johannes




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