Finger Wech (come to the land of rain instead!)


[ verfasste Antworten ] [ Aussensaiter-Forum ]

Beitrag von ullli vom November 09. 2000 um 17:55:20:

Als Antwort zu: (Sonstiges) SAE - Ausbildung -- Sinn oder Unsinn ? geschrieben von Andy am November 09. 2000 um 17:05:05:

Moin!

Ich gebe frank und frei zu, dass ich ein wenig un-neutral bin, aber ist ja vielleicht trotzdem interessant:

Vorweg erwaehnt, ich habe mich als Teekocher durchgeknabbert bis zum Ton-Assi und Mastering-Ingenieur in einem gar nicht mal soo schlechten Studio, und studiere nach der Zwangsschliessung unseres Studios durch Pfaendung in England Elektronik mit Musik- & Medientechnik.

Erstens: das mit der Tontechnik soll er sich noch mal gut ueberlegen! Nach eigener Erfahrung, nach allem, was ich von Kollegen kenne, nach Aussage meines Lehrers Steve Parker (hat ein paar Rolling Stones Aufnahmen gemacht, unter anderem) ist der Job des Tonkutschers einer der beschissensten im ganzen Gewerbe...
Ich habe auch Jahre gebraucht, um das zu erkennen, und aus romantischen Gruenden, und weil es so tolle TonIngs gibt, mit denen man gerne zusammengehoeren moechte, zaehle ich mich immer noch dazu - aber als Pult-Affe werde ich glaube ich nicht wieder arbeiten wollen...
Aber wer nicht die Kohle hat, oder das Glueck, gleich in einer der ersten Liga angehoerenden Plaetze am Tag der grossen TonIng-Grippe anwesend zu sein, oder auf eigene Rechnung das zu produzieren, was er wirklich mag, schlaegt sich jahrelang mit Idioten rum, wird nie anstaendig bezahlt (glaube bitte auch nicht den Traeumen von Amerika...) und hat am Ende keinen Spass mehr (daher ist Mr. Parker jetzt Chef-Techniker und Learning-Officer (also nicht mal Lecturer) an so einem mitelmaessigen Institut wie meinem - das ist dann naemlich, sagt er, eine erfuellende, geile Arbeit mit tollen Menschen...

Es gibt ja nun noch eine breitere Anwendung fuer Tonis, nicht nur den Kutscher im Studio...

Aber fuer keinen dieser Bereiche macht SAE die Leute fit, behaupte ich. SAE ist in eine Marktluecke gestossen, in Laendern, in denen
a) die Verantwortlichen nie begriffen haben, dass Tontechnik ein noetiger, wachsender und lehrbarer Beruf war (ist, m.E.), und man ihn deswegen nie studieren konnte und
b) die Firmen, die trotzdem TonIs brauchen, sich die selber herangezogen haben, und zwar mit absoluter Praezision und Brillianz!

Deutschland also, z,.B.

Diese Plaetze sind allerdings sehr begehrt (die Rundfunkschule in Nuernberg nimmt, glaube ich, nur noch vier Schueler pro jahr...).

Dann gibt es da noch das Musiktstudium mit Tonmeisterausbildung. Vergiss alles, was ich oben tippte, wenn dein Freund die Aufnahmepruefung dafuer schaft, dann das ist so ziemlich das geilste, was man tun kann, man hat immer einen fett bezahlten Job, meistens absolut faszinierende Arbeit, und ist ein Held - allerdings muss das Studium derart hart sein, dass nur wenige es als "gute Zeit" bezeichnen...

Ich wollte selber mal zur SAE, es gab ja eben sonst nix anderes... Ich habe es gelassen, nachdem ich mal ein paar Tage geschnuppert habe - das ist wirklich ein merkwuerdiger Verein. Ich beneide jeden SAE-Studenten um die Bedingungen, die Raeume und Technik, die die zur Verfuegung haben, ist phaenomenal. Die Lehrer die ich kennengelernt habe... geht so. Und die Studenten? Reiche Schnoesel oder Leute, die sich mit Taxifahren Tag und Nacht ruinieren, um so ein Zertifikat zu kriegen. Ich hatte unter anderem den Job in einer Plattenfirma, die Demos durchzuhoeren, und ueberall, wo SAE draufstand, war es ein Graus mit der Tontechnik. In dem Studio, wo ich gejobbt habe, galt die Devise fuer Praktikumsbewerber "keine SAEler", und die Jungs, die ich kenne, die auf der SAE waren, und mit denen ich befreundet bin, oder Respekt vor Ihrer Arbeit habe, die haben es alle vorher oder nachher auf dem alten harten Weg gelernt.

Was noch wichtiger ist, IMHO, dass man bei der SAE nichts ueber den Umgang mit Kunden lernt, und der ist mindestens fuenfzig Prozent vom Business. Gut mit der Technik umzugehen und ein bisschen was gutes zusammenmischen, dass kann fast jeder lernen, auch ohne grosses Equipment - aber das ganze erfolgreich anwenden, und verkaufen, das muss man auch lernen, wenn man davon leben will!

Also...

sag ihm, er soll nach England kommen! Hier kann man namelich TonTechnik in vielen Varianten (von schwer bis leicht, von komplex bis zielgerichtet) mit vielen Nebenfaechern kombiniert studieren, und deswegen hat SAE hier auch nie Fuss gefasst... (Wenn man sich nicht zu doof anstellt, kostet das Studium gar nix, okay, das Leben ist hier teurer als in D., aber anstelle von 700.- pro Monat immer noch billig ¦¬] )

Ausserdem gibt es aehnliche Studiengaenge, die ihm vielleicht mehr spass machen, oder zukunftssicherer scheinen, und last not least kann man sich hier, wenn man es gut anstellt, eben doch billig besaufen :0)

Er mag mich gerne mal anmailen oder anrufen (was allerdings teuer wird, 01024 ist da glaube ich das beste) ich mache dann weiter Werbung...

Aber SAE, das soll er, meiner Meinung anch, lieber sein lassen!

gut Ton!
ullli





verfasste Antworten:



Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.