Re: (Gitarre) Jazz-Einstieg?


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Beitrag von Kurt vom Mai 14. 2003 um 16:50:55:

Als Antwort zu: (Gitarre) Jazz-Einstieg? geschrieben von Basti am Mai 02. 2003 um 22:58:11:

Hallo Basti,

wie einer meiner Vorredner empfehle ich Dir in jedem Fall die Platte "Kind of Blue" (Bei 2001, ca. 7 Euro) von Miles Davis. Da sind auch ein paar Standards drauf, die relativ leicht zum Einsteigen sind:
Freddie Freeloader
All Blues
So What

Ferner möchte ich Dir ein paar Stücke empfehlen, die als Einstieg auch relativ gut geeignet sind:
Autumn Leaves (auch hiervon gibts eine schöne Aufnahme von Miles mit Cannonball Adderley)
Equinox
Blue Monk (von Thelonious Monk)
Blue Bossa (CD: "Page One" von Joe Henderson, bei 2001)
Cantaloup Island (von H. Hancock, bekannter ist die gesamplete Version "Cantaloop" auf der US3-CD "Hand on the torch")
Tenor Madness (von Sunny Rollins)
Footprints (CD: "Miles smiles" von Miles Davis)
Girl from Ipanema (von A.C. Jobim, Einspielung mit Joao+Astrud Gilberto, Stan Getz)

Noten zu all diesen Stücken (außer Cantaloup Island und Tenor Madness) gibt's im "Real Book", d.h. im illegalen. Viele davon sind sicher auch in den ersten der drei Bände des legalen "New Real Book" enthalten. Die anderen beiden Stücke sind in entsprechenden Abersold-Ausgaben zu finden, aber jeder halbwegs ausgestattete Jazzer kann Dich mit Noten versorgen.

Es ist relativ leicht und sollte in endlicher Zeit gelingen, ein halbwegs wohlklingendes Solo über o.a. Stücke hinzukriegen, ausgenommen vielleicht über "Girl from Ipanema", das ist schwerer.

Theoriebücher: Frank Haunschild I ist sicher eine gute Wahl (obwohl ich es nicht kenne!). Michael Sagmeister geht erstmal stark skalenlastig ran und setzt damit einen nur einseitigen (wenn auch sehr wichtigen!) Schwerpunkt.


Jazz ist aber nicht nur Theorie, sondern in erster Linie praktische Musik mit viel Kommunikation (zwischen den Musikern) und einem speziellen "Groove", nämlich dem "Swing-Feeling" mit den triolisch phasierten Achtelnoten (je nach Ära und Geschmack ist die Phasierung stark triolisch oder irgendwo zwischen geraden und triolisch phrasierten Achteln). Daher: learning by doing, sprich: Stücke zum Einstieg, und viel Jazz hören! Dabei aber nicht nur die moderne, schwere weil abgefahrene Kost (Abercrombie) sondern die alten Meister, als da auf Jazzgitarre sind: Herb Ellis, Kenny Burrell, Barney Kessel, Joe Pass und,
ganz wichtig: Wes Montgomery. Dann erst an den moderneren Brüdern (John McLoughlin, John Scofield, Mike Stern, Pat Metheny, Abercrombie oder gar Scott Henderson) orientieren.

Wichtig ist zum Einstieg aber vor allem, die für den Jazz typischen Akkorde auf der Gitarre parat zu haben. Dabei gelten folgende Faustregeln:
- Vierklang statt Dreiklang (per maj7 oder 7, das ist auch die erste Grundregel der Jazzharmonie: Vierklänge spielen!)
- keinen Ton im Akkord doppeln (per Oktavierung), - mit passenden Erweiterungstönen (6 statt 7, 9, b9, #9, 11, #11, 13, b13) ergänzen - wenn man weiß, mit welchen ... :-)
- eher sparsame voicings spielen. Die "unwichtigen", d.h. für den Charakter des Akkords unwichtigen Töne am ehesten weglassen: Quinte, Grundton (den spielt eh' der Bassist). Die wichtigen Töne spielen: Terz, Septime (falls vorhanden), Erweiterungstöne. Also keine Powerchords!

VOn Anfang an nicht alleine spielen, sondern mit "Band", also mit Band-in-A-Box und/oder Abersold-Playalong-CDs. Letztere sind aber im Tempo nicht veränderbar und oft auf unverschämt hohem/schnellem Niveau. Also: Abersold-Bände nach Themen/Stücken auswählen und erst hören, dann kaufen!

Und: laß Dich nicht frustrieren!

Keep, oder soll ich sagen: start swinging!
Kurt




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