Re: (Sonstiges) Harmonielehre: Am7 / E7


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Beitrag von Michael (Jacuzzi) vom Juli 05. 2006 um 10:24:25:

Als Antwort zu: Re: (Sonstiges) Harmonielehre: Am7 / E7 geschrieben von Soundfreund am Juli 04. 2006 um 20:23:27:



Lieber Soundfreund,


: Trotzdem noch ein paar Fragen. :-)


Immer gerne, wobei man es natürlich auch ein ganz kleines bisschen übertreiben kann mit dem Theoretisieren, aber schaumermal:

: Wenn ich eine A-Harmonisch-Moll Tonleiter harmonisiere, erhalte ich folgende Akkorde: ... etc.

Also, die Harmonisierung dieser Tonleiter würde ich persönlich schon gar nicht betreiben, weil sie ja aus dem diatonischen System ausbricht. Die Herkunft von harm-moll liegt darin, dass man für die Dominante eine (dort) große Terz (hier g#) brauchte, die in der Tonika zur großen Sept wird. Das ist aber eine Art Notlösung, wie man übrigens bereits an der Tonika merkt, die bei dir rauskommt: Mollmaj7 ist zwar ein interessanter, aber nicht-diatonischer Akkord, der (von Ausnahmen abgesehen) nicht als Grundtonart taugt.

Was du mit deiner Durchharmonisierung machst, führt zwar irgendwie zu interessanten Akkorden, wird der Herkunft der Tonleiter harm-moll aber nicht gerecht. Ich würde also, und das beantwortet z.T. auch deine Frage von unten, über a-m eine normale diatonische Leiter spielen, und das harmonische g# dort einsetzen, wo es seinen Platz hat, im Zweifel also bei E7, und dort auch nur, wenn es absolut rein klingen soll. Das führt zwar zu einem Bruch bei der Verwendung von Leitern, wird gleichzeitig aber dem besonderen Charakter der harm-moll (und ihrer Geschichte) gerecht.


: Die Dominante E7 ist nun klar. Kann ich aber aus der Imaj7 einfach ein I7 machen? Ist das eine "allgemeingültige Regel"? :-)

Diese Frage ist eben eine Konsequenz deiner Durchharmonisierung und müsste eigentlich genau umgekehrt gestellt werden: Tonika bleibt, im diatonischen System gedacht, am7, und die maj7 ist der Fremdton. Wenn es eine allgemeingültige diatonische Regel gibt, dann diejenige, dass dort, wo kleine Terzen sind, auch kleine Septen hinkommen. (Sonst hätte man nämlich übermäßige Quinten in der Leiter, und die kommen im diatonischen System eben nicht vor).


: Über die V nun mit E - HM5 (=A-Harmonisch-Moll=phrygisch mit 3 statt b3) zu solieren klingt so leicht orientalisch. Habe ich da echt die richtige Skala erwischt? ;-)

Der orientalische Klang kommt weniger von der kleinen Terz als von der kleinen Sekunde. Darum kriegt man mit phrygisch und ggf. lokrisch immer so einen Asia-Effekt (ich habe früher ziemlich viel Chick Korea gehört, der macht das auf "Where Have I Seen You Before" ziemlich ausgiebig und geschmackvoll).

Und "die richtige Skala erwischt" klingt so ein bisschen danach, als hätte man mit einer Leiter schon so eine Art Richtigkeitsgarantie für das Spielen. Ganz abgesehen davon, dass die schulmäßig "richtige Skala" ohnehin a-harm-moll wäre, hilft das Auffinden einer "richtigen" Leiter zu nicht mehr als zum Vermeiden der härtesten Fehler. Ich halte es für wesentlich zielführender, nicht von Leitern, sondern von Tonfunktionen auszugehen. Das führt dann bspw. dazu, dass du dich bei g/g# gedanklich nicht zwischen zwei Tonleitern entscheidest, sondern dir nur die Frage beantwortest, ob du lieber mit großer oder kleiner Sept/Terz spielen willst. Damit kommt man m.E. viel weiter als mit dem Skalieren.


: PS: ich glaube, ich habe E7 zunächst für das tonale Zentrum gehalten, weil die Verbindung Am7-E7 einem Quartvorhalt ähnlich klingt, das wäre ja beim E auch der Ton A.... ?!

Das bestärkt mich in meiner Meinung zu den Tonfunktionen: Es ist wirklich hilfreich, nicht mit 7 Tönen, sondern mit einem Ton anzufangen: Das ist die Prim der Grundtonart, das tonale Zentrum. Aus ihr ergibt sich der zweite von allein, die Quint. Dann entscheidet man sich, ob man Dur oder Moll spielen will und klärt auf diese Weise die Terz. Aus dieser wiederum ergibt sich bei Moll zwingend die kleine Sept (siehe oben übermäßige Quint), bei Dur kann man noch mal entscheiden. Bleiben nur noch zwei Töne übrig, nämlich Sekund und Sext. Das sind für mich Farbtöne, d.h. die macht man nach Geschmack, wobei man bei kleiner Sekund wieder keine große Sext nehmen sollte, wiederum wg. des überm. Quintintervalls.

Gruß,

Michael


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