Re: Klischee???


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Beitrag von Rainer Hain vom November 23. 1999 um 20:57:37:

Als Antwort zu: Klischee??? geschrieben von Pepe am November 23. 1999 um 18:31:47:

: Schön, daß es hier auch Taster gibt!!

Ich bin aber eigentlich Gitarrist. ;-))
Keyboards spiele ich zwar auch, aber mein Hauptinstrument ist das nicht. Ich habe eigentlich eine klassische Gitarristenkarriere:
Nach dem sich die letzte Band aufgelöst hat, habe ich die damals aufkommende Technik mit Sequenzern, Samplern und Synths genutzt, um eine kleines Studio zu haben, in dem ich meine Songs endlich mal mit den Arrangements aufnehmen konnte, die ich mir sonst nicht hätte leisten können (Streicher, Bläser, mal einen "richtigen" Pianosound).
Dabei bin ich dann hängen geblieben, wie viele aus der Zunft.


: Um jetzt mal das Keyboarderklischee zu bemühen: Kann's daran liegen, daß sonst hier so wenige sind, weil hier doch ziemlich viel über Bandkram und so gepostet wird, während die Keyboarder der 90er mit ihrem Kram es sich musikmäßig selbst besorgen können und sich auch deshalb nicht so ganz mit der "Allemusikerkiste" identifizieren können?


Ja, so ungefähr ist das.
Es hat einfach etwas mit der Musik zu tun. Die Musik der 90er lebte von Produzenten und 1-2 Mann Projekten, die in einem kleinen Studio vor sich hin produzierten und auf einmal Welthits hatten. Bestimmend sind da Sounds, Samples und Loops. Der Sound ist gleichberechtigt, wenn nicht sogar wichtiger als der Song. Vor allem waren und sind neue Sounds interessant. Die typischen Gitarrenlicks hört man seit 30 Jahren, irgendwann kommen sie einem zu den Ohren heraus. Bandmusik und Blues in E waren eine Zeit lang daher schlicht tot. Was für uns vielleicht noch Gitarrengötter waren, kennt heute keiner. Die Klassiker für die meisten Musiker von heute sind die 80er, also Depeche Mode und Konsorten.
Das kann man auch an den Auflagenzahlen von G&B verglichen mit Keyboards ablesen.


:(Ernstgemeinte Frage, bitte um Aufklärung) Irgendwie hast du ja auch mal hier hingefunden und bist hiergeblieben, also scheinst du dich unter dem großen Haufen Saitenquälern irgendwie wohlzufühlen.


Nun ja, ich lese nur mit, wenn ich gerade mal etwas Zeit habe. Ich bin darauf gekommen, weil unser Webmaster Georg uns mal bat, das G&B anzuschauen, weil er lauter negatives Feedback bekam. Da ich aus der Gitarrenszene irgendwann mal ausgestiegen bin, fand ich es fast wieder nostalgisch, im "Grünen" Leute sich Kopf über Les Pauls und Strats einschlagen zu sehen. Interessiert mich selbst aber weniger. Ich hatte irgendwann mal meinen Sound, meine Gitarre und meinen Verstärker. Mich interessiert heute eher, wie ich den Sound auf's Band bekomme, wie ich Sounds in Arrangements einsetze, wie man Synths und Sampler einfügt, wie man Drums macht, welche Samples da gut klingen, welche Effekte ich wo einsetzen kann und wie.

Und nebenbei hat Keyboards sein Redaktionsbüro gleich neben den zwei Zimmern von Gitarre und Bass. ;-) Da schaut man schonmal, was die Kollegen so mit ihrem Forum treiben.


:Warum tun das, deiner Meinung nach, die anderen Keyboarder nicht? Zu Sauhaufen in Proberäumen, Gigbeschaffung und Schneechaos in Berlin können die doch eigentlich genausoviel sagen wie "wir" ...


Proberäume sind so selten geworden wie Live Musik. Gigs haben die Jungs auch nicht mehr, sondern Events und da tauchen sie mit einer TB-303 und einem AKAI MPC 2000 auf und machen alleine oder mit einem DJ einen Höllenlärm.

Bandmusik funktioniert heute anders. Bei Bands wie Faithless oder Prodigy oder Nine Inch Nails gibt es ja noch eine Menge Gitarren, allerdings muß da jeder der Beteiligten undogmatisch und kompromissbereit sein. Und Gitarristen haben den Hang zur Diva. Das kann man an den POD-Diskussionen im Grünen Forum sehr schön sehen. Eine ähnliche Revolution gab es vor Jahren bei den sog. virtuell-analogen Synthesizern. Die Diskussion unter Keyboardern war aber längst nicht so emotionell, ja kaum vorhanden. Da geht es eher so nach dem Motto "klingt gut, setze ich in dem und dem Stück ein". Fertig und ab dafür. Man denkt als Produzent oder Keyboarder eher funktional und das bestimmt auch die Technikdiskussionen. Wobei Keyboarder auch den Vorteil haben, das jeder Microwave XT gleich klingt. Das tun Les Pauls in der Regel nicht ;-))


Und schließlich ein gewichtiger Grund:
Das Keyboards Forum existiert und stellt die Leute mehr als zufrieden. Die brauchen nichts anderes ;-))
Allerdings haben wir dort auch etwa die zehnfache Zahl an Postings als das G&B Forum. Im Moment ist das Niveau auch richtig gut. Wir hatten auch Zeiten, wo das anders war. Das Kindergartenniveau von dem Thread "wo sind alle Veteranen hin" hatten wir allerdings noch nie.


Rainer


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