Re: (Technik) Digitales Mischpult und Laptop -- Mix aus der Westentasche?


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Beitrag von Friedlieb vom Dezember 06. 2007 um 18:20:13:

Als Antwort zu: Re: (Technik) Digitales Mischpult und Laptop -- Mix aus der Westentasche? geschrieben von der onk am Dezember 05. 2007 um 12:39:10:

Hi Onk,

: Da der PC aber nur Steuerungsbefehle sendet, ist die Sache an sich recht unkritisch. Stürzt im schlimmsten Fall mal der Rechner ab, kann man halt bis zum Neustart das Pult nicht fernsteuern, letzteres läuft aber stabil weiter.

Hierzu ein Schwank aus meiner Jugend zum Thema "läuft stabil weiter":

Bei vielen Radiosendern kommt ja nicht nur die Musik von der Festplatte, sondern auch die eingespielten Wortbeiträge. Ein sehr verbreitetes System dafür war und ist das Gespann Cutmaster und Cutbase meines damaligen Arbeitgebers Creamware. Mit Cutmaster werden die Beiträge geschnitten. Eine Datenbank namens Cutbase verwaltet die dazugehörigen Informationen und man kann dort auch die geplante Abspiel-Uhrzeit der Beiträge eingeben. Der eigentliche Beitrag läuft dann auf Faderstart los. Sehr praktisch; der Chefredakteur legt die Abfolge der Beiträge fest und der Mensch am Pult zieht nur den Fader des Ausspielkanals hoch und schwupps läuft der richtige Beitrag los.

Also, 1998 a.D., ein müder Morgen: ein Kollege fragt plötzlich in die Runde "Hey, habt ihr eben die Nachrichten bei EinsLive gehört?" - "Nö." - "Ging ja auch nicht, denn die kamen gar nicht."

Wenige Minuten später kam dann der Anruf vom Sender - daß die Cutbase keine Daten mehr hat und auch keine Neueinträge zulässt - und wir sind mit drei Leuten los, den Fehler suchen.

Das System wieder arbeitsfähig zu bekommen, war unproblematisch: die Datenbank war kaputt und da das System automatisch regelmäßige Backups macht, brauchte nur das jüngste davon eingespielt zu werden und fertig.

Aber natürlich mussten wir die Ursache des Fehlers finden. Glücklicherweise trat der Fehler dann plötzlich nochmal auf und die Datenbank war wieder im Eimer. Wir haben recht lange danach gesucht (von morgens um 10 bis nachts um 3) und es schließlich gefunden: die Datei MSJET35.DLL (dürfte jeder Windows-User von euch in seinem System32-Verzeichnis haben) war die falsche, veraltete Version und machte bei einem Aufruf die Datenbank (die mit einer neueren Version erstellt war) kaputt.

Diese Datei stellt die Datenbank-Funktionen für die MS Jet Datenbank-Engine zur Verfügung, die von sehr vielen Programmen benutzt wird. Sie gehörte damals aber nicht zum Lieferumfang von Windows und musste demnach von den einzelnen Programmen jeweils instaliert werden. Eine entsprechende Versionsprüfung sollte sicherstellen, daß niemals eine aktuelle Version der DLL durch eine ältere Version überschrieben wurde. Diese Versionsprüfung funktionierte nicht.
(Das war übrigens der Tag, an dem es bei mir Klick machte und ich fortan ein Microsoft-Skeptiker war.)

Was war passiert? Im Regieraum stand für das Abmischen von kleineren Live-Auftritten ein 02R. Da an dem Abend noch Chumbawamba dort zu Gast waren und unplugged spielten, konnten wir das ganze System sehr gut bei der Arbeit beobachten. Und jetzt schlage ich den Bogen zu Deinem Posting, Onk. Auf einem der PCs im Regieraum war die damals aktuelle Version der Studiomanager-Software von Yamaha für den 02R installiert. Just von der Frühschicht installiert worden. Und diese Softwareinstallation hatte, dank der genialen Versionsprüfung von MS, die gute, neue, liebe, funktionsfähige Version der Datenbank-DLL durch eine schlechte, alte, böse, destruktive Version ersetzt.

Es gibt eine einfache Regel für alle PCs, auf denen eine missionskritische Anwendung läuft: diese Anwendung sei die einzige Anwendung, damit keine anderen Anwendungen ihr in die Quere kommen können.

Nun hatte in dem von mir erlebten Fall ja nicht die Yamaha-Software ein Problem, die lief ja weiter, das (von ihr letztlich verursachte) Problem hatten andere.
Dennoch führt das mich zu einer Überlegung in Sachen "per WLAN Remote mixen": der verwendete Notebook wird umso zuverlässiger einsetzbar sein, je weniger zusätzliche Programme darauf installiert sind. Insbesondere sollte man nach jeglicher Software-Installation und nach jedem Windows-Update penibel alle Funktionen der Remote-Software testen, ob wirklich noch alles funktioniert. Die Jet Engine ist traditionell pingelig in der Hinsicht.

Eigentlich muss man sogar sagen, wenn man wirklich sicher gehen will, sollte man einen separaten Notebook nur für diesen Zweck einplanen. Ein Risikomanagement-Berater würde das jedenfalls sagen. ;-)

Das alles betrifft natürlich nicht die Stabilität des Pults, sondern die des Notebooks. Aber es ist schon spannend, was alles schiefgehen kann.

Keep rockin'
Friedlieb



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