Liebes Tagebuch ....


[ verfasste Antworten ] [ Ganzer Thread ] [ Aussensaiter-Forum ]

Beitrag von Striker vom Juni 27. 2005 um 15:30:38:

Moin zusammen,

das Musikantenleben ist ja immer wieder für ein Schmankerl gut und ich schreib Euch mal ein paar Zeilen, wie es uns am WE ergangen ist - in der Hoffnung, dass wir nicht alleine sind *schnüff*

Gebucht waren wir für ne MC-Party, draussen, zwei Bands, Stripshow, das übliche. Ankunft pünktlich, erster Eindruck: Puh, trotz Unwetterwarnung trocken, Bühne größer als auf den Bildern, PA-Leute am Aufbauen, viele Bekannte zum Begrüßen, die ersten Pilse inner Hand, alles schön.

Dann irgendwann die Nachricht, dass die bestellten 32 Ampere höchstens 16 werden, Endstufen der PA laufen gar nicht erst hoch, von Licht ganz zu schweigen. Tolle Wurst, wat nu? Die Schall-Fritzen probieren’s trotzdem in ner abgespeckten Version. Spannungsschwankungen, Ergebnis: eine von drei Crest-Endstufen im Eimer, Frequenzweiche bzw. Lautsprecher-Management-Teil abgeraucht.

Veranstalter will neue PA ranschaffen, die mit weniger Power auskommt und entsprechend Leistung umsetzt – na toll, wir warten also.

Mittlerweile wärs eigentlich schon Zeit für unseren Auftritt gewesen, aber an Spielen war nicht zu denken – die Laune aller Beteiligten sank rapide, immerhin war ja noch ne Band nach uns dran und nen Strip und all so’n Gedöns sollte zwischendurch ja auch noch laufen. Außerdem isset schweinekalt, ich war auf 30 Grad und Sonne eingestellt, hab nichtma nen Sweatshirt mit und frier mir den Arsch ab. Fenderman-Schatzi leiht mir seine Bomberjacke, ich mach mir die Verlängerungsbeine an meine Multifunktionshose ausm Aldi.

Kabelmessungen ergaben mittlerweile 30 Volt pro Phase. Da nützt wohl auch die noch ranzuschaffende Ersatz-PA nix mehr, da kannze ja nicht mal nen alten Riemenplattenspieler mit ans rotieren kriegen. Die Stimmung sank weiter, das Alk-pro-Nase–Verhältnis wuchs dramatisch.

Plötzlich neue PA aufm Hof, schnell schnell, Aufbau. Zwischenzeitlich hatte man erkannt, dass das Hauptkabel defekt war und legte ein neues – ohne Schutzleiter, sehr schön. Also noch mal neues Kabel besorgen, inzwischen ganz fix alte PA runter, neue PA rauf. Soundcheck dauerte rund drei Minuten, dann soll’s losgehen. Nochmal eben ein Stück anspielen, um zu testen, ob mit alle Mann auch hinhaut – ich hör nix auffe Monitore, is klar, die neue PA hat keine Power mehr für vernünftigen Bühnensound, die Backline brüllt uns an ... Super, sing ich wieder mal ins Nichts, sehr schön. Nach zwei drei Takten des Soundcheck-Stückes kommt einer vonne Gastgeber-Rockerjungens anne Bühne, brüllt hoch „Eyyyyy, könnta am Anfang nich wat schnellers spielen, eyyyyy?“ Zurückgebrüllt. „Eyyyy, dat is Soundcheck, dat wird noch“ Maaaaaan, so was kann ich ja leiden wie Ohrenschmerzen, hab echt keinen Bock mehr und möchte dem Kerl vonne Bühne aus inne Fresse treten. Mit knapp drei Stunden Verspätung fangen wir dann doch schon an, beschissener Sound, fast keine Monitore, beleuchtet von zwei eilig aufgehängten Funzeln, weil für Licht war ja nicht genug Saft da. Es holpert und stolpert, die Warterei macht rostig, zum Ende hin wird’s gut, es bewegen sich sogar einige – zumindest die, die noch stehen können. Wir lassen die langsamen Dinger vonner Setlist raus, zwei Stunden ohne Pause Dampf und hören um 0:30 Uhr auf – nachdem beim vorletzten Stück noch eben die komplette rechte Seite ohne Strom da steht. Harper und ich teilen uns das Mikro, Leadgitarre brauchen wir ja nicht, egal ... Irgendwas an meinem Amp ist auch über die Wupper gegangen, ich weiss nur nicht mehr was, find ich nachher noch bei der Probe raus ...

Der Strip wurde inzwischen ersatzlos gestrichen, owbwohl wahrscheinlich nur deshalb noch ein paar zähe Jungs auf dem Gelände sind. Schnell werden Pokale überreicht, dazwischen wir am abbauen, die nächste Band will ja auch noch. Zack Zack rauf auffe Bühne, Heavy Metal, das ist bestimmt was für die Kerls. Sound genauso Scheiße, vor der Bühne stehen nur noch wir, um die Jungs irgendwie zu unterstützen, obwohl ich eigentlich nur noch nach Hause will. AC/DC, Metallica, .... Zuschauerreaktion: NULL, die Bierbuden sind interessanter. Nach drei Stücken fällt dann das Licht komplett aus. Die Jungs spielen tapfer im Stockdunkeln weiter. Ich spring ins Auto, fahr vor die Bühne, mache Licht und Warnblinker an. Wir entdecken, dass wir durch Arschwackeln vor den Scheinwerfern lustige Lichteffekte zaubern können und ziehen noch die Folien aus der toten Lichtanlage und halten die vor die ollen Berlingo-Lampen – sehr stimmig das ganze. Inzwischen stehen gar keine Nasen mehr vor der Bühne, die Band müht sich und spielt ins Nichts. Nach ner Weile meldet sich die PA-Leute „Sorry, wir sind nur bis eins gebucht, ist schon lange rum, wir müssen gezz abbauen. Abbruch des Gigs, hin und her Gelaber, dann doch noch zwei Stücke, dann das endgültige Aus – die armen Kerle. Alle sind gepisst, Abbau, Einpacken, Odyssee auf der Suche nach ner Tanke, endlich am Proberaum, ausladen, um 5:30 Uhr zu Hause, die Vögel zwitschern, soll ich noch eben Brötchen holen? Ich fall ins Bett .... Feierabend.

Rock ´n Roll
Steffen




verfasste Antworten:



Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.