Re: (Philosophie) Der Backupwahn was steckt wirklich dahinter?
Beitrag von Ugorr vom November 08. 2012 um 19:41:26:
Als Antwort zu: (Philosophie) Der Backupwahn was steckt wirklich dahinter? geschrieben von Dan am November 08. 2012 um 17:24:12:
Moin.
Ich bin ja auch als Techniker unterwegs. Ich habe schon alles kaputt gehen sehen. Alles. Wasserschäden, Feuer auf der Bühne oder im Licht, besoffenes Publikum auf der Bühne, die in die Gitarren fallen, das gleiche mit Musikern. So eine Lesliestory habe ich auch schon erlebt. Gerne wenn an dem gleichen Stromgenerator die Fritteusen hängen. Wenn das Publikum Pommes will, geht das Licht aus.
ein paar krasse Begebenheiten:
Aus dem Publikum: Bassist bekommt über sein Mikro(er hat es angefasst) einen Stromschlag und fällt um. Notarzt, Krankenwagen - lange Zeit im Krankenhaus. Der PA Verleiher hatte beim Drehstromstecker den Nullleiter getrennt. Der arbeitet in dem Bereich übrigens nicht mehr.
Sylvester 1999 - der Lichtmann fällt aus 15m von der Decke. Der Movinghead, den er anbringen wollte zerschellt in der Bestuhlung. Er hat sich nicht viel getan, so 2m über dem Boden hing er in seinem Klettergurt. Er hatte sich zum Glück gut genug gesichert.
Und mein kleiner persönlicher Rekord im Saitenwechsel: Gitarrist der Band auf der Bühne zerschreddert 2 Saiten im dritten Song. Tritt ans Mikro und lallt: Kann mir mal jemand ne Klampfe leihen? Er bekam dann meine eigene für den nächsten Song. Als er damit durch war hatte ich seine Gitarre einmal neu besaitet, ein Kollege hat Spaßeshalber die Zeit genommen. Ich brauchte eine Minute, 30 Sekunden und stand noch eine Minute an der Bühnenkante rum. Der Typ war leider so sehr auf irgendwelchen Substanzen das er mich mit seiner Gitarre neben sich auf der Bühne nicht bemerkte. Ich musste ihn anbrüllen.
Metalbands mit Selbstgebauter Pyroshow habe ich auch schon erlebt. Da war dann vom Flock der Boxen und vom Molton nicht mehr viel übrig. Wie deren Backline nach dem Einsatz des Pulverlöschers aussah, weiß ich nicht mehr.
Ich bin tatsächlich etwas Backupwahnsinnig geworden. Wenn aber jeder aus der Band ein, zwei Teile als Notfallequipment mit hat, kann man idR Gigs zu Ende bringen. Gitarristen eben POD o.ä., Bassisten spielen direkt in eine DI usw. Kabelbruch ist der mMn häufigste Fehler, da also immer eines mehr einpacken als gebraucht wird. Ein Ersatzmikro inkl Kabellage und Stativ sollte bei größeren Bands mit. Ich habe meistens noch einen kleinen Aktivmonitor im Auto, der hat schon so manchen Gig gerettet oder einfacher gemacht. Eine Ersatzgitarre pro Band reicht oft auch aus. Geht die Akustikklampfe des Sängers flöten, spielt man eben clean eine Strat oder Tele. Geht dem EGitarristen was kaputt, kann der ebenfalls den Ersatz nutzen.
Flexibel sein in der Setlist und im Konzept ist natürlich wichtig, da muss dann eben mal ein Song ausfallen oder der Sänger bei Ärger mit seinem Mikro über das Backingmikro des Gitarristen weitermachen. Sowas geht bei Theaterproduktionen o.ä. natürlich nicht oder nur schwer. Bei meinem Akustikduo sind die meisten Songs mit 2 Gitarren arrangiert. Fällt dort eine aus, geht es aber auch nur mit einer. Mein Kollege ist da zum Glück fit genug um auch ewig geprobte Songs kurz zu ändern.
Meinlieblingsnotfallgerät ist übrigens mein iPhone. Mit passendem Interface kann man Gitarre spielen, Effekte nutzen, Texte gucken, Synthiesounds erzeugen oder eben Playbacks abfeuern. ;) Ansonsten gilt: Was mit Gaffa, Kabelbinder und WD40 nicht repariert werden kann, ist tatsächlich kaputt.
Gruß
Ugorr
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