Re: doch eine Grundsatzdiskussion


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Beitrag von Harvey vom Januar 31. 2001 um 12:12:42:

Als Antwort zu: doch eine Grundsatzdiskussion geschrieben von Matthias am Januar 31. 2001 um 09:42:39:

Schwierige bzw. einfache Frage - kommt darauf an, wie man´s haben will.

Mit der Kombination Replifex/Intellifex habe ich vor kurzem Demo-Aufnahmen für mein Rock-Trio gemacht, wobei die Instrumental-Tracks zu dritt gleichzeitig aufgenommen wurden - keine Overdubs (keine nachher draufgespielten Soli, keine gedoppelten Spuren etc.), da habe ich alle Gitarreneffekte bis auf große Räume so aufgenommen, wie ich sie eben auch live einsetze. Hinterher beim Mischen noch rumgebastelt - kommt schon nahe an Produktionsqualität heran (zumindest für Laien-Ohren).

Was das Intellifex XL angeht - das hat bei Delay und Reverb einen besseren Frequenzgang und eine höhere Auflösung als das Standardmodell - ich schätze nur, daß das live nicht so wichtig ist (Gitarren haben ja keinen HiFi-Frequenzgang). Bei Gesang sieht das ja schon wieder anders aus.

Es gibt ja die Regeln, Verzerrung nicht vor Delay und Reverb oder überhaupt zeitachsenverschiebenden Effekten einzusetzen, weil das mehr oder weniger "matscht". Zerren kann aber bei einem Gitarrensetup alles mögliche: Die Pickups selber, Bodenpedale, der Pre-Amp, die Endstufe und zuletzt die Lautsprecher, das gibt je nach Mischung dann ganz spezifische Ergebnisse. Idealerweise nimmt man dann eben das Speaker-Signal als letztes in der Kette und schickt das erst durch Delay/Reverb - geht ja auch live so, mit einem dreikanaligen Setup. Mit letzterem konnte ich mich übrigens nie anfreunden -schlecht zu orten au der Bühne. Besser, der ganze Krach kommt mono aus einer Ecke (IMHO).

Andererseits - unordentlich geht auch. So ein bisschen oder auch mehr Dreck in der Leitung kann ja ganz charmant wirken - ein verzerrter Chorus z.B., wenn Delayzeiten und Pitch nicht zu extrem eingestellt sind. Es gibt ja auch Leute wie Eric Johnson, die ein Echoplex mit seinem miesen Frequenzgang (wo jedes weiter Delay immer ein bisschen dumpfer klingt als das davor) vor einen immerhin noch leicht crunchenden Plexi hängen, und es klingt auch - nur eben nicht so klinisch-sauber. Oder man denke an den Federhall - klingt direkt aufgenommen anders als hinterher dazugemischt. Alles Geschmackssache.

Manche Effekte muß man (IMHO) auch direkt mit aufnehmen, die kann man nicht hinterher dazumischen, etwa ein Wah, Octavia, Univibe - ein Compressor vor dem cleanen Amp klingt auch ganz anders als ein hinter dem Speaker-Signal eingesetzter usw usw usw ...

Ich selbst habe immer die besten Erfahrungen damit gemacht, alle Gitarreneffekte direkt aufzunehmen außer längeren Delays und Hall - dann hat man beim Mischen mehr Möglichkeiten, mit Räumen, Vor- und Hintergrund zu arbeiten. Dabei entscheidet sich meist, ob es amateurmäßig-brav klingt oder nicht.

Mein Setup bei den Aufnahmen war eine Mischung aus vorgeschalteten und eingeschleiften Effekten:

Git -> Ultimate Octave/Fuzz -> Wah -> Vibe -> Voodoo-Fuzz-> Octavider -> Clean Boost -> Metal-Distortion -> Compressor/Enhancer -> Tremolo -> Chorus -> Tube Factor -> (Pre-)Amp Clean/Lead -> Replifex -> Intellifex -> (Power-)Amp - 2x12.

"Was will der mit den ganzen Distortion-Pedalen"? Ganz einfach: Fuzz vor Wah klingt z.B. anders als umgekehrt, gilt genauso für Vibe, Chorus etc. etc.

Das heißt, wenn es um die Frage geht, welche Effekte man als Gitarrist im Studio verwendet und welche nicht: Kommt eben drauf an, was man ungestraft hinterher noch dazumischen kann und was nicht.

Übrigens - Lautstärke bei Aufnahmen: Da ich mit dem Drummer im selben Raum aufnahm, durfte es nicht so laut sein, ergo: Statt 4x12 (die erheblich fetter klingt, wenn man davor steht) nur den 2x12-Combo genommen, leiser als bei Proben eingestellt, "abgemaikt" (ohne Raum-Mikro, klar) und in Matratzen eingepackt, Monitorsound über kratzigen Kopfhörer: Hatte noch nie einen fetteren Gitarrensound auf Band bzw. Hartplatte.

So, hab´ich mich mal wieder subjektiv geouted, aber wir sind hier ja unter uns ;-))).

Cheerio, Harvey



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