(D.I.Y.) Bünde abrichten


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Beitrag von Jochen vom Juni 06. 2006 um 15:10:34:

Tachchen,

vor einiger Zeit war Jürgen so nett und hat mir einen Satz Sattelfeilen und eine Feile zum Abrichten der Bünde geliehen. Diese Feile ist ein schwerer, ca. 20 cm langer Klotz und beim Onkel Rockinger sieht sowas so aus:



Eigentlich wollte ich an Pearly arbeiten, aber ich denke mittlerweile, daß Pearly wohl komplett neue Bünde braucht.

Jedenfalls hatte ich nun dieses Werkzeug zuhause und wollte damit nun auch mal was arbeiten. Die Sattelfeilen haben mir prima bei meiner Klassikgitarre geholfen und nun war also mal die Feile dran. :-)

Ich hatte ja auf der letzten Session mit Rolli Gitarren getauscht und die Orville hatte einen Bund, der ein bischen zu hoch war. Der vorletzte Bund war im Bereich der A- und der D-Saite ein kleines bischen zu hoch, eigentlich überhaupt kein Thema, denn mit meinen dicken Fingern bin ich da sowieso nie, aber es war sozusagen der Anlaß nun vielleicht doch mal die Feile zu schwingen. Außerdem gab es bei den Lagerfeuerakkorden auch schon ein paar kleine Dellen in den Bünden, noch nicht so tief, daß es unsauber klang oder sie das Spiel beeinträchtigen würden, aber ich hatte nun endlich meine Ausrede. :-)

Das Folgende ist bitte nicht als Anleitung zum Abrichten der Bünde zu verstehen, ich beschreibe nur, was ich getan habe und möchte ausschliessen, daß irgendwer, nachdem er vielleicht seine Bünde verhunzt hat ankommt und mir dafür die Schuld in die Schuhe schieben will. :-)
Ich bin übrigens auch sehr vorsichtig, sachte, sorgfältig und behutsam an die ganze Sache rangegangen.

Zuerst habe ich den Hals mit Hilfe des Stahlstabes möglichst gerade eingestellt. Nachdem ich die Saiten runter hatte bin ich mit der Abrichtfeile (so nenne ich die einfach mal) vorsichtig und fast ohne Druck in Längsrichtung (vom Korpus in Richtung Kopfplatte) über die Bünde gegangen und habe ständig nachgesehen, was sich dabei tut. Man sieht schon sehr schnell, daß die Feile nur an bestimmten Stellen Material wegnimmt und andere Stellen quasi ignoriert - so man denn möglichst gleichmäßig feilt und nicht zu viel Druck ausübt; die Länge der Feile (ca. 20 cm) hilft dabei natürlich noch, denn die anderen Bünde verhindern ja nun durch ihre eigene Höhe das "Runterfeilen" eines einzelnen Bundes.

An den Stellen, bei denen die Feile mehr Material abgetragen hatte wurden die Bünde natürlich auf der Oberseite flach. Das will später niemand und zum Glück ist in der Feile, die ich von Jürgen habe in der Längsseite so etwas wie eine Bundfeile (zum Verrunden der Bundstäbchen) eingelassen. Bei 3 Bunden konnte ich mir dadurch die Arbeit sehr erleichtern, indem ich damit die Bünde schonmal grob verrunden konnte und das nicht von Hand machen mußte. Hier müßte aber ganz eindeutig der Hinweis hin, daß man sich, so man seine Bünde abrichten möchte, unbedingt auch eine Bundfeile besorgen und am besten auch nach geeigneten Maßnahmen zum Schutz seines Griffbretts ergreifen sollte. Rockinger hat da z.B. so kleine Metallplättchen mit nem Schlitz für den Bund, damit sollte es schwerer fallen beim Bundfeilen (also in Bundrichtung) das Griffbrett zu beschädigen. das ist mir natürlich prompt an einer Stelle passiert, da habe ich mir einen Kratzer in eines der Inlays gezogen, das ergab dann etwas zusätzliche Polierarbeit, glücklicherweise lassen sich Zelluloidinlays aber gut polieren. :-)

Nachdem ich also die Bünde insgesamt nivelliert hatte, ging es an die eigentliche Arbeit, bei mir war das ausschließlich Handarbeit, sprich Muskeltraining. :-)

Zuerst habe ich das Griffbrett gesäubert, das ging sehr schnell, ich habe nämlich nicht viel Material abtragen müssen.

Dann griff ich zu Micro-Mesh (Schmirgelleinen) in folgenden Körnungen: 1500, 3600 und 6000.

Mit der 1500er Körnung habe ich die Bünde so lange bearbeitet, bis sämtliche Spuren der Feile (die schon ganz ordentliche Kratzer hinterläßt) beseitig waren. Danach waren die Bünde seidenmatt und hatten wieder eine schöne runde Oberfläche. Dieser Arbeitsschritt hat am längsten gedauert, ich denke, das war ne gute Stunde bis ich diesen Schritt abgeschlossen hatte. Dafür waren die Bünde nun aber sehr gleichmäßig und alle Feilspuren waren verschwunden und auch die "Lagerfeuer-Dellen" waren Geschichte.

Danach kam die 3600er Körnung dran und damit habe ich die Bünde poliert bis das Seidenmatte gänzlich verschwunden war, sprich: Hochglanz war angesagt.

Mit der 6000er Körnung habe ich dann schließlich die schon hochglänzende und spiegelglatte Oberfläche noch ein kleines bischen glatter gemacht, der Unterschied zur Vorstufe ist eher gering, macht sich aber sich im Endergebnis doch bezahlt.

Anschließend habe ich das letzte bischen Feinstaub mit einem leicht angefeuchtetem Schwamm entfernt und so das Griffbrett gründlich gereinigt, um es dann abschließend noch leicht einzuölen.

So sieht das Ergebnis aus:



Das Foto täuscht etwas, die Bünde sind wirklich spiegelglatt aber durch das Öl und den Blitz gibt es hier kleine Reflexionen.

Die Gitarre spielt sich nun wunderbar, es flutscht an allen Stellen, die Saitenlage könnte ich niedriger als vorher einstellen, es gibt nun auch an den Stellen, an die ich nicht drankomme ;-) keine Probleme mehr und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis; war zwar ne Menge Arbeit (insgesamt so ca. gute 3 Stunden) aber für mich hat es sich gelohnt, ich wollte es aber auch einfach mal probieren. :-)

Die Bünde sind nun natürlich ein bischen niedriger, das liegt nunmal in der Natur der Sache, aber sie sind noch hoch genug. An eine Neubundierung würde ich mich aber trotzdem noch nicht herantrauen.

Viele Grüße

Jochen


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