(Band) Erfahrungsbericht: Bluesrock unplugged - wir haben es gestern getan


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Beitrag von Dan vom Februar 18. 2006 um 10:15:09:

Hallo zusammen,

vermutlich kann sich der eine oder andere von Euch noch an das erinnern.
Gestern Nacht war es dann wirklich so weit, wir hatten unseren ersten "unplugged"-Gig und ich will Euch einen kleinen Erfahrungsbericht aus meiner Sicht geben.

Wir spielten im Großen und Ganzen unser elektrisches Repertoire ohne große Änderung. Wir sind ja eigentlich ein Trio mit Baß Gitarre und Drums, für diesen Gig jedoch griff unser Basser auch zur Gitarre und so haben wir uns dann die Soli auch etwas untereinander aufteilen können, was ja sonst nicht funktioniert. Um die Lautstärke in Grenzen zu halten spielte der Drummer nur mit Snare, Ride und Hihat, aber das ganze mit Besen. Da wir alle schon lange Musik machen fiel uns die Umstellung nicht sehr schwer und wir haben in nur zwei Proben einen ausgewogenen in sich stimmigen Klangkörper hinbekommen.

Als der Gig immer näher kam, spürte ich, daß ich eigentlich fast so nervös wie vor meinem allerersten Auftritt war.
Es gab so viele Unwägbarkeiten - vor allem paradoxerweise mit der Technik. Wenn eine Band mit dieser Instrumentierung auf der Bühne spielt, nennt man es vielleicht "akustisch" oder "unplugged", aber in der Praxis braucht man ja doch eine Verstärkung damit man einigermaßen gehört wird und gerade diese finde ich hat's in sich, vor allem für uns, die wir mit der Verstärkung von akustischen Istrumenten keine Erfahrungen haben. Da sind bei mir schon Zweifel aufgekommen, ob ich das wirklich packe neben dem Singen auch mit der Gitarre den Abstand zum Mikro richtig einzuhalten oder sogar anzustoßen.
Um wenigstens diese Befürchtungen ausschließen zu können habe ich mir dann letzte Woche noch recht kurzentschlossen das Körperschallmikro AKG C411 zugelegt. Das kleine Kontaktmikro wird wie ein PiezoTA auf der Gitarrendecke befestigt. Es arbeitet aber wie ein Kondensatormikro und hat mich klanglich und vom Handling her voll überzeugt.

Noch ein Wort zu den Gitarren selbst. Ich spielte meine Maccaferri-Kopie und unser Basser seine Flamenco Gitarre. Beide Instrumente sind zwar in Natura recht laut, haben aber keinerlei eingebaute Tonabnehmer. Unser Basser benutzte ein AKG C1000, welches ich vom Sound her recht gut fand, ihn aber sozusagen an seinen Platz fesselte.

Durch den Kauf des Kontaktmikros hatte ich also eine Sorge weniger, was blieb war der Zweifel, ob unser Spiel beim Publikum akzeptiert wird, vor allem über die geplante Distanz von 3 x 45 Minuten.
Gestern Abend war dann die Stunde der Wahrheit. Um dem Ganzen einen stimmungsvollen Rahmen zu geben, hatte meine Frau die Idee, einen kleinen runden Tisch mit Tischdecke und "Vampier-Kerzenleuchter" auf der Bühne aufzustellen. Darum konnten wir uns gruppieren und das Flair eines gemütlichen Wohnzimmers verbreiten.

Als Konzertauftakt ging meine Frau auf die Bühne, zündete die Kerzen an und sagte uns an und informierte das Publikum über den Hintergrund unserer Akustik-Aktion (Lärmprobleme des Liveclubs mit Anwohnern, leise Musik bis Schallschutzumbauten erfolgreich beendet sind) So konnten wir mit dem ersten Applaus auf die Bühne kommen.

Das wir "unplugged" spielten war im Vorfeld übrigens nicht bekannt, die Programme des Clubs waren schon gedruckt. Umso mehr hatte ich die Befürchtung, daß vielleicht viele, die ein Bluesrocktrio die Dr. Feelgood und Gallagher interpretieren enttäuscht sein und wieder gehen könnten. Nichts davon geschah und der Club war voll. Es waren zwar viele Bekannte und Freunde da, aber auch viele Fremde, die unserem Ruf gefolgt sind und es war ironischerweise der best besuchteste Gig den wir je in diesem Club hatten - und das waren über die Jahre schon einige.

Wir fingen an zu spielen und wir merkten die positive Anspannung in uns, die uns wirklich weiter brachte. Wir versuchten Konsequen von Anfang an das Publikum auf unsere Eite zu ziehen und das gelang. Vom zweiten Stück an wurde mitgeklatscht und es war eine super Stimmung.
Apropos Stimmung - Da ich ja nur eine Akustikgitarre besitze, mußte ich diese auch für die Slidestücke benuzten und somit (auf open E) umstimmen. Um die Unterbrechungen in Grenzen zu halten, habe ich die Slidestücke an die Enden der Sets gelegt, so daß ich in den Pausen wieder zurückstimmen konnte. Auf die offene Stimmung habe ich jeweils nach Gehör gestimmt, zurück mit Stimmgerät. Jetzt weiß ich erst, was es für ein Vorteil ist, eine E-Gitarre an einem TU-12 hängen zu haben :-) Aufgrund der Nebengeräusche war es kein Vergnügen in den Pausen mit dem Stimmgerät mit eingebautem Mikrophon zu arbeiten. Sollte sich diese Akustik-Auftritte wiederholen, werde ich mir sicherlich eine andere Lösung einfallen lassen müssen.

Zurück zum Gig selber, es ist unwahrscheinlich, was mit mit Mitstampfen und Mitbewegen an Energie aufs Publikum übertragen kann. Aber es artet schon richtig in Arbeit aus :-) Es lief in jeder Beziehung hervorragend, auch wenn mir manchmal die erweiterten Register der E-Gitarre gefehlt haben - Die Stimmung war super. Der Abend wurde m zwei Zugaben beendet und da ich meine Armbanduhr blöderweise vergessen hatte, haben wir sogar noch zu länger gespielt - und das ohne daß es dem Publikum oder uns zu lange vorkam.
Glück hatte ich übrigens bei einer Unwägbarkeit, an die wohl niemand denken würde. Als ich vor den Zugaben wieder umstimmte, zerbröselte mir buchstäblich der Plastikwirbel der G-Saite. Und das, nachdem die Saite in tune war :-)
Also wenn jemand einen Tip hat, wie man das Teil ersetzen kann...

Fazit:
Uns hat der Akustikabend wahnsinnig Spaß gemacht und das Publikum hat's gemerkt. Wir werden solche Aktionen wiederholen.
Aber an den Spaß es mit E-Gitarre so richtig krachen zu lassen kommt es nicht ran :-)

Müde Grüße
Dan

PS: Außerdem tun mir die Finger weh - ich bin die 12er Saiten nicht gewohnt.


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