(Philosophie) Wann ist man einer schlechter Musiker?


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Beitrag von Benjamin S. vom Oktober 25. 1999 um 10:16:15:

Hallo Leute!

Wann ist man ein schlechter Musiker? Eigentlich soll diese Frage ja eher rhetorisch gemeint sein, denn grundsätzlich will niemand schlecht sein. Aber spätestens auf der Session ist mir wieder mal etwas klar geworden. Die Frage "Wann bin ich ein guter Musiker?".

Nahezu jeder Mensch mit einer normalen Psyche ordnet sich beim Musik spielen/machen als schlecht oder mittelmäßig ein. Warum? Wenn jemand versucht sich selbst zu bewerten, muß er zwangsläufig irgendwelche Maßstäbe ansetzen, die als guter bzw. schlechter Musiker gelten. Nur manchmal, glaube ich, haben wir ein verzerrtes Bild von der Realität. Ich selber habe immer das Gefühl nur von genialen Musikern umzingelt zu sein, weil ich lauter CDs von entweder spieltechnisch hoher Qualität oder von Musikern die vom Feeling her alles in Grund und Boden spielen. Aber was heißt das? Diese CDs sind im Endeffekt ja eine Art Referenz, denn stellenweise sind das ja wirklich die besten Musiker (Wenn in diesem Bereich überhaupt sowas wie der/die/das 'Beste' gibt) unserer Kultur.

Doch als Wohnzimmermusiker kommt man in der Regel selten raus, um mit mehreren Artgenossen zu spielen. Folglich fühlt man sich schlechter als seine ganzen 'Helden', weil die so gut spielen können, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gleich danach kommt der Punkt, bei dem man sich als 'schlechter Musiker' bezeichnet, weil alle anderen (auf ihren CDs...) viel besser drauf sind.

Andererseit kenne ich auch den Typus, der in der Großstadt wohnt, viele Projekte und Bands kennt und auch selber hat, und sich nicht mal ansatzweise mit den Musikern seiner CDs befasst. "Die sind eben eine andere Kategorie" höre ich dann immer. Allerdings sieht er die ganzen anderen Musiker seiner Umgebung, die er (seiner Meinung nach) immer in Grund und Boden spielt, weil er bessere Songs schreibt und mehr Technikspiel beherrscht. Folglich fühlt er sich wie ein guter Musiker.

Das Endergebnis: Wir beide spielen technisch auf einem ähnlichen Level. Keiner ist direkt besser oder schlechter als der andere. Trotzdem denke ich, daß ich ein schlechter Musiker bin, und er glaubt, daß er ein guter Musiker ist.

Was kann man daraus lernen? Als einfacher Bandmusiker oder Wohnzimmermusikant dürfen wir nicht anfangen uns mit Profimusikern und unseren Helden auf CD zu vergleichen. In den meisten Fällen rauben einem solche unnützen Vergleiche eine Menge Motivation. Wir sollten immer mal versuchen auch mit 'normalmenschlichen Musikern' zusammen zu spielen, um diese Perpektive ins rechte Licht zu rücken.

Ähnlich ging es mir auf der Session. Meine Motivation war schon nahe dem Nullpunkt und ich hatte keine rechte Lust da überhaupt meine Gitarre mitzubringen, damit keiner merkt wie schlecht ich bin. Aber spätestens dort habe ich bemerkt, daß ich gar nicht mal so schlecht bin, wie ich immer denke. Die durchschnittlichen Musiker bestehen eben nicht aus Ausnahmemusikern wie Joe Satriani, Steve Vai, John Petrucci und Paul Gilbert (um mal alle wichtigen Ibanez-Endorser zu nennen :-)), sondern aus ganz einfachen Menschen, die auch Montagmorgens wieder zur Arbeit müssen (oder in den Chat..).

Ergo: Ohren steif halten, nicht mit den Profis anlegen, es sei denn, man ist selber einer!
Und: Öfters mal mit normalen Menschen zusammenspielen, um keine verzerrte Perspektive der Musikerwelt entstehen zu lassen.

Das mußte mal gesagt werden! :-)

Benjamin


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