Re: (Meinung) Mythen und Märchen - die Serienstreuung


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Beitrag von JerryCan vom April 12. 2005 um 09:36:30:

Als Antwort zu: Re: (Meinung) Mythen und Märchen - die Serienstreuung geschrieben von Waufel am April 09. 2005 um 12:02:41:

: Moin Matthias,
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: zumindest in der maschinellen Großproduktion kann, mMn, der Unterschied nicht so groß sein, zumindest nicht hörbar.
: Ein Tausendstel mm mehr oder weniger Lack, ein paar anders verlaufende Maserungen u.ä. können keine großen Auswirkungen haben. Wohl aber könnte ich mir vorstellen, dass bei unterschiedlichen Lackqualitäten (seidenmatt, hochglanz oder gar kein Lack) das gleiche Modell anders klingt.
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: In der maschinellen Großproduktion wird mittlerweile fast alles den Computern überlassen.
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: Was aber bei einem Vergleich nicht zu vergessen ist, bist Du selber. Denn Dein Hörempfinden ändert sich während des Spiels, Deine Finger werden geschmeidiger etc..
: Ich denke daurch ergeben sich diese subjektiven Unterschiede.
:

Dass heute alles von Computer-gesteuerten Maschinen erledigt wird, heißt noch lange nicht, dass auch alles klappt. Bis vor einigen Jahren zumindest wurden bei Coca Cola noch jeden Tag jede Menge (volle) Getränkedosen und -flaschen auf den Müll geworfen, weil die hochpräzisen Maschinen den Schriftzug schief draufgeklatscht hatten.
Und die hatten es mit totem Material zu tun (Blech oder Glas). Holz hingegen ist ein reines Naturprodukt. Keine zwei Stücke Holz, die man in die Hand nimmt sind absolut gleich. Und unter Einfluss von Temperaturwechseln und/oder Feuchtigkeit verändert sich auch gut abgelagertes Holz noch.

Ob man die Unterschiede an fertigen Gitarren im Laden hören kann, weiß ich auch nicht. Aber man kann durchaus davon ausgehen, dass bei einem vernünftigen Gitarrenhersteller nicht alle Gitarren, die die Produktion verlassen auch im Laden landen. Vorher gibt es bei jeder industriellen Fertigung noch eine Endkontrolle. Das ist bei Gitarren nicht anders als bei Autos - so etwas Besonderes sind Gitarren nun auch wieder nicht. Letztlich entscheidet die Endkontrolle, was ausgeliefert wird. Die hat ihre Richtlinien, wie genau sie denn hingucken soll. Und wenn ein Hersteller 'mal nicht genug Gewinn macht, müssen halt mehr Gitarren verkauft werden. Einer der ersten Schritte in so einem Fall ist dann immer, dass die Endkontrolle nicht so genau hingucken soll. Gerade Gibson und Fender hatten in den 70-ern sehr unter diesem Effekt zu leiden, als sie von irgendwelchen Investment-Gesellschaften kontrolliert wurden und nicht von eigentlichen Gitarrenbauern.
Eine der oben erwähnten Richtlinien für die Endkontrolle könnte z.B. sein: "Wenn nur die Einstellung der Gitarre nicht richtig stimmt, dann geht sie trotzdem durch." Die Einstellung wird somit auf den Händler verschoben und der Hersteller spart Geld, da das Einstellen einer Gitarre ja für jedes Exemplar manuell (und damit teuer) gemacht werden müsste.

: Etwas anders ist es aber mit Sicherheit bei Klampfen aus kleinen Produktionen, handmade.
:
Das ist durchaus richtig. Denn bei Kleinhersteller erfolgt bereits bei der Auswahl des verwendeten Holzes eine strengere Auswahl. Und beim Zusammenbau kann ein Gitarrenbauer sozusagen die individuelle Beschaffenheit der Komponenten berücksichtigen, was eine Maschine nicht kann. Was aber nicht automatisch heißt, dass alle Gitarrenbauer gleich gut und in jedem Falle besser als jede Maschine sind.
Es gibt in jedem Handwerk Könner und Stümper. Das ist überall so.
Und letztlich muss auch ein Gitarrenbauer von seiner Arbeit leben. - Keiner kann es sich leisten, zwei Jahre lang ausschließlich an einer Klampfe herumzuschnitzen und diese dann für 5000 € zu verkaufen.

: Gruß Waufel

Dito JerryCan


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