Re: (Sonstiges) Wes Montgomery - eine der besten Jazz-Scheiben für nen 5er


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Beitrag von Michael (Jacuzzi) vom Juni 12. 2008 um 13:45:41:

Als Antwort zu: Re: (Sonstiges) Wes Montgomery - eine der besten Jazz-Scheiben für nen 5er geschrieben von jonas am Juni 11. 2008 um 19:05:20:




Morgen, Jonas,


: Im übrigen ist Jazz für mich ja fast ein Schimpfwort, eben deswegen, weil ich im Zusammenhang mit Jazz immer nur kopferte Gespräche und Berichte verbinde, und nicht ein einziges Mal einen Satz wie "das war einfach nur geil" oder Ähnliches. Das rekrutiert sich hauptsächlich aus meinen Erfahrungen mit Kunden im Laden, da trifft das Klischee Jazz = verkopft zu über 90% eben zu.



Jetzt muss ich doch noch schnell die Geschichte erzählen:

Also, ich war vor kurzer Zeit auf einen Jazz-Workshop. Als Schüler, drei Tage lang. Da saßen wir in so einer kleinen Gitarrengruppe zusammen und haben die Blues-Tonleiter gelernt. Einer von uns hatte echte Schwierigkeiten - nicht weil er nicht konnte, sondern aus einem anderen Grund: "In der Gitarrenstunde darf ich das nie spielen. Mein Gitarrenlehrer sagt immer: Keine Pentatonik, keine Bluestonleiter." Und diesem armen Jungen merktest du an, wie er bei allem, was Blues oder Pentatonik war, immer so ein Gefühl hatte, als würde er gerade was total Unanständiges oder Verbotenes tun, so ähnlich wie im Nonnenkloster durchs Schlüsselloch schauen.

Dann kam das Abschlusskonzert: Alle Schülerlein, mich eingeschlossen, haben in vorher zuasammengestellten Combos was zum Besten gegeben: Jazz natürlich. Ich habe schon ein bisschen geschwitzt, weil ich von den Stücken wenig Ahnung hatte und versucht habe, mich durch die Changes durchzupfriemeln, aber es ist am Ende ganz gut gegangen. Ein Solo habe ich, wie jeder Schüler, auch spielen dürfen.

Jetzt kommt die Geschichte: Ich steh nach dem Workshop mit einem Bier und einer Zigarette unten vor der Tür, und wer kommt auf mich zu? Genau: Der Gitarrenlehrer von dem Typen, der keine Pentatonik und keinen Blues spielen darf. Der Gitarrenlehrer trinkt und raucht genau wie ich, und so kommen wir ins Gespräch. Er ist wirklich ein netter Typ, aber ich musste ihn natürlich immer ein bisschen von der Seite anschauen (irgendwie habe ich mir vorgestellt, er hätte ein Schild um den Hals, auf dem draufsteht: "Dont't pentatone me" oder so ähnlich.) Außerdem musste ich die ganze Zeit an seinen Schüler denken, der Pentatonik gespielt hat und dazu so geschaut hat wie dieser Typ in "A Fish called Wanda" mit den Pommes in der Nase, als die Goldfische aufgegessen werden.

Nach einiger Zeit sagt der Gitarrenlehrer zu mir: "Sag mal, bist du nicht der Gitarrist, der oben beim Abschlusskonzert gerade die ganze Zeit Pentatonik gespielt hat?"

Mir wäre fast das Bier aus der Hand gefallen. Ich hatte mir mit diesen blöden Tonleitern echt Mühe gegeben, und nun das. Außerdem hat er zwar ganz nett geschaut, aber ich wusste ja, dass es nicht nett gemeint war, denn ich hatte ja drei Tage lang seinen Schüler mit den Pommes in der Nase gesehen.

Dann kam eine relativ lange Geschichte über den schädlichen Einfluss von Blues-Tonleiter und Pentatonik. Ich habe noch ein Bier getrunken, noch ein paar Zigaretten geraucht, und irgendwann habe ich wohl nicht mehr so richtig zugehört. Zumindest war er plötzlich still, und ich hatte den Eindruck, ich müsste irgendetwas sagen, vielleicht hatte er mich etwas gefragt? Keine Ahnung. Und dann passierte es: Wie aus heiterem Himmel traf mich die Inspiration wie ein Blitzschlag, und ich sagte (fast ohne zu verstehen, was ich da sagte): "Der Weg in die Pentatonik hinein ist weniger steinig als derjenige aus ihr heraus."

Es war wirklich toll. Der Gitarrenlehrer fühlte sich verstanden und war, glaube ich, total begeistert von dem Spruch. Vielleicht verwendet er ihn jetzt in seinen Gitarrenstunden, und mein Mitschüler kriegt noch mehr Pommes in die Nase. Ich habe dann wieder nicht mehr so richtig zugehört, weil mich gleich der nächste Inspriations-Blitzschlag getroffen hat, nämlich die Idee, ein Unternehmen zu gründen, das Sprüche verkauft. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.


Viele Grüße,

Michael


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