(Konzertreview) SCOTT HENDERSON BLUES BAND im Jazz Club Minden


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Beitrag von ferdi vom März 13. 2005 um 16:33:54:

Aloha.

Ich gehöre ja weiß Gott nicht zu denen, die viel Fusion hören und demnach auch nicht zu denen, bei denen sich Tribal Tech-Scheiben im Regal finden.

Aber eine zunehmende Schar von Weltklasse-Gitarristen wird sich bewusst, was *wirklich gute* Musik ist und besinnt sich auch bluesige Strukturen und Stimmungen. Scott henderson ist einer davon, seine letzten drei Scheiben haben mir alle recht gut gefallen.

Was gab es also gestern?

Zunächst einen leicht vergrippten Scott Henderson, der seine Suhr-mapleneck-Strat (mit verblüffend fettem Sreg-Pickupsound) über ein Bradshaw-Custom-Audio-Setup spielte. Trampelkisten (allem voran ein RC-Driver, Vibe, Eier-Chorus, TS-9) im Rack, Custom Audio-Topteil, Celestion-bestückte Marshall 4x12. Besonderheit: per Fuß gedrehte Potis für Boost und Delay, er bediente sie so oft, dass ich Miniskus-Schäden für unausweichlich halte. Von einigen sehr abgedrehten Effektsounds abgesehen maximal satt angezerrter Sound (Motto: Volume statt Gain). Mit weniger Hall und vor allem Delay hätte mir das noch besser gefallen - so rein persönlich. Scott Henderson spielt seine Soli *sehr* jazzig, teils irrsinnig schnell und immer flüssig, sehr abgedrehte Skalen, oft verblüffend wenig nachvollziehbar. Gefällt mir nicht so. Ich mag ja eher die Pentaonik-Schule. Aber: seine Akkord-Arbeit ist unglaublich! WIRKLICH UNGLAUBLICH! Nummern mir 36 verschiedenen Voicings, davon 35 mir *völlig* unbekannte. Wahnsinn. Total begeisternd. Irre. Mann war das geil. Dazu diese Hillbilly-Läufe mit 150 Oktan - ein anderes Universum. Leider war der Andrang nach dem Konzert ("Can you sign this disc for me please?") zu groß, um dem Geheimnis des fußgesteuerten Boosters im Gespräch unter Gitarristen *hüstel* auf die Schliche zu kommen.

John Humphrey am Bass hielt sich ziemlich zurück, Martin meinte, er verkaufe sich unter Wert. In ein, zwei Nummern hat er so richtig die Sau aus dem Stall gelassen (hatte er bei den schnellen Wechselschlag-Läufen wirklich kein Plektrum in der Hand? Unglaublich, er hatte keins, wie war das möglich!), ansonsten konzentrierte er sich auf's begleiten und groovte wie Sau, was bei einem Drummer wie

Kirk Convington (auch Gesang!) auch fast unvermeidlich war. Ich habe vor Jahren Dennis Chambers gesehen und dachte damals, dass das unüberbietbar geweseb sei. Nun, Kirk Convington konnte noch was draufsetzen. Mit den technischen Virtuositäten brauchen wir uns hier nicht aufzuhalten (ein TOTALES TIER am Schlagzeug und echt guter Sänger, dazu noch beides gleichzeitg), vielmehr finde ich die unbändige Spielfreude erwähnenswert. Die groove- und tempoorientierte, oft an Rainer Maria Profitlich erinnernde Gesichtsakrobatik allein war es schon wert, dafür zu kommen, kein Witz.

Die Scott Henderson Blues Band spielt mW noch einige Termine in Süddeutschland. Wer kann, sollte hin.

Ciao - ferdi


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