Re: (Philosophie) Wann ist man einer schlechter Musiker?Beitrag von Bernd vom Oktober 25. 1999 um 11:22:21: Als Antwort zu: (Philosophie) Wann ist man einer schlechter Musiker? geschrieben von Benjamin S. am Oktober 25. 1999 um 10:16:15: Hi Benjamin! Gut oder schlecht, was sind denn die passenden Kriterien?
Vor ungefähr 1 ½ Jahren zog ich in die Gegend wo ich jetzt wohne und dort war ich einige Monate auf Bandsuche. Ich habe in dieser Zeit etliche Musiker kennengelernt: schlechte Musiker, die sich für gut halten (harmlos, weil schnell zu erkennen), gute Musiker, die ihr Licht unter den Scheffel stellen (auch mit denen kommt man klar) und sehr gute Musiker, die sich für brilliant halten (gefährlich). Bei einer Band, wo ich ungefähr 3 Proben mitmachte, habe ich in dieser Beziehung sehr viel gelernt. Es fing damit an, daß ich eine Anzeige aufsetzte. Ich hab mich da selbst als Hobbymusiker mit durchschnittlicher Band-Erfahrung klassifiziert - also für jeden erkennbar, was er ungefähr erwarten kann. Es meldete sich unter anderem ein Jazz-Gitarrist, der hier in der Gegend recht bekannt ist. Ein Profi, der von der Musik lebt (im wesentlichen vom Unterrichten, wie ich heute weiß). Er suchte für sein Trio einen Bassisten. Die Profi-Bassisten aus der Gegend hätte er schon alle - mit schlechten Erfahrungen - so ziemlich durch. Er hätte lieber einen versierten Ammateur. Der wäre vielleicht nicht ganz so top, aber so jemand würde nicht zuerst nach der Gage fragen und hätte noch richtig Bock auf Musik. Ich bin dann mal hin. Der Gitarrist und der Drummer waren wirklich Sahne. Super-Musiker. Eine andere Liga, und das sagte ich dann auch gleich. Der Gitarrist meinte dann, ich solle mir darum keine Sorgen machen, wir bekämen das schon hin. Nach drei Proben hatte ich allerdings von den Sahne-Musikern genug, und zwar aus folgenden Gründen: - während der 4-stündigen Proben wurde im Durschnitt eine Stunde musiziert. Während der restlichen Zeit tauschten die beiden Erfahrungen darüber aus, was sie in der Vergangenheit für tolle Bands hatten, mit wem sie schon gespielt haben und wer von Rang und Namen sie alles schon in seiner Band haben wollte - ein Stück zu proben lief so ab, daß ich ein Lead-Sheet bekam, das mit "altb13#5sus2..."-Akkorden vollgeschrieben war. Es wurde sofort losgespielt und nach einigen Takten kam Stop, jeweils mit mitleidigen Blicken und Anmerkungen in der Art "Du kennst ja nicht mal die Modes...." - man hatte ständig das Gefühl, daß es nicht darum ging gute Musik zu machen, sondern darum herauszustellen, was man alles auf der Pfanne hat. Die Musik war reine Nebensache.
Kurze Zeit später fand ich die Band, wo ich jetzt mitspiele. Leute mit ganz durchschnittlichem Können, also weitaus "schlechtere" Musiker als meine beiden Jazzer. Dafür Leute die das Gefühl vermittelt haben, daß sie die Musik mögen, die sie spielen und daß sie sich darüber freuen, daß ich mitmache. Mit dieser Band trete ich regelmäßig auf, während man hier in der Gegend von der um einige Klassen besseren Band dieses Gitarristen nichts hört. Und jetzt komme ich endlich wieder zum Punkt. Was ist ein guter bzw. schlechter Musiker. Auf seinem Instrument was zu können ist nicht ganz nebensächlich. Es ist aber nur ein Teil davon, was einen guten Musiker ausmacht. Auch jemand, der in seinen technischen Möglichkeiten beschränkt ist kann gute Musik machen vom Publikum geschätzt werden. Wenn man sich auf die Musik selbst konzentriert, haut es schon hin. Habe fertig
Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden. |